Best of Worst Case: June (Filmkritik)

June (Kennedy Brice) ist ein Pflegekind, aber kein gewöhnliches, denn June war Teil eines Rituals, bei dem der Teil eines überirdischen Wesens – sie nennt es Aer – auf sie übertragen wurde und wann immer sie sich aufregt oder ungerecht behandelt fühlt, bricht ein Macht aus ihr heraus, die alle um sie herum verletzt. Deshalb hält sie sich von Menschen fern und versucht alleine klar zu kommen. Aber das ist nicht so leicht, wenn sie von Pflegefamilie zu Pflegefamilie geschoben wird.

Schließlich landet sie bei dem Ehepaar Lily (Victoria Pratt) und Dave (Caspar Van Dien), die sie liebevoll aufnehmen und sich sehr um sie bemühen. Was June nicht (mehr) weiß: Lily war damals bei dem Ritual dabei und hat gemeinsam mit June als einzige überlebt. Und für Lily und deren Hintermänner ist das Ritual noch nicht vorbei, denn June hat eine Bestimmung zu erfüllen. Die Welt „reinigen“ und die Auserwählten in eine bessere Zukunft führen …

June-movie

Okay, ich gebe es zu: Oben im Text versteckt sich ein mächtig großer Spoiler. Zumindest scheinen das die Macher von „June“ zu denken. Vermutlich weil sie den ZuseherInnen keinen IQ überhalb dem eines Plastiksackes zuzutrauen. Der Film beginnt mit dem Ritual und Lily und June überleben, die beiden taumeln (also Lily taumelt das Baby June tragend) eine Straße entlang bis die Polizei sie aufliest. Dann springt der Film in die Zukunft. June ist ein junges Mädchen und macht sich allerhand mit. Zumindest scheinen das die Drehbuchautoren so zu meinen. Ja, Stiefeltern sind ja immer böse. Immer. Es reicht schon wenn sie mal laut werden oder sich nicht um die Kinder kümmern.

Oder wenn die „neue Mutter“ sagt: „Geh raus spielen“ und der „neue Vater“ meint: „Tu was deine neue Mutter dir sagt“. Das ist natürlich schon hart und böse. Ja, ich gebe zu, die Pflegeeltern sind nicht nett, aber richtig böse würde ich sie auch nicht nennen. Es reicht auch schon, wenn ihr ein älterer Junge ihren Teddybären wegnimmt, damit sie ihre Wut loslässt – zum Glück zeigt uns Regisseur L. Gustavo Cooper dann kurz einen Zusammenschnitt der „schlimmen“ Dinge, die June widerfahren sind, damit wir ihre Wut verstehen. Auch wenn wir genau diese Szenen eh bereits gerade eben gesehen haben.

Ja. Genau diese Art von Film ist „June“.

Der Film ist eine Mischung aus „Carrie“, „Firestarter“ und „Das Omen“. Nicht mehr und nicht weniger. Das könnte natürlich gut funktionieren, wenn zumindest die Machart gut wäre, das Drehbuch Spannung aufbauen würde und vermutlich irgendjemand ein wenig mehr wert auf die Figuren gelegt hätte. Man merkt „June“ an, dass gute Ideen und Ansätze da sind. Die Beziehung zwischen Lily und June ändert sich schön langsam und Lily entwickelt tatsächlich mütterliche Gefühle für die Kleine. Aber das passt „Aer“ nicht in den Kram, weshalb sie immer wieder Dinge unternimmt, um diese Beziehung zu zerstören. Auch Vater Dave kommt nicht so gut weg, denn als June sich immer mehr ihrer „Mutter“ zuwendet, passt dieser als Störfaktor nicht mehr ins Bild. Das geht sogar so weit, dass „Aer“ ihm prophezeit die Welt würde untergehen und er sei der erste, der sterben würde. Drama, irgendwie?

Ich wiederhole: Das hätte alles funktionieren können, aber dem Film fehlt das „gewisse Etwas“ und wenn dann der „Showdown“ anfängt, kann man bereits nicht mehr aufhören zu Gähnen und es hilft auch nicht das Finale dermaßen antiklimatisch und spannungsarm zu inszenieren als würde jemand eine Einkaufsliste zusammenschreiben. Da stirbt dann ein Hauptcharakter und ich vermute mal, wir Zuseher hätten da sitzen, die Augen aufreißen und die Erkenntnis: „Sie hat es prophezeit!“ rufen sollen, weil das ja ach so unerwartet kam. Ich kann nur den Kopf schütteln.

Insofern schade, als die Macher es schaffen immer wieder verdammt gute und schöne Bilder einzufangen, die an sich in einem besseren Film sehr gut aufgehoben wären. Wer behauptet, dass es für einen guten Film reicht, wenn die Kameraarbeit gut ist soll sich „June“ ansehen um eines besseren belehrt zu werden. Ich kann nur wiederholen: Schade. Die schauspielerischen Leistungen sind eigentlich sehr gut und gerade Victoria Pratt zeigt was sie kann. Auch Casper Van Dien kann als aufofperungsvoller Vater wirklich zeigen, dass er auch „Normalsterbliche“ gut spielen kann und – sind wir mal ehrlich, meine Damen – der Mann ist ein hübscher Kerl. Er und Victoria Pratt passen da gut zusammen und ihre Liebe glaubt man den beiden auch wirklich. Anfangs etwas mühsam ist die Angewohnheit von Dave alles mit Fotos zu dokumentieren, zumal man den Mann nur beim Knipsen sieht. Wirkt fast wie ein perverser Voyeur.

Wirklich peinlich ist die Szene als June bei Lily und Dave ankommt. Ich nenne es den „Herr der Ringe“-Effekt. Da gibt es am Ende von „Die Rückkehr des Königs“ diese Szene in der Sam seine Frau Rosie und seine Kinder einsammelt und ins Haus geht. Und Rosie hat diesen Blick drauf, bei dem man sofort weiß, der Regisseur hat gesagt: „Himmle den Typen an bis die Tür ins Schloss fällt“ und es so richtig, richtig unrealistisch und peinlich wirkt. Das gleiche gilt hier für Dave. Der Mann wirkt völlig irre und so übertrieben verliebt, man möchte ihm eine Ohrfeige geben und anschreien, dass er sich bitte endlich wieder einkriegen soll.

„June“ bekommt 4 von 10 möglichen, leider an so vielen Ecken und Enden danebenschlagende, Punkte.

Best-Of-Worst-Case-Urteil (Trashfaktor: Drehbuch):
Es ist schwer zu sagen, woran es bei „June“ genau krankt, denn die Zutaten sind eigentlich alle gut, das Schauspiel und die Kamera sogar wirklich super, aber dennoch … der Funke springt nicht über und der Film hat bis zum Ende hin keine Spannung. Irgendwie plätschert der Film so dahin und selbst die spannenden Momente sind nur Randnotizen. Keine Höhepunkte, keine im Gedächtnis hängen bleibenden Szenen und ein Finale, das einem die Tränen in die Augen treibt – weil man nicht glauben kann wie so etwas so schlecht inszeniert werden kann.

Fazit: Völlig unnötig. Einzig die Bildsprache ist oft wirklich gut gelungen.

PS: Interessant, dass die Szene im Trailer (ja, das ist nur eine Szene) im fertigen Film (optisch) völlig anders und – Tatsache! – sehr viel schlechter ist als noch im „In Production“-Trailer. Das zeigt mir nur, wie viel Potential verschenkt wurde, denn die Trailer-Szene ist um so vieles besser als jene im fertigen Film.

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