Oldies But Goldies: Leon – Der Profi (Filmkritik)

Als Matilda (Natalie Portman) nach Hause kommt, stellt sie fest, dass ihre gesamte Familie ermordet wurde. Aus Reflex und gutem Mitdenken, betritt sie die Wohnung nicht, sondern läutet beim Nachbarn, der ihr sehr skeptisch dann doch die Tür öffnet. Eine Entscheidung, die zwei ganze Leben verändern wird.

Denn der Nachbar ist Leon – ein Auftragskiller und noch dazu ein verdammt guter Auftragskiller. Anfangs zögerlich nimmt der wortkarge Mann die junge Frau unter seine Fittiche und langsam entwickelt sich eine Vater-Tochter-Beziehung, die kein gutes Ende nehmen kann …

Da hatte er einen Lauf, der gute Luc Besson. Der Franzose kann ja doch auf ein paar Kultfilme in seiner Laufbahn verweisen. Der Mann arbeitet ja auch als Drehbuchautor, als Regisseur und Produzent – dass dem mal langweilig wird kann man sich schwer vorstellen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Herr Besson einen Film machen muss, sondern der macht einfach nur noch wozu er Lust hat.

Dass er das kann und damit durchkommt, liegt an ein paar Filmen. Einer davon ist klar „Das fünfte Element„, der Bruce Willis in einer Paraderolle zeigt (die Blaupause bzw. das Destilat von allen Willis-Rollen in einer zusammengefasst), Milla Jovovich hat hier ihre Filmkarriere quasi begonnen (weit bevor sie als „Alice“ Zombies und Mutanten in den Hintern getreten hat) und Gary Oldman hat einfach wieder einmal bewiesen, dass er einfach alles nicht nur spielen, sondern es auch großartig spielen kann.

Aber „Leon“ ist ein ganz anderes Kaliber. Ich behaupte nicht, es wäre der bessere Film, ich behaupte nur, es ist eine andere Art von Film. Während „Das Fünfte Element“ im Kern ein Trashfilm mit Millionenbudget, knalligen Farben, großartigen Dialogen („Ein Profi hätte gefragt wofür der rote Knopf ist“) und überzeichneten Charakteren ist, so ist „Leon“ das genaue Gegenteil: Ein knallharter, kompromissloser Film über das Leben eines Serienkillers bzw. Auftragsmöders, der sich langsam öffnet um ein junges Mädchen in sein Leben und sein Herz zu lassen.

Was ihm letzten Endes nicht guttut, aber okay – das war zu erwarten.

Der Film ist super inszeniert und vor allem das Drehbuch ist großartig. Man fiebert von Anfang an mit und bereits die erste Szene in der Leon und Matilde aufeinandertreffen (sie läutet bei ihm) und die Überlegungen „Lasse ich sie rein oder nicht?“ und im Gegenzug Matildes einzige Hoffnung „Bitte, bitte, öffne die Tür oder ich bin tot“ – spätestens ab hier ist man als Zuseher in der Hand der Spannngsschraube von Luc Besson.

Und diese Schraube versteht er hier perfekt zu drehen. Das liegt natürlich auch den zentralen Charakteren bzw deren Schauspieler*innen. Natalie Portman als Matilde ist natürlich zuckersüß, aber gleichzeitig auch dermaßen abgebrüht (später), dass es schon halbwegs schockiert. Das Vater-Tochter-Verhältnis von Leon zu ihr ist schon sehr makaber, aber auch sehr herzerwärmend. Und die Kleine spielt dermaßen großartig – das hätte man ihr nach „Star Wars“ gar nicht zugetraut (nach „Black Swan“ war es wieder klarer).

Das liegt aber auch daran, dass Leon von Jean Reno gespielt wird und wenn man genau drüber nachdenkt, dann ist es schon schräg, wie gern man einen Auftragsmörder haben kann. Leon ist einfach … das klingt jetzt blöd, aber – er ist ein herzensguter Mensch und ein extrem liebevoller Vater, der alles, wirklich alles, tun würde, damit es seiner „Tochter“ gut geht. Und dazu braucht er so gut wie keine Worte. Der Mann kann das alles mit Blicken. Die Veränderung von Leon im Laufe des Films ist wundervoll anzusehen.

Und dann noch Gary Oldman als einer der bösartigsten und widerwärtigsten Gegenspieler der (zumindest in meiner) Filmgeschichte. Ein Charakter den man bereits nach wenigen Sekunden hassen kann und nach mehreren Minuten sogar fast hassen muss. Solch ein Bund an Widerwärtigkeit und Irrsinn ist selten in einem Film zu finden. Und trotzdem schafft Oldman es, ihn menschlich wirken zu lassen. Er ist keine Karikatur, kein überzeichneter Darth Vader ohne Helm, sondern ein Charakter. Kein angenehmer Charakter, aber ein Charakter.

Für die Actionszenen gilt: Wehe, wenn sie losgelassen, denn hey – wir reden hier immer noch von Luc Besson! Innovativ, überraschend, teilweise beinhart und spannend. Gerade am Ende werdet ihr gemeinsam mit Leon erleichert aufatmen, wenn alles in Richtung Ausgang geht – denn die Spannung, die aufgebaut wird – großartig. In allen Belangen.

Und wer am Ende dieses Films nicht weint, der oder die … nun, ganz ehrlich: Diese Person existiert nicht. Punkt. Ein tragisch-schöner Film. Einer der besten seiner Art.

„Leon – der Profi“ bekommt von mir 10 von 10 möglichen, besser kann man einen Film dieser Art nicht inszenieren, Punkten.

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