The American Society Of Magical Negros (Filmkritik)

Aren (Justice Smith) ist Künstler. Er macht Skulpturen bzw. Kunstwerke aus Fäden. Bei einer seiner letzten Ausstellungen bzw. bei einer Ausstellung an welcher er teilnimmt, kommt es jedoch soweit, dass absolut niemand Interesse an seiner Arbeit hat und man ihn sogar für einen Hausangstellten hält. Das führt dazu, dass man die eigentlich geplante Solo-Ausstellung absagt.

Relativ fertig mit der Welt trifft er am Nach-Hause-Weg eine junge, weiße Frau, die scheinbar unter dem Einluss von bewusstseinserweiternden Substanzen (und/oder Alkohol) Geld vom Automaten beheben will, es aber nicht schafft. Aren will helfen, aber die Sache nimmt eine schiefe Wendung, da die Dame zu kaputt im Kopf ist, um zu verstehen, was sie gerade macht und tut und sagt. Als dann zwei (weiße) Typen kommen, da wird das Missverständnis für Aren ein Spiel auf Leben und Tod.

Zumindest fast, denn er wird auf beinahe magische Weise von Roger (David Alan Grier) gerettet, der ihm gleich darauf einen Job anbietet. Wie sich rasch herausstellt, arbeitet Roger nämlich für die „American Society Of Magical Negros“, deren Aufgabe es ist, weiße Menschen (man lies: Männer) so zu behandeln und zu bestärken, dass sie sich sicher fühlen. Denn das hilft allen anderen Kulturen und Rassen (im Sinne von Hautfarben) auf der Welt.

Sein erster Auftrag wird allerdings gleich mal zur Herkulesaufgabe, denn er soll dem Mitarbeiter eines Social-Media-Unternehmens dabei helfen, durchzustarten. Nur ist das die Firma, deren Gesichtsscan leider den kleinen Nachteil hat, dass es Schwarze Menschen nicht voneinander unterscheiden kann – was zu einem Backlash führt. Auch nicht gerade hilfreich ist, dass Lizzie (An-Li Bogan), eine Kollegin, das Interesse von beiden jungen Männern geweckt hat …

Es ist entweder Sarkasmus oder es ist Zynismus. Ich bin mir nicht ganz sicher. Was es auf jeden Fall sein soll: Eine Pointe. Die ich jedoch nicht sehe. Was ich sehe ist: Feigheit. Und das ist schade.

Aber zurück zum Start: Die Idee zur „Magical Society“ ist Kobi Libii, der hier für Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnet, gekommen und ja, die Idee – das muss ich zugeben – hat enormes Potential. Es gibt eine Vereinigung von PoCs (People Of Color, hier alles Schwarze), die den Job haben, die Weißen bei Laune zu halten, damit das Töten der farbigen Bevölkerung endlich mal aufhört – sich die Weißen also endlich mal entspannen können und verstehen, dass die anderen auch einfach nur in Ruhe leben wollen.

Klingt ja schon mal gut und hätte mit dem richtigen Drehbuch und der richtigen Regie und dem richtigen Cast ja durchaus cool werden können – eine bitterböse Satire, ein heftiger Horrorthriller – Potential vorhanden.

Wofür sich Hr. Libii allerdings entschieden hat ist eine Romnatische Komödie mit leichten sozialkritischen Untertönen, die leider entweder zu leise sind oder zu sehr aus dem Nichts kommen, um wirklich zu harmonieren. Das Hauptproblem, welches Aren nämlich hat, ist eines von Loyalitäten – er muss sich entscheiden: Seinen Job tun, versuchen sein Ziel mit der Person zu verkuppeln, in die eigentlich er verknallt ist, oder darauf pfeifen und ihr sagen was er für sie (und sie für ihn) empfindet. Es geht also in erster Linie um Loyalität zu „den seinen“. Denn die Society ist magisch und nur, wenn sich alle an die Regeln halten, dann wirkt die Magie.

Nur gibt es halt immer wieder Ausreißer, die dann dazu führen, dass die Magie kurz versagt, bis man die Person die sich nicht an die Regeln gehalten hat ausgestoßen hat und – ich zitiere! – „die schlimmste Strafe bekommt, die man sich vorstellen kann“: Als normalsterblicher Schwarzer im heutigen Amerika zu leben. Genau. Lasst das mal sickern. Vermutlich war früher in Amerika viel, viel leichter „schwarz“ zu sein. Aber lassen wir das mal so stehen.

Es ist so unglaublich schade. Ich denke nur an „Get Out“ und dessen Ende, als ein Streifenwagen von der Polizei auftaucht und ich mir dachte: „Oh, Mist.“, weil ich mir dachte, das ist das Ende für unseren jungen, schwarzen Helden. Dieser Gedanke hat alles gesagt, was gesagt werden musste. Und hier gibt es eine(!) Szene, die ähnlich gebaut ist. Als die beiden Typen auftauchen während Aren versucht der Dame beim Bankomat zu helfen, da ist völlig klar: Aren wird mindestens im Krankenhaus enden. Einfach nur weil er helfen wollte und weil er schwarz ist. Da steigt die Spannung und das Unwohlsein halbwegs hoch.

