Oldies but Goldies: V For Vendetta (Filmkritik)

In einer nicht allzu fernen Zukunft ist Britannien keine Demokratie mehr. Die Bevölkerung wird von der Regierung unterdrückt, ausgebeutet und im Zaum gehalten. Der Militärapperat ist streng. Das Vertrauen in die Mitbürger wird durch Spitzeldienste (auch Geheimpolizei genannt) außer Kraft gesetzt und die von der Regierung kontrollierten Medien manipulieren die Bürger wo es geht.

In dieser Zeit stolpert die beim Nachrichtensender arbeitende Evey (Natalie Portman) eines nachts in die Hände eben dieser Geheimpolizei und wird just von einem unter dem Namen „V“ (Hugo Weaving) bekannten Terroristen gerettet. Fortan sind die Leben des eine (Guy Fawkes-)Maske tragenden V und Evey eng verknüpft, denn „V“ will nichts weniger als die Herrschaft über das Land der Bevölkerung zurückgeben, wofür er auch vor Mord und Terroranschlägen nicht zurückschreckt …

Ich war einfach sprachlos. Statt des erwarteten Effektgewitters und Daueraction und Zeitlupe á la „The Matrix“ war das hier ein langsamer, atmosphärischer Film voller Tiefgang und extrem politisch. Basierend auf einem Comic von Alan Moore („Watchmen„) wird hier eine Geschichte über den Widerstand gegen ein Regime erzählt, welches den Terroristen zum Helden hochstilisiert und eigentlich in seiner Grundaussage absolut kontrovers sein sollte. Ich kann mich allerdings an keinen Aufschrei erinnern. Weder in der Presse noch sonstwo.

Im Nachhinein tut es mir leid den Film im Kino verpasst zu haben, aber ich hatte die Trailer gesehen und mir gedacht: Okay. Ein „Matrix„-Film mit einem Typen in einer Maske und Messern. Nein, danke. Und irgendwann hab ich ihn mir dann doch angesehen und war völlig perplex, denn ich muss gestehen, dass ich auch den Comic nicht kannte. Wer diesen Film noch nicht gesehen hat – ansehen. Jetzt. Hört sofort zu lesen auf, besorgt euch diesen Film und guckt ihn euch an.

„V For Vendetta“ packt mich jedes Mal aufs Neue. Das mag an der Story liegen, welche von einer Welt erzählt, die über Propaganda und „Stadtwachen“ kontrolliert wird. Deren „Herrscher“ sich als das alleinige Monopol über alles stellt. Einer Bevölkerung, die alles hinnimmt, ihrer Arbeit nachgeht und kein einziges Mal nachdenkt, was gerade passiert bzw. es passiv hinnimmt. Leute, die verschwinden und nie wieder auftauchen, aber niemand traut sich nachzufragen.

In diesem Sumpf aus Rädchen, die sich drehen, weil sie „ja nur ihren Job“ machen, wird jede und jeder einzelne eine Rolle spielen. Der Plot ist dicht, keine Szene ist zu viel und jeder Figur darin ist wichtig. Und alles wird zusammengehalten von – nein, nicht von V (Hugo Weaving), sondern von Evey (Natalie Portman), der plötzlich die Augen geöffnet werden. Sicher, Hugo Weaving ist es zu verdanken, dass V trotz Maske großartig Emotionen vermittelt (Originalton!), aber es ist klar Evey, welche die mit Abstand größte Wandlung im Film durchmacht.

Was mich allerdings immer wieder zum Staunen bringt und mir eine Gänsehaut nach der anderen den Rücken hinunter jagt, ist die Storyline von Stephen Reas Charakter Finch. Der Polizist im Auftrag der Regierung, der den Terroristen fangen soll und nach und nach dahinterkommt was wirklich passiert ist und noch immer passiert. Bis er am Ende versteht, was passieren wird/muss (siehe Gänsehaut-Momente).

Das Drehbuch haben die beiden Wachowski-Geschwister (früher Brüder, mittlerweile Schwestern) verfasst und ich muss sagen, sie haben ganze Arbeit geleistet. Die Graphic Novel von Alan Moore ist gekürzt, zusammengefasst und teilweise verändert (ich habe sie nach dem Film nachgeholt), aber dadurch verliert sie nicht an Kraft, sondern gewinnt an Spannung. Und die vielen kleinen Geschichten, welche dafür explizit herausgenommen und erzählt werden sind immer wieder traurig-schön.

Die Regie hat James McTeigue übernommen, der zum Beispiel bei „Ninja Assassin“ bewiesen hat, dass er Action kann. Hier beweist er allerdings, dass er etwas anderes sehr gut kann: Atmosphäre und Charaktere und Worldbuilding. Der wahre Held ist allerdings Martin Walsh, der den Film geschnitten hat – denn manche Szenen sind einfach dermaßen perfekt geschnitten, dass allein diese einem schon die Tränen in die Augen treiben können (im positiven Sinne). Der gute Mann hat übrigens auch „Wonder Woman“ und „Justice League“ geschnitten. Ist also immer noch gut im Geschäft.

Auch wenn Alan Moore die Verfilmungen seiner Graphic Novels hasst – und manche vermutlich zurecht – so ist für mich „V For Vendetta“ dennoch ein Meisterwerk von einem Film. Und heutzutage wichtiger als je zuvor. Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in welcher ich den Film nicht großartig fand. Aber noch weniger fällt mir ein Film ein, der seit seiner Entstehung bis dato immer wichtiger, relevanter und (erschreckenderweise) aussagekräftiger wurde.

Es würde so viele Zitate geben, die man aus diesem Film nehmen könnte, aber dieses hier fasst es wohl am besten zusammen: „Die Regierung sollte ihre Bürger fürchten und nicht die Bürger ihre Regierung“.

Ihr fragt euch, warum (die Hacker-Gruppe) Anonymous Guy Fawkes-Masken tragen? V. V ist der Grund. Jetzt wisst ihr es.

„V For Vendetta“ bekommt von mir 10 von 10 möglichen, sich keinen Fehler erlaubende und alle Erzählstränge perfekt verknüpfende, Punkte.

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