Autumn Blood (Filmkritik)

Ein junges Mädchen (Sophie Lowe) und ihr kleiner Bruder leben in einer idyllischen Hütte hoch oben in den Bergen mit ihrer verwitweten Mutter. Als diese jedoch stirbt, verheimlichen die beiden Kinder ihren Tod weil sie Angst haben, dass sie zu Pflegeeltern kommen und so bestimmt getrennt werden würden. Wäre diese Situation alleine nicht schon schwierig genug, überfällt und vergewaltigt auch noch ein Jäger das Mädchen.

Die Kinder können aber nichts unternehmen ohne den Tod ihrer Mutter auffliegen zu lassen und ausserdem ist der Jäger auch noch der Sohn des örtlichen Bürgermeisters (Peter Stormare). Als aber eines Tages eine Sozialarbeiterin gerufen wird und sie zu stöbern beginnt, entschliessen sich der Jäger und sein Kumpel der Metzger – der sich mittlerweile auch an dem Mädchen vergangen hat – die beiden Zeugen zu beseitigen.

Autumn Blood

Wenn der Herbst beginnt, fängt die Natur an zu bluten. Was sich zunächst vielleicht so anhören könnte, wie ein brutaler Rachethriller im Stil von „I Spit On Your Grave„, ist in Wirklichkeit ein unheimlich langsam und bildgewaltig erzähltes Drama, dass vor allem durch die Kulisse und die wunderschönen Aufnahmen begeistert. Regie und Drehbuch stammen von Markus Blunder, der hiermit zwar seinen ersten Langfilm inszeniert hat, doch bereits jahrelange Erfahrung als Second Unit Director und Regisseur von zahlreichen Videoclips, Dokumentationen und Theaterstücken gesammelt hat.

„Autumn Blood“ ist dabei auf jeden Fall kein Film für die breite Masse geworden. Erstens kann er seine Wirkung nur entfalten, wenn man sich völlig auf ihn einlässt und auch eine elegische, entschleunigte Erzählweise zu schätzen weiß. Und zweitens gibt es hier so gut wie keine Dialoge was so weit geht, dass man als Zuschauer beinahe irritiert reagiert, wenn doch mal gesprochen wird. Dadurch erübrigen sich auch die Namen der Figuren (es gibt eben nur „das Mädchen“, „den Jäger“ oder „den Priester“) und Teile meiner oben angeführten Beschreibung der Handlung sind von mir interpretiert, da sie nie ausgesprochen werden.

Als Drehort dienten die Berge und Wälder im österreichischen Tirol und was Kamerafrau Reed Morano hier auf die Leinwand gezaubert hat, ist wirklich große Kunst. Egal ob nun farblich oder was die Wahl der Perspektive betrifft, beinahe jede Einstellung ist nicht nur optisch beeindruckend, sondern vermittelt auch meistens gleich bestimmte Gefühle mit und dabei keinesfalls nur positive. Die Machart des Filmes kommt dabei der Tatsache sehr entgegen, dass zum Denken anregende Metapher/Bilder, natürlich auch nicht fehlen dürfen.

Zu vermitteln, dass auch ohne das Zeigen von übermäßiger Gewalt oder einer unnötig in die Länge gezogenen Szene eine Vergewaltigung etwas Furchtbares ist und nicht nur der Körper dadurch zerstört wird, ist den Machern hier eindeutig gelungen. Verlangen, Macht, vielleicht sogar der kranke Versuch Liebe zu empfinden, das alles kann man aus den Augen des Täters herauslesen, da wegen des beinahe gänzlich fehlenden gesprochenen Wortes, man alle Antworten selber suchen und finden darf. Was dabei aus den ständig recycelten Grundthemen Liebe, Eifersucht und Erwachsen werden gemacht wird, war für mich schon eine ziemlich interessante Sache.

Schauspielerisch trägt vor allem Sophie Lowe (Once Upon a Time in Wonderland) den Film auf ihren zarten Schultern. Egal ob sie nun zu Beginn naiv, kindlich fröhlich und voller Leben mit ihrem Bruder spielt oder nach dem Angriff auf sie in ihrem gesamten Auftreten geknickt wirkt, traurig und unter dem Verlust ihrer Unschuld (auf mehreren Ebenen) leidend mit all den Ereignissen überfordert ist, sie überzeugt auf ganzer Linie. Dabei bestreitet sie einige Abschnitte des Filmes völlig nackt und ich hab selten in dieser Form Natürlichkeit und Verletzlichkeit ausstrahlende Szenen gesehen, die noch dazu dabei nicht einmal ansatzweise voyeuristisch wirken.

Peter Stormare (Bad Milo) schaut nur kurz vorbei als zwielichtiger Bürgermeister und lässt seinen jüngeren Kollegen den Vortritt, hat aber gegen Schluss einen starken Aufritt. Der Finne Samuel Vauramo (Bunraku) als Jäger ist der spannendste Bösewicht, der irgendwie bei bzw. nach all seinen schlechten Taten so etwas wie Reue, Zweifel oder sogar Trauer in den Augen hat, aber irgendwie nicht aus seiner Haut kann. Gustaf Skarsgård (Vikings) als Metzger darf hingegen einfach nur brutal und schmierig sein, was er ziemlich gekonnt hin bekommt.

Insgesamt also der völlig falsche Film für Zwischendurch oder um sich passiv berieseln zu lassen, weil ich finde, dass der Film am Ende genau das ist, was man daraus macht. Das kann man natürlich ganz anders sehen, doch gerade durch die fehlenden Dialoge und Erklärungen, findet man die Lösung vor allem nur in den Gesichtern der Darsteller und dem Beobachten ihrer Handlungen. Dass man sich hier auch, wie ich einigen Kritiken entnehmen konnte, zu Tode langweilen kann, ist mir durchaus klar, ich fand den Film aber sehr gelungen. Einfach drauf einlassen in einem passenden Moment, denn nur dann kann er auch funktionieren.

„Autumn Blood“ bekommt von mir 8/10 die Idylle eines Lebens in der Stille zerstörende Empfehlungspunkte.


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