Und dann wird das alles so verschenkt. Libii hätte sicher viele Beispiele wie oben finden können, bei denen man einfach merkt: „Mist – das hier wird böse enden.“, einfach nur, weil der Charakter schwarz ist. Und dann die Rettung(en) durch Magie durch unseren jungen Anfänger-Helden. Er schafft es halt nicht jedes Mal. Aber er lernt dazu und gegen Ende, da ist er ein richtiger Profi, hat alles im Griff, er rekrutiert immerzu weitere „Magical Negros“. Bis er am Ende draufkommt: Alle Schwarzen auf der ganzen Welt haben plötzlich diesen Job: Dafür zu sorgen, dass die Weißen ruhig bleiben und nicht anfangen aus Angst alle anderen abzuknallen. Dann dreht er sich in die Kamera, spricht direkt in die Kamera und fragt: „Did I do the right thing?“. Und Ende.

Klingt schlimm? Mag sein. Aber immer noch um Millionen Jahre besser (und mutiger) als das, was hier geliefert wird. Der sozialkritische Unterton oder die Gefahr, die Aren eigentlich bannen soll, ist kein Thema mehr. Nicht wirklich. Und da wird so unglaublich viel Potential auf so unglaublich vielen Ebenen verschenkt.

Irgendwann gegen Ende hält Aren dann noch eine emotionale Rede, die sicher der Höhepunkt des Films sein sollte und es irgendwie auch ist – aber an diesem Punkt juckt es mich kaum noch bzw. sehe ich keinen Film mehr und keine Filmfigur, sondern einfach jemand, der über das Gefühl spricht, wie es ist ein Schwarzer in Amerika zu sein. Berührt mich das? Ja, weil es von Justice Smith wirklich großartig gespielt wird (wenn es denn überhaupt gespielt ist). Aber das hat Null mit dem Film zu tun. Die Szene kannst du mir losgelöst vom Rest vorspielen und sie würde mich dennoch berühren. Sie kommt nur völlig aus dem Nichts, weil ich nie das GEfühl hatte, dass Aren irgendein(!) Problem hat – außer, dass er in Lizzie verknallt ist und das nicht gut ist. Völlig irre (und ja, es is völlig nachvollziehbar, warum er sich in sie verknallt – weil: die ist richtig cool).

Aber die Szene im Film für den Film? Oder was sie für Aren als Figur bedeutet? Völlig egal. Völlig. Weil mir Aren als Person eigentlich egal ist. Ich kenne den Typen ja selbst nach 90 Minuten nicht mal wirklich.

Hat der Freunde? Hat er Eltern? Geschwister? Wer ist er? Was macht er (von der Kunst mal abgesehen)? Wir erfahren nichts über ihn (seine Mutter war scheinbar eine Weiße). Er ist einfach eine Projektionsfläche für DAS Problem. Und das ist schade. Gerade, weil sich die Geschichte so sehr auf die Liebesgeschichte fokussiert, dass alles andere völlig untergeht. Und für welches Problem ist er die Projektionsfläche, wollt ihr wissen?. Nicht die Sozialkritik, nein. Die Angst der Schwarzen, oder so, nein. Das Problem, für das er steht lautet: Hänge ich weiter mit meinen „Bros“ rum oder entscheide ich mich für mich und die Liebe? (Natürlich auch weil Lizzie von An-Li Bogan richtig sympathisch und ehrlich interessant gespielt wird, ist die Antwort darauf relativ leicht). Leider hilft das dem Film in Summe nicht wirklich, denn als Rom-Com ist er eher unterer Durchschnitt. Und der „Gag“ am Ende … sorry, nein. Einfach nein.

Alles in allem eine coole Idee, die halt leider in dieser Form nicht für einen ganzen Film, geschweige denn für einen spannenden und unterhaltsamen Film gereicht hat. Und ein Drehbuch, welches mutig beginnt und dann ganz scharf auf die harmlose (man lies: belanglose) Romanze hin abbiegt. Dass die Regie noch dazu völlig belanglos und beliebig ist, ist da noch das kleinere Problem. Ach, und Justice Smith wird bei mir nie, niemals als guter Schauspieler bezeichnet werden. Ich mochte seine Figur in „Dungeons & Dragons: Honour Among Thieves„, aber in allen anderen Dingen in denen ich ihn gesehen habe gilt ebenfalls: Nein. Einfach Nein.

Und bevor ich es vergesse: Der Film wurde nach drei Wochen wieder aus den Kinos genommen. Scheinbar kam er nicht so gut an.

„The American Society Of Magical Negros“ bekommt von mir 4 von 10 möglichen, einen davon allein für die natürliche Ausstrahlung von An-Li Bogan und einen für die emotionale Rede am Ende des Films bekommende, Punkte.


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