Suicide Squad (Filmkritik)

Nach dem Tod von Superman hat sich der schon länger gehegte Plan der Geheimdienstdame Amanda Wallner (Viola Davis) konkretisiert: Sie will ein Team von Verbrechern zusammenstellen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, die nur in speziellen Notfällen eingesetzt werden. Sollte einer ihrer Einsätze schief gehen? Egal, dann wird jede Verbindung zu ihnen geleugnet. Sollte einer flüchten wollen? Egal, dann werden sie durch ein per Knopfdruck aktiviertes Implantat einfach gesprengt.

Keine schönen Voraussetzungen für Profikiller Deadshot (Will Smith), die verrückte Ex-Psychiaterin und mittlerweile Gangsterbraut Harely Quinn (Margot Robbie), Bankräuber Captain Boomerang (Jai Courtney), Feuerteufel Diablo (Jay Hernandez) und den mutierten Echsenmenschen Killer Croc (Adewale Akinnuoye-Agbaje), doch sie haben eben keine echte Wahl. Die Aufsicht über sie hat Soldat Rick Flag (Joel Kinnaman) und der hat neben der übermächtigen Hexe Enchantress (Cara Delevingne), noch ein ganz anderes Problem: den liebeshungrigen Joker (Jared Leto), der gerne seine Harley wieder zurück hätte.

Suicide Squad

Ziemlich riesig war er, der Hype im Vorfeld, den Suicide Squad (zuletzt aktiv im Animationsfilm Batman: Assault on Arkham) auch dank der genial geschnittenen Trailer, bei Fans und denen die es noch werden wollen, ausgelöst hat. Dann kam der Kinostart von Batman v Superman und die damit verbundenen heftigen Kritiken: zu düster sei die Grundstimmung und man nehme sich grundsätzlich viel zu ernst. Das Studio Warner Bros veranlasste daraufhin Nachdrehs für das Squad, um die Atmosphäre aufzulockern und das Erlebnis lustiger zu gestalten. Gebracht hat diese Aktion, dass die ersten offiziellen Kritiken alle über den Film hergefallen sind und vor allem die Regie, den Schnitt und den Plot kritisiert haben.

Das Einspielergebnis bis jetzt ist dafür mehr als beachtlich und so bleibt abzuwarten, was dann genau am Ende für eine Summe herauskommt und für welche Vorgehensweise das Studio sich diesmal entscheiden wird. Wie viele Szenen (angeblich ist vor allem der Joker sehr stark betroffen) genau heraus geschnitten wurden und wie wohl eine düsterere Version des Filmes ausgesehen hätte, darauf werde ich nun nicht weiter eingehen, da ich es nicht für sinnvoll erachte. Ohne diese ganze Metaebene hinter der Produktion zu bedenken, bin ich mir jedoch nach dem Filmgenuss hier sicher, dass ich den derzeitigen Weg des DCEU durchschaut habe.

„Wir haben keine Alltagshelden, sind psychologischer und philosophischer als Marvel“, alles nette Aussagen, alles schön und gut. Während Marvel jedoch aus Filmdrehbüchern ihre Abenteuer auf die Leinwand bringen, arbeitet DC mit Comic-Drehbüchern. Soll heißen deren Storys könnten eins zu eins aus einem Comicheft stammen und werden für die Transformation für einen Film, nur geringfügig oder gar nicht verändert. Als Kenner der Comics und deren Freund ist diese Herangehensweise erfrischend und auch vom Gefühl her beim Ansehen anders. Als „hochwertige“ Filme liebender Kritiker – Fanservice wird reichlich geboten, insgesamt aber ist die Story zu einfach gestrickt – muss ich das freilich schlecht finden.

Aber nun endlich zum Film selbst, der ein Charakterfilm in Reinkultur ist. Es geht hier nie um den Plot oder die Handlung an sich, sondern rein nur um die Charaktere. Vor allem darum wie sie sich präsentieren, was sie sagen und wie sie sich mit- und zueinander verhalten. Dass es sich bei ihnen im Prinzip um Bösewichte handelt, ist dabei Nebensache, auch wenn es mehrere Male angesprochen wird. Man schließt sie schon bald ins Herz und es wird klar, dass die angeblichen Guten und die Feinde des Squads hier die wahren Bösen sind.

