The Babadook (Filmkritik)

Amilia (Essie Davis) ist eine alleinerziehende Mutter. Ihr Sohn Samuel (Noah Wiseman) ist seit dem Tod ihres Mannes schwer verhaltensauffällig. Er glaubt daran, dass es Monster gibt und er seine Mutter vor ihnen beschützen muss. Die gute Frau ist am Ende ihrer Kräfte. Schichtdienste im Altersheim, regelmäßige Besuche in der Schule, weil Samuel wieder eine Waffe (zur Verteidigung gegen die Monster) mitgebracht hat – ständig braucht der junge Mann Aufmerksamkeit. Es fällt Amilia offensichtlich immer schwerer mit ihrem Leben, ihrem Alltag, und vor allem ihrem Sohn, klarzukommen.

Als Samuel dann noch mehr oder weniger von der Schule verwiesen wird, ihre Schwester Claire (Hayley McElhinney) aufgrund eines Vorfalls mit Samuel und ihrer eigenen Tochter nichts mehr mit ihr zu tun haben will, ist sie völlig am Ende.

Als sie Samuel dann noch dazu eine Gute-Nacht-Geschichte vorliest, stellt diese sich als für Kinder untauglich heraus. Das wundervoll in schwarz/weiß gestaltete Kinderbuch mit dem Titel „Mister Babadook“ sorgt für einen neuen Angstschub bei Samuel, aber auch Amilie ist sich schon kurz darauf nicht mehr sicher, ob „Mr. Babadook“ nicht doch existiert und bereits im Buch heißt es so schön: „If it’s in a word or in a look – you can’t get rid of the Babadook“.

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Alle Achtung. Was Jennifer Kent mit ihrem Erstlingswerk als Regisseurin, und auch Drehbuchautorin, abliefert ist allerhöchste Güte. „The Babadook“ ist ein Monster, wie wir es schon lange nicht mehr auf der Kinoleinwand hatten und jede/r, der/die die Chance hat, sich diesen Film im Kino anzusehen, sollte sich das nicht entgehen lassen. Wobei ich das relativieren muss: Alle, die sich von einem Horrorfilm Unmengen an Blut und Gedärm erwarten – geht woanders hin. Dies hier ist ein Horrorfilm der „alten Schule“, in welchem das Monster Emotionen repräsentiert – und Jennifer Kent gelingt es wirklich gut, das zu transportieren.

„Let Me In“ verlangt der Babadook. Und wenn er erst drin ist, dann bekommst du ihn nie wieder los. Eine Warnung, die Samuel seiner Mutter immer und immer wieder weitergibt, die damit aber nichts anfangen kann und im Gegenteil dadurch immer weiter in Richtung der Bestie gedrängt wird.

Die Leistung der beiden Schauspieler, die den Film im Grunde genommen völlig alleine tragen ist beachtlich. Das Casting von Noah Wiseman als Samuel ist genial, denn der junge Mann hat eine Mimik, die ihn in manchen Szenen des Films absolut außerirdisch und besessen wirken lässt, obwohl er vielleicht einfach nur „ganz normal“ hysterisch nach seiner Mutter ruft. Absolut großartig. Alledings auch absolut nervig – und nach den ersten zwanzig Minuten kann man zu einhundert Prozent nachvollziehen, weshalb Amilie am Ende ihrer Kräfte ist.

Was uns zu Essie Davis bringt, welche die Verzweiflung und Kraftlosigkeit von Amilie absolut perfekt auf ihren Schultern zu tragen weiß. Von Verzweiflung über Hoffnung hin zu Bosheit und zurück zur Freundlichkeit – die Frau kann das alles absolut glaubhaft spielen. Von der gebeugten, gebrochenen Körperhaltung über ihre Mimik – wunderbar. Man leidet mit ihr, jede Sekunde lang. Der Kampf mit der Tatsache, dass ihr Mann auf der Fahrt ins Krankenhaus zur Geburt ihres Sohnes gestorben ist und ihr Sohn überlebt hat, spielt sich absolut nachvollziehbar in ihr ab. Sie liebt ihren Sohn, auch wenn er anders ist als die anderen. Aber gleichzeitig ist er eine stete Erinnerung daran, dass ihr Mann gestorben ist – für ihn. Der keine Hilfe ist. Der nur Probleme macht. Manchmal hasst sie ihn. Und – Schwupps. Da hat der Babadook seine Chance bereits genutzt.

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Was ist das nun, dieser/dieses Babadook? Ist es der Trennungsschmerz? Ist es die Wut auf Samuel? Die Verzweiflung? Die Angst? „Babadook“ kann vieles sein und wenn er erst da ist, dann zerstört er alles andere. Der Film zeigt diese Wandlung (fast) perfekt.

Die Effekte sind interessant – die meisten davon physischer Natur und das Design des Babadook, wenn man es/ihn denn dann mal ganz kurz sieht ist im Stil des Aufklappbuches gehalten, wird nie mehr als nur in groben Zügen gezeichnet – und passt perfekt.

Wer einen intelligengen Horrorfilm sehen will, in welchem es nicht darum geht, dass möglichst viele Leute umkommen, sondern die psychologische Seite betrachtet wird, in welchem es tatsächlich um das „Dahinter“ geht, die bekommen mit „The Babadook“ endlich wieder gutes und schmackhaftes Futter. Splatterfans – macht einen Bogen, der Film wird euch langweilen. Hororfans mit Hang zum Nachdenken – hier ist euer Film des Jahres.

Lasst euch vom Trailer nicht täuschen – der wirkt wie ein klassischer, trashiger schon x Mal gesehener „Haunted House“-Schocker. Das ist er nicht. Der Film legt Wert auf seine Figuren und um diese dreht sich alles. Der wahre Horror findet in der Beziehung zwischen Samuel und Amilie, genauso wie im Kampf mit ihrer Umwelt ab. All das, was „Mama“ hätte sein können, aber nicht war.

Die Farbgebung ist sehr dunkel und düster gehalten, hohe Kontraste und super gewählte Kamerawinkel fangen das Geschehen in seiner Stimmung absolut großartig ein. Vor allem eine Szene bei einer Geburtagsparty, in welcher sich Bekannte darüber beschweren, dass sie seit der Geburt ihrer Tochter keine Zeit mehr für Gymnastikstunden haben, und wie befremdlich das für Amilie klingt, ist optisch und perspektivisch super eingefangen. Alle Achtung. Jennifer Kent sollte man wohl im Auge behalten.

„The Babadook“ bekommt von mir 9,5 von 10 möglichen, Old-School-Psycholgie-Horror wieder aufleben lassende, Punkten.

PS: Derzeit nur als Import erhältlich.


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