Mama (Filmkritik)

Nach fünf Jahren werden die beiden Kinder Victoria und Lily in einer Waldhütte gefunden. Dort gelandet sind sie, weil ihr amoklaufender Vater sie entführt hat und dann … verschwunden ist. Dass die Kinder überleben konnten gleicht einem Wunder. Dass die Kinder verwildert sind, überrascht dagegen wohl niemanden.

Lucas und Annabell – Onkel und (mehr oder weniger) Tante der beiden Mädchen, nehmen sie bei sich auf – allerdings unter diversen Auflagen von Dr. Dreyfus, dem speziell Victoria auffällt, da diese das Sprechen zum Glück nicht verlernt hat und immer wieder von „Mama“ spricht. Eine Beschützerin, welche die beiden Kinder all die Jahre am Leben gehalten hat, aber wohl nur imaginär ist … oder ist Victoria gar eine multiple Persönlichkeit?

Mama

Ja, der Guillermo del Toro (Hellboy, Hellboy 2 – The Golden Army, Pans Labyrinth, Pacific Rim, uvm) kann es auch wenn er „nur“ Produzent ist. So hat er – bei meiner Blogkollegin wohl nicht – bei „The Orphanage“ einen klassischen Geisterhaus-Thriller produziert, der einen „etwas“ anderen Twist hatte und bei „Mama“ geht es in die gleiche Richtung – nur das es dieses Mal kein Haus ist, das besessen ist, sondern eine klare, solide Geistergeschichte.

Hinter dem Projekt steht Andrés Muschietti, der 2008 einen Kurzfilm produziert hat, auf dem der Spielfilm „Mama“ beruht. In beiden Fällen hat auch hat auch Barbara Muschietti beim Drehbuch mitgewirkt. Vor der Kamera sehen wird Jessica Chastain („Zero Dark Thirty“, „The Help“, und andere) als Annabel, die eigentlich eine Punkrockerin in einer Band ist und zugunsten ihres Liebsten Lucas (Nikolaj Coster-Waldau (Jamie Lannister aus „Game Of Thrones“) die Musik aufgibt, um sich um die beiden Kinder zu kümmern, die sie eigentlich nie wollte. Beide machen ihre Sache sehr gut, vor allem Chastain hätte ich nicht wiedererkannt, wenn auch Nikolaj klar weniger Screentime bekommt, dazu aber später mehr.

Wirklich herausragend sind die Kinder – Megan Charpentier (Resident Evil: Retribution) spielt Victoria absolut überzeugend und man kann in ihrem Gesicht absolut ablesen, was sich in ihrem Inneren abspielt. Gleiches gilt für Isabelle Nélisse, welche die jüngere der beiden Schwestern verkörpert und die immer jemanden braucht, der sie beschützt. Sie ist ebenfalls super besetzt.

Die Stärken des Films sind also klar der Cast, der absolut überzeugend wirkt – kleine Gesten wie ein wütendes Hinboxen auf die ältere Schwester, weil die jüngere Schwester sich sonst nicht zu helfen weiß; eine zärtliche Annäherung zwischen einer Erwachsenen und einer Tochter, die zuvor emotionale eine Fremde war und ähnliches. Der Übergang von einer Ich-tue-das-für-meinen-Freund-Betreuerin hin zu einer fürsorglichen und ehrlich besorgten Mutter. Wunderbar – großes Lob an alle bis jetzt erwähnten. Bis auf Nikolaj Coster-Waldau. Aber nicht, weil er schlecht spielt, sondern weil er einfach absolut nichts zu tun hat, denn der Film erzählt im Grund die Geschichte einer Annäherung zwischen einem Kind und einer Wider-Willen-Mutterfigur, da haben Männer nichts verloren.

Und damit sind wir bei den (klar vorhandenen) Schwächen des Films angelangt. Dreht sich anfangs noch eine lange Zeit alles darum, wie Lucas die Mädchen finden will, so wird er vom Drehbuch relativ rasch an den Rand gedrängt und nur noch als „Auslöser“ für Situationen missbraucht. Aussagen wie „The kids are the most important thing in my life“ zu seiner Freundin zu sagen, die sich ohnhin schon vernachlässigt und ausgenutzt vorkommt, weil sie auf die Kinder aufpassen muss und der Mann im Krankenhaus liegt, ist ja nicht gerade die beste Methode um Verständnis zu erzeugen. Warum also den Kerl lange als „Hauptcharakter“ aufbauen, wenn er letzten Endes eh verschenkt wird. Auch beim Finale hat er nichts zu tun, warum auch? Es geht ja nicht um ihn.

Die Figur der „Mama“ – solange sie nur ein Schatten ist, ein Flüstern, eine leise Ahnung, das Gespenst im Kleiderschrank – so lange ist „Mama“ eine Bedrohung. Etwas Unheimliches, etwas Unfassbares, dass jederzeit zuschlagen kann – es aber nicht tut. Sobald der „Geist“ das erste Mal wirklich auftaucht ist die Spannung dahin, denn das CGI ist dermaßen schlecht genutzt, dass unweigerlich ein breites Grinsen im Gesicht auftaucht und jedwede andere Emotion wie weggeblasen ist. Schade – da hätte ich mir – gerade von einem von del Toro produzierten Streifen doch mehr erwartet. Die Idee, dass „Mama“ ja eigentlich nicht böse ist, sondern die Kinder beschützen will, finde ich auch super – muss allerdings anmerken, dass dann das Ende an sich so keinen Sinn mehr hat. Denn – warum, zum Kuckuck, macht sie die fünf Jahre nichts, die sie die Kinder für sich allein hat? Warum erst jetzt? Weil es laut Drehbuch ein Finale geben muss? Oder was jetzt? Erneut: Schade.

Und dann noch das Ende an sich … puh. Ich verstehe die Intention dahinter, keine Frage, aber die Art und Weise, wie dieses zustande kommt, bzw. zelebriert wird – das tut schon ein bisschen weh. Anstatt ein emotionaler Höhepunkt zu sein fühlt es sich an wie ein Schuss ins Knie. Schade. Wirklich schade. Zumal gerade die Annäherung zwischen Victoria und Annabel sehr schön gezeichnet ist und die „Abnabelung“ von Victoria und „Mama“ in kleinen Schritten vorangeht. Mir stellt sich die Frage, ob nicht ein Drama, dass sich genau um diese Thematik (Annäherung einer Frau, die keine Mutter sein will, an ein Kind, dass sie auch nicht haben will) dreht besser gewesen wäre als der – ohnehin schon x Mal bemühte – Versuch einen Geist einzubauen, der ein schlimmes Geheimnis (Hallo Irrenanstalt) hütet. Hätte es für mich nicht gebraucht und nimmt dem Film viel an Kraft.

„Mama“ bekommt von mir 6 von 10, wohl behüteten und leicht auf eine neue Mutter eifersüchtig zu machende, Punkte.

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