Solo: A Star Wars Story (Filmkritik)

Auf dem Schiffbau-Planeten Corellia, plant ein kleiner Ganove und sehr talentierter Pilot namens Han (Alden Ehrenreich) gemeinsam mit seiner Herzensdame Qi’ra (Emilia Clarke) die Flucht vor einer lokalen Gangsterbande. Der Plan gelingt, doch in letzter Sekunde werden die beiden getrennt und Han schwört sich, so bald es ihm möglich ist, zu ihr zurück zu kehren.

Drei Jahre später – nachdem er wegen Insubordination aus der imperialen Flugakademie geschmissen wurde – befindet er sich als Mitglied der Infanterie mitten in einem Kampf, als er den Gangster Beckett (Woody Harrelson) und seine Truppe kennen lernt, die sich als Soldaten verkleidet haben und etwas zu verbergen scheinen. Eine haarige Begegnung mit einem Wookiee später, befindet er sich auf deren Schiff und macht sich auf, zum bisher größten Abenteuer seines Lebens…

Zuerst mal kurz zu den vielen wohl bereits bekannten Hintergründen. Im Vorfeld gab es so einige Probleme mit dieser Produktion. Die Regisseure Chris Lord und Christopher Miller (The Lego Movie) wurden wegen kreativen Differenzen gefeuert und Ron Howard (Apollo 13, A Beautiful Mind) wurde angeheuert, um die Sache wieder hinzubiegen. Der Hauptdarsteller könne angeblich nicht spielen und Disney selbst glaubt sogar daran, dass sie hier einen Flop produziert haben. Hätten sie nach Die letzten Jedi auch verdient, haben sich dabei sicherlich ein paar treue Fans gedacht.

Ich persönlich habe zwar alle gesehen, bin aber kein Fan der Star Wars Filme (auch nicht von den drei Originalen, die sind nur Kindheitserinnerungen für mich). Was ich jedoch sehr spannend finde, ist die Welt, die George Lucas hier geschaffen hat. Passend dazu ist Solo auch kein Star Wars Film sondern „nur“ ein Abenteuer, dass in diesem Universum spielt. Seit Disney die Rechte an Star Wars erworben hat ist dies der vierte Film und nach Rogue One der zweite, sogenannte Anthologie-Beitrag. Ein „Stand Alone Abenteuer“ also, zeitlich angesiedelt irgendwo nach Episode 3 und noch vor Rogue One.

„Rooting for the underdog“. So und nun kommt etwas, womit ich selbst nicht gerechnet hätte: Ich kann von allen Star Wars Filmen, mit Solo am Meisten anfangen. Ja, jetzt hab ich es gesagt. Mal schnell rekapitulieren: Die alte Trilogie (Episode 4-6) ist Kult, ich fand aber die drei Indiana Jones immer schon besser (irgendwie musste man sich da bei uns damals für eines entscheiden). Episode 1-3 haben sehr viele Stellen, die mich einfach ärgern, bzw. beim Ansehen weh tun. Episode 7 ist zu sehr Kopie und ich mag die meisten Charaktere nicht. Rogue One hat mich seltsam kalt gelassen und Episode 8 fühlt sich so an, als hätte man auf die alten Fans völlig gepfiffen (und ich spüre das, obwohl ich nicht einmal einer bin).

Solo schafft es hingegen, den Charme der ursprünglichen drei Teile mitzunehmen, der auch dann nicht verloren geht, wenn er auf die moderne Optik trifft. Natürlich funktioniert dieser Film nur bzw. am Besten, wenn man sämtliche Figuren kennt und ein Gefühl für sie, im Hinterkopf/Unterbewusstsein hat. Darauf setzen auch die Macher und deshalb gehören Szenen, in denen Han seinen Nachnamen bekommt, auf Chewbacca und Lando Calrissian trifft oder wie er zum Millennium Falken kommt, klar zu den Highlights und ich musste bei jeder von diesen Szenen breit Grinsen.

Ja, man weiß jeweils bereits kurz vorher was kommen wird, jedoch will man es dennoch unbedingt sehen. Nun zu einer Grundsatzfrage: ist ein Film schlecht, wenn ich von den Charakteren gerne mehr gesehen hätte, weil er sozusagen die Figuren zu wenig zeigt oder hat so ein Film gerade alles richtig gemacht, weil man eben mehr von diesen Leuten sehen möchte? Ich bin klar bei der zweiten Antwort-Möglichkeit. Dieses Thema schneide ich jetzt nicht nur wegen den bekannten Figuren an. Wie einfach wäre es wohl gewesen, ein paar Langweiler neben die uns vertrauten Helden zu stellen, damit sie noch großartiger wirken?

Passiert ist dann das Gegenteil, denn mir fallen spontan mehr als eine Hand voll neue Persönlichkeiten ein, die ich gerne wieder sehen würde. Da fällt mir sofort die von Phoebe Waller-Bridge (Goodbye Christopher Robin) genial lakonisch gesprochene Droidin L3-37 ein, die ihre Bestimmung sucht, sich auflehnt gegen das System und zu ihrem Besitzer Lando eine Beziehung hat, über die man wohl länger diskutieren könnte. Oder Emilia Clarke (Terminator 5) als Qi’ra, spannend auf Grund ihrer Ambivalenz und der Ganove Beckett (Woody Harrelson, wie immer in bester Spiellaune) plus seine beiden Crewmitglieder. Für meinen Liebling unter den neuen Figuren, gibt es jetzt einen kurzen Absatz mit SPOILERN:

Enfys Nest (souverän gespielt von Newcomerin Erin Kellyman), Anführerin der Cloud-Rider Piraten. Als wir ihr erstmals begegnen, wird sie als Gegnerin unserer Helden in die Handlung eingeführt und man glaubt sie sei ein Mann. Das Ende mit ihr ist dann für mich wirklich eine Überraschung gewesen. Ist sie der Funke, der die Rebellion gestartet hat? Die Kraft und die Coolness dieser Figur ist einfach jenseits sämtlichen Zeitgeistes angesiedelt und ich stehe voll hinter Fans die wollen, dass sie einen eigenen Spin-Off Film spendiert bekommt. SPOILER ENDE

„Han shot first…again“. Alden Ehrenreich (Hail, Caesar!) lebt für mich die Figur des Solo, deshalb ist er auch so gut. Arrogant, vorlaut, draufgängerisch und im Herzen ein richtig guter Kerl, wovon er aber nichts wissen will. Ebenfalls perfekt gecastet ist Donald Glover (Der Marsianer) als Lando und die Chemie mit Han stimmt einfach. Chewabacca war schon lange nicht mehr so lebendig und ist hier echt ein eigenständiger Charakter, nicht nur ein Kerl in einem Kostüm. Paul Bettany (Avengers: Infinity War) schließlich als Bösewicht Dryden Vos macht seine Sache gut, hat eine bedrohliche Ausstrahlung, ist aber einfach eine eher beliebige Figur. Dass die wahre Gefahr von der Organisation für die er arbeitet ausgeht, das wiederum spürt man klar.

Was gibt es noch zu sagen. Die Effekte sind wie immer bei Star Wars perfekt, die Kostüme, Aliens, Raumschiffe und Settings sind einfallsreich und wirken detailreich/liebevoll designed und saugen in diese andersartige Welt hinein. Der Score von Komponist John Powell ist klassisch, aber doch eigenständig (vor allem die Chöre bei den Auftritten von Enfys Nest haben mir gefallen). Die Action ist spannend, vom Bild her übersichtlich und streckenweise wirklich atemberaubend inszeniert. Und die Story, da habe ich nichts Neues erwartet oder wollte erfahren, was Han für ein Mensch ist, denn das habe ich bereits „gewusst“. Alten Charme in neuem Gewand habe ich jedoch noch nie so stimmig gesehen wie hier. P.S.: Vergesst die Trailer, die sind allesamt um einiges schlechter, als der Film selbst.

Hat der Film also eine Daseinsberechtigung oder melkt Disney nur sein Hit-Franchise, bis die Fans nicht mehr mitspielen? Ja, das tun sie, aