Victoria (Filmkritik)

Victoria (Laia Costa) ist eine junge Frau, die in Berlin lebt und arbeitet. Eigentlich kommt sie aus Spanien und momentan hält sie sich mit einem Job in einem Café über Wasser.

In dieser speziellen Nacht trifft sie Sonne (Frederick Lau) und seine Freunde, die ihr sympathisch sind und Victoria „ihr“ Berlin zeigen. Nach anfänglichem Geplänkel wird die Sache plötzlich ernst, als ein alter Freund von Boxer (Franz Rogowski) die Begleichung einer Schuld einfordert.

Viel habe ich über diesen Film gehört – tatsächlich sehr viel. Denn die Information, er wäre in einem Take gedreht worden, hat schon halbwegs Wellen geschlagen zumal es sich weder um ein Kammerspiel noch um einen Kurzfilm handelt, sondern viele Ortswechsel passieren und die Laufzeit fast 2 1/2 Stunden beträgt. Und ich hätte es fast nicht geschafft den ganzen Film zu sehen.

Der Grund ist relativ simpel. Am Anfang – und damit meine ich die erste halbe Stunde – passiert wenig bis gar nichts und es gibt halbwegs viel Leerlauf. Das Kennenlernen der Personen. Victoria, die – etwas zu sehr bereitwillig – mit den ihr unbekannten Jungs mitgeht und die Jungs untereinander, wobei vor allem Sonne als Hauptperson hervorgestellt wird. Das alles funktioniert gut und wird auch ansprechend in Szene gesetzt. Tatsächlich dauern aber halt Liftfahrten zum Dachgeschoß dann eine Weile und wenn man nur ein Take ohne Schnitt aufnimmt, dann muss man das halt in Kauf nehmen.

In diesem Fall wird einfach Musik drübergelegt und die Kamera geht nah an die Personen ran. Dann steigt man wieder aus dem Lift aus und weiter geht es. Sicher nicht sehr spannend, aber wenn man eh weiß, dass der Film aus einem Take besteht, dann muss man wohl mit sowas rechnen. Immerhin nimmt die Sache an Fahrt auf, als Sonne beschließt Victoria in ihr Café zu begleiten, denn da tauen die beiden auf und beginnen sehr offen zu flirten und zwar mit einer Natürlichkeit und einem Witz, der absolut echt rüberkommt und wohl jede/n an diverse Gespräche mit dem anderen Geschlecht erinnert, die er/sie auch schon hatte.

Und danach – hui – danach geht dann eigentlich bis zum Ende die Post ab. Ich war anfangs mehrmals versucht den Film zu stoppen, weil die Einführung einfach so lange dauert und sie streckenweise wirklich langweilig ist (sorry), aber wenn dann die Sache an Fahrt aufnimmt, dann vergißt man den zähen Einstieg verdammt rasch und ist absolut von der herrschenden Dynamik mitgerissen, denn wenn sich der Sog erstmal entfaltet hat, dann gibt es kein Entkommen mehr.

Filmtechnisch betrachtet ist „Victoria“ ohnehin – und da untertreibe ich nicht – ein Meisterwerk. Die Kamera zeigt alles was sie zeigen soll. Die SchauspielerInnen (Laia Costa als entzückende Victoria, Frederick Lau als sympathischer Sonne natürlich als Mittelpunkt, aber auch alle Randcharaktere und nur nebenbei auftauchenden Personen) bleiben alle die ganze Zeit über in ihren Rollen und spielen diese sowas von überzeugend – herrlich. Anfangs noch zäh, aber dann merkt man, dass sie das Momentum selbst mitreißt und ich behaupte, sie hätten nicht mal mehr aufhören können, selbst wenn sie gewollt hätten, bis der Film zu Ende gedreht war.

Die Logistik, das Timing, das Licht – alles zusammen: Ich bin echt sprachlos dagesessen, weil ich sowas in dieser Form noch nie gesehen habe. Wirklich nicht. Selbst wer keine Ahnung vom Filmemachen hat, wird am Ende feststellen, dass hier alle Mitwirkenden (ausnahmslos ALLE) großartige Arbeit geleistet haben. Sebastian Schipper hat sich in meinen Augen mit diesem Film keinen Gefallen getan, denn: Was soll denn bitte jetzt noch kommen, was besser ist? Einfach unglaublich wie viel in zwei Stunden passieren kann – noch dazu dermaßen glaubwürdig und spannend in Szene gesetzt (Nur um Missverständnisse zu vermeiden: „Victoria“ wäre auch gut, wäre er in mehreren Takes aufgenommen worden).

„Victoria“ bekommt von mir 10 von 10 möglichen Punkten. Ganz einfach, weil es so etwas davor noch nicht gegeben hat und – auch wenn der Einstieg zäh ist – man den Machern das am Ende absolut nicht mehr nachträgt.

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