Hacked: Kein Leben ist sicher – I.T. (Filmkritik)

Mike Regan (Pierce Brosnan) ist reich, schwer reich. Er besitzt eine Charterfluglinie, welche Flugzeuge an Privatkunden verleiht. Da das Geschäft aber langsam einbricht, kommt jetzt das nächste große Ding: Eine App, mit welcher man so ein Flugzeug blindlinks bestellen kann. Die Zielgruppe dafür mag eingeschränkt sein, aber dafür geht man damit an die Börse. Muss er auch, denn ansonsten kann er die Firma nicht mehr retten.

Als gerade bei einer Präsentation die Computer abstürzen ist der junge Programmierer Ed (James Frecheville) vor Ort und rettet die Sache. Mike bittet ihn, doch sein Netzwerk Zuhause zu reparieren, da Tochter Kaitlyn (Stefanie Scott) Probleme damit hat. Leider reicht Ed dieser kurze Besuch nicht und er beginnt sich für einen Teil der Familie zu halten. Als Mike ihn sehr klar darauf hinweist, dass er das nicht ist, brennen bei Ed die Sicherungen durch und er wird Mike beweisen, wie dumm es ist, wenn man wirklich ALLES in seinem Leben über WLAN steuern lässt …

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Wow, kann ich nur sagen. Das ist wirklich schon eine Weile her, dass mich ein Film in den ersten Minuten so in den Bann gezogen hat. Die Story ist bekannt, man kann sich mit Mike Regan anfreunden und seine Familie ist nett. Sicher – er ist sowas von reich, dass es schon fast wehtut und die Tatsache, dass er sich mit den gleichen Dingen herumschlagen muss, wie wir alle (zu langsames WLAN) macht ihn ganz sympathisch. Auch der Umgang mit seiner Tochter ist nett anzusehen.

Dann tritt Ed auf den Plan und die Sache wird creepy. Das mit dem werten Herrn irgendwas nicht ganz stimmt kriegt man gleich zu Beginn mit, als er Mike erzählt, er hätte bei der NSA gearbeitet. Irgendwie wirkt der Kerl von Anfang an ein wenig irre. Wie irre er ist, sieht man natürlich erst später – aber ist es dann schon zu spät. Für die werte Familie Regan, genauso wie für die Zuseher, denn diese werden sich kopfschüttelnd fragen, was da denn schief gelaufen ist.

Die Antwort ist eine sehr kurze: Das Drehbuch hat ab der Hälfte dem Impuls nachgegeben leider mehr auf Action und Pseudo-Schock zu setzen als auf nachvollziehbare Handlungsweisen der Charaktere. Das ist passiert. Gerade in der ersten Hälfte des Films fand ich die Reaktionen und Tätigkeiten von allen Beteiligten (Ed vielleicht ausgenommen) noch nachvollziehbar. Die Gespräche von Mike mit Ed und so weiter, alles war im Rahmen.

Und dann kippt das gesamte Ding und wird absurd. Da sehen wir dann Ed, wie er mit einer Atemmaske (Drogentrip) in seiner Wohnung vor schrägen Lichtern steht und rundherum sind seltsame Apperate (wirkt wie ein SM-Club auf mich mit vielen Fetischen), nur um dann später seine Wohnung zu sehen, wo das alles fehlt. War das eine abgehobenen Sequenz, die zeigen soll, wie Ed sich sieht? Ja/nein? Keine Ahnung. Jedenfalls kippt damit auch die realistische Seite des Films in Richtung plakativ. Die Sachen, welche Mike dann macht sind streckenweise absurd (da presst man ein Geständnis aus einem Typen raus und zeichnet das nicht einmal auf?) und das Ende ist ja leider völlig daneben.

Vielleicht ist es eine Anklage gegen die laschen Waffengesetze von Amerika, vielleicht ist den Drehbuchautoren nicht einmal aufgefallen, wie irre das alles ist (USB-Sticks darf man nicht mitnehmen, weil Beweisstücke, aber seine geladene Waffe bekommt man problemlos in die Hand gedrückt) oder vielleicht sieht es bei uns rechtlich eh auch so aus und ich weiß es nur nicht, aber das war einfach schräg.

Außerdem greift man auf viele Klischees zurück – zB gibt es eine Szene in welcher die Tochter Kaitlyn durch die hausinterne EDV beim Masturbieren in der Dusche gefilmt wird und natürlich wird dieses Video an alle Leute in der Schule geschickt (die alle schockiert sind, weil sowas macht man ja nicht … ich meine, hey, die Frau ist ja auch erst 17, da weiß die doch noch gar nichts über Sex …) und ihr Leben sozusagen völlig zerstört. Immerhin wird das Thema wenn auch nur kurz besser als in „Revenge Porn“ behandelt, auch wenn die Sache danach keine Rolle mehr zu spielen scheint … das wird dann einfach fallen gelassen.

Das Mike dann noch einen „alten Bekannten“ anruft, der zufällig jemanden kennt, der genau darauf trainiert ist diese Cyberbullies außer Gefecht zu setzen wirkt dann schon wie das „Deus Ex Machina“ aus einer griechischen Tragödie. Und das wirkliche Finale ist … wie alle anderen Finale auch. Zweikampf im Sturm und Aus. Schade, die erste Hälfte wäre wirklich cool gewesen und Pierce Brosnan („Mamma Mia„, „The November Man„) samt (Film)Familie kamen gut rüber und haben auch super gespielt – inklusive Bösewicht Ed (James Frecheville aus „The Stanford Prison Experiment“). Anna Friel („Limitless„) hat ein paar starke Momente und auch Stefanie Scott („Insidious: Chapter 3„) wirkt nie gekünstelt. Auch die Hilflosigkeit, die Mike spüren muss als er feststellt, dass er einfach zu sehr in Technik investiert hat, kommt gut rüber.

Und dann gibt es noch die Szene in welcher Anna Fiel ihrem Filmgatten erklärt, er solle das jetzt endlich in Ordnung bringen. Ja, klar. Geht ja nur um sein Leben. Soll der gute, alte Mann doch alles richten. Emanzipation, da gehst du plötzlich flöten. Was mir im Grunde ja völlig egal ist, wenn das nicht absolut „Out Of Character“ gewesen wäre. Diese Frau, welche die ganze Zeit über stark war und eine Stütze? Die kommt plötzlich mit sowas? Schlecht getimt und sinnfrei.

Letzten Endes bleibt bei „I.T.“ der bittere Nachgeschmack, dass es ein wirklich cooler, realistischer Film hätte werden können, der einfach aufgrund seiner Realitätsnähe verdammt unter die Haut gehen hätte können. Aber dann kippt man das über Bord und begibt sich in sicheres Thrillerwasser, was letzten Endes zwar immer irgendwie klappt, aber leider halt auch schon tausend Mal so gezeigt wurde.

Zum einmal Ansehen sicher geeignet, aber im Thriller/Action-Allerlei nichts Besonders. Trotzdem schön Pierce Brosnan wieder einmal in einer normalsterblichen Rolle zu sehen. Von John Moore ist man an sich ja eh Durchschnittsware gewohnt, war er ja auch der Mann hinter „Max Payne“ und dem nicht unbedingt besten „Stirb Langsam„-Eintrag.

„I.T.“ bekommt vom mir 5,5 von 10 möglichen, das Hacking und die menschlichen Reaktionen übertreibende, Punkte.

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