Eingeführt werden unsere Antihelden mit kurzen Inserts und zügig zusammengeschnittenen Rückblicken, ständig unterlegt von bekannten Songs unterschiedlicher Genres, aber immer aus den Hitparaden (egal ob von heute oder von vergangenen Tagen). Diese Tatsache zieht sich auch sonst durch den gesamten Film durch, was man erstens ziemlich plakativ finden kann und vor allem eben zu Beginn zu schnellen Schwankungen führt, was die Lautstärke betrifft. Das ist aber deswegen nicht schlecht geschnitten, sondern einfach der Preis für diese pushende Musikauswahl. Kann man sicherlich zuviel finden, auch mir gefallen nicht alle Songs, aber passt doch, den Film unter dem Zeitgeist-Aspekt als Gesamtprodukt betrachtend, sehr gut.

Suicide Squad Enchantress

Übersichtlich und dynamisch ist die Kameraführung, wobei ich hier festhalten möchte, dass ich glücklicherweise nicht die 3D-Fassung gesehen habe, denn abgesehen von Animationsfilmen, leidet bei dieser Art zu Drehen die Übersicht und Helligkeit immer sehr stark. Die Action kommt freilich nicht zu kurz und dank der Tatsache, dass hier fast ausschließlich nur schwarzen Mutantenwesen die Köpfe weggeschossen, zerschlagen und zerschnitten (die sind nun mal die Handlanger des Feindes) werden, ist das massentaugliche PG-13 Rating, niemals in Gefahr. Wobei ein paar Momente von der Atmosphäre doch in die Horror-Richtung gehen und nicht so leicht zu verdauen sind.

Die Schauspieler und deren Leistungen gehören ja zu den wenigen Dingen, die Kritiker durchgängig positiv bewertet haben. Nun, wenigstens da bin ich mit ihnen einer Meinung. Für viele ein Hauptgrund den Film zu sehen ist sicherlich der erste große Auftritt im Kino von Harley Quinn. Margot Robbie (The Wolf of Wall Street, Focus) brilliert dabei mit ihrer ungebremsten Performance. Sie ist voller Energie, sexy, manipulativ und sich für keinen (ja, auch die unpassenden) Kommentar zu schade. Schön fand ich dass zu spüren war, dass sie sich in möglichen Fortsetzungen zwischen dem Joker und ihrem Squad entscheiden müssen wird. Mister J teilt eben nicht gerne und ohne ihn ist Harley im Comic viel mehr Antiheldin mit sehr unorthodoxen Methoden, als richtige Schurkin.

Jay Hernandez (Quarantäne, Takers) als Diablo, das von den Kräften her mächtigste Mitglied im Team, ihn muss ich gleich als Nächsten erwähnen. Nein, er ist nicht der größte Star hier (das ist Will Smith, zu dem komme ich gleich), er ist der heimliche Star. Ja sein Wandel von „nicht mein Kampf und ich benutze meine Kräfte nicht“ hin zu „ich tue alles für meine neue Familie“ ist nahezu übergangslos oder sagen wir einfach er findet nur in seinem Kopf statt, aber es ist eben wie oben erwähnt ein Comic-Drehbuch, auch was seine physische Transformation am Ende betrifft. Und dann legt der Kerl doch ehrlich in einer wahren Schlüsselszene in der Bar kurz vor dem Finale einen Seelenstriptease hin, der, ohne Musik unterlegt, richtig hart, bitter und ernst wirkt und von Harley zunächst gekonnt weitergeführt und dann ironisch wieder abgefangen wird.

Hier schimmert wirklich das dunklere Potential der Produktion durch, dass vom Studio möglicherweise abgefangen wurde. Was dann gleich danach mit ihm passiert ist schade und auch etwas billig, doch von der Logik innerhalb der Welt in der es spielt, doch auch wieder stimmig. Nächster im Team als Kontrast ist Jai Courtney (Terminator 5, I Frankenstein). Ihn hab ich noch nie so enthemmt spielen sehen, was eine feine Sache ist. Sein Boomerang spart nicht mit billigen Anmachsprüchen, noch weniger beim Bierkonsum und ist ständig auf den eigenen Vorteil bedacht. Natürlich hat er aber das Herz am rechten Fleck und hat daher auch mehr Substanz, als wie wenn er nur als reiner comedic relief funktionieren würde.

Will Smith (Independence Day, I Robot) als Deadshot (übrigens ist er weiß im Comic, komisch, darüber haben sich die Moralapostel nicht aufgeregt) ist zu 90 Prozent er selbst. Cool, mit lockeren Sprüchen um sich werfend, geboren zum Anführer des Teams, unschlagbar in dem was er am Besten kann. Ich mag ihn auch hier gerne, meine Aussage ist nur, dass er am Wenigsten von allen hier wirklich spielen musste. Adewale Akinnuoye-Agbaje (Pompeii, Hunted) als Killer Croc ist zwar unter einer sehr gelungenen dicken Reptilien-Maske versteckt, er bringt jedoch mit seinen Blicken und der Stimme, einiges an Gefühlen herüber. Und ja, er ist wunderschön.

Suicide Squad Harley and Joker

Joel Kinnaman (Robocop, Run All Night) ist Rick Flag, Soldat von ganzem Herzen und er sieht seinen Job das Squad anführen zu müssen, mit sehr gemischten Gefühlen. Vor allem seine Zwiegespräche mit Deadshot wissen zu gefallen und auch wenn hier klar Kritik an der Regierung und deren Vorgehensweisen angebracht wird, er ist nicht schuld, er kann auch nicht aus seiner Haut. Seine Vorgesetzte hingegen, die ist ein gänzlich anders Kaliber. Viola Davis (Blackhat, Prisoners) ist Amanda Waller, die Drahtzieherin des Geheimdienstes. Moralisch extrem ambivalente, eiskalt kalkulierende Schlampe trifft sie als Beschreibung wohl am Besten. Der Ansatz, dass sie im Prinzip die schlimmste Person überhaupt im ganzen Film ist, hat mir besonders gut gefallen.

Ja, Cara Delevingne (Pan, Margos Spuren) als Enchantress als der eigentliche Feind, ist toll inszeniert vom Kostüm, ihren Bewegungen und vor allem diesem pulsierenden Effekt her, doch sie ist viel zu offensichtlich und klassisch, um furchterregend zu sein. Sie wurde früher angebetet, nun haben die Menschen sie vergessen und daher will sie alle töten. Einen „tollen“ Plan und ein paar Spielereien später, hat sie trotz ihrer offensichtlichen Übermacht verloren. Miss Waller macht währenddessen munter weiter, manipuliert und tötet. Aber das darf sie ja, immerhin ist sie ja die Gute.

Zu guter Letzt komme ich nun zur neben Margot Robbie im Vorfeld meist getypten Performance, auf der vor allem wegen Heath Ledger, seiner irren Version des Joker und wegen seinem Todes kurz nach den Dreharbeiten zu The Dark Knight, zusätzlich viel Druck gelastet hat. Jared Leto (Chapter 27, Requiem for a Dream) hat mit seiner Interpretation des irren Clowns, definitiv etwas Eigenständiges geschaffen. Vor allem ist er hier jedoch ein impulsiver, brutaler und völlig unberechenbarer Gangsterboss dem man anmerkt, das er noch nie so ein Dame wie Harley kennengelernt hat. Dementsprechend stark ist auch die gegenseitige Bindung und man sollte sich auch im Klaren sein, dass er nur im Film vorkommt, weil er sie zurück will.

Rückblicke können bei einem Film ja grundsätzlich etwas den flüssigen Erzählstil stören bzw. das Tempo herausnehmen, hier fand ich sie jedoch sehr gelungen, weil ich einfach noch mehr sehen wollte. Egal ob man nun gerne noch mehr Interaktion bei den beiden Kurzauftritten von Ben Affleck als Batman gesehen hätte, sich nach mehr Background und Vorgeschichte der Squad-Mitglieder sehnt (bestes Beispiel dafür ist hier Newcomerin Karen Fukuhara als Katana, die zwar sehr cool wirkt, über die man aber so gut wie nichts weiß und die auch fast nichts zu sagen hat) oder einfach mehr von Harleys Wandel von der Psychiaterin zu Jokers Freundin miterlebt hätte, eine Vielzahl an Figuren haben hier einfach Potential und ich würde mir in Zukunft gerne weitere Abenteuer mit ihnen ansehen können.

Hat Regisseur David Ayer (Sabotage, Fury) somit einen schlechten Job gemacht (egal ob nun mit oder ohne Einmischung des Studios)? Ich finde nicht. Fehlt dem Film etwas um ein richtig guter Film zu sein? Ja, dafür ist er einfach zu leicht angreifbar. Macht das Endergebnis spaß? Definitiv! Hat man Lust auf mehr? Und wie, vor allem was die Charaktere betrifft, egal ob es nun um ihre Vergangenheit oder ihre Zukunft geht. Für mich daher trotz all der Negativstimmen (besonders vom Unterhaltungswert her) klar mein Lieblingsfilm bisher im DCEU und ich kann nur hoffen, dass die Visionen des Regisseurs und der Mut des Studios, bei möglichen weiteren Teilen, einen noch stimmigeren gemeinsamen Weg finden.

„Suicide Squad“ bekommt von mir 8,5/10, sich trotz auftretender Unstimmigkeiten auf verschiedensten Ebenen, am Ende erfolgreich zusammen raufende Empfehlungspunkte.

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2 thoughts on “Suicide Squad (Filmkritik)

  1. Ich weiß genau, was du mit „Comic-Filme“ meinst und ich fand „Suicide Squad“ richtig super. Ich weiß nicht, wo die Leute die Diskrepanzen in Handlung und/oder Schnitt sehen, denn für mich war der Film in Summe absolut stimmig. Er war flott inszeniert, hatte den passenden Humor an den passenden Stellen, auch wenn nicht jeder Witz für mich gezündet hat (ein paar waren einfach ZU vorhersehbar), aber in Summe: ich will mehr sehen.

    Großes Plus: Hab ich mich am Tag davor noch darüber ausgelassen, dass jetzt alle neuen Filme an der „Episode 2“-Krankheit leiden (extrem viel Action gegen Ende des Films, welche die Handlung nicht vorantreibt und ab einem gewissen Zeitpunkt einfach langweilig anzusehen und fade ist – siehe alle Transformersfilme, vor allem Teil 3 und 4), so war das hier nicht der Fall.

    Ich fand das Finale hatte gerade die richtige Menge an kurzweiliger Action und war einfach stimmig. Überhaupt war die Action im Film wie ich finde gut verteilt und immer dazu da, um die Handlung weiterzutreiben bzw. etwas über die Charaktere auszusagen.

    Ein paar Szenen waren zwar „für die Amerikaner“ (wenn einem erklärt wird, was man gerade gesehen hat, dann ist das für mich immer ein Moment, in welchem ich mir denke: Aja, das ist jetzt für die Amis drin), aber die haben mich nicht wirklich gestört.

    Ich verstehe die Verrisse nicht – in meinen Augen war zB „Apocalypse“ viel schlimmer vom Aspekt des „Hat jemand eigentlich gewusst, worum es im dem Film gehen soll bevor sie ihn gedreht haben?“ und „Star Trek Beyond“ (den ich sehr unterhaltsam und super fand) war vom Schnitt her ja tatsächlich eine kleine Katastrophe – da ist „Sucide Squad“ ja meilenweit überlegen.

    Die ganzen Gerüchte über Studio-Einmischungen interessieren mich absolut nicht. Im Internet wird jeder Mist (wie man aktuell ja auch politisch sehen kann) gleich tausendfach verbreitet und wenn David Ayer sagt, das ist sein Cut, dann ist das sein Cut und fertig. Selbst wenn er sich in drei Monaten revidiert kann ich nur sagen: Ich fand den Film wirklich (nochmals: Erwartungshaltung! Das ist kein Film, der auf einem Comic basiert, das ist ein Comic-Film! Großer Unterschied!) unterhaltsam und schließe mich Spidey an – ich will mehr von diesen Charakteren sehen!

  2. Ich kann auch nur sagen: Man hätte zwar mit kleinen Änderungen den Film noch ein klein wenig besser/runder machen können und dennoch würde macht er eine Menge Spaß so wie er ist.

    Was einen möglichen Directors- oder Ultimate Cut betrifft: Bei Batman v Superman war es meiner Meinung nach notwenig den nachzureichen, da viele Szenen, die einzelne Elemente der Geschichte erklären, fehlen. Bei Suicide Squad ist das nicht so. Dennoch wäre ich nicht böse, wenn es auf Blu Ray noch ein klein wenig mehr zu sehen gäbe. 🙂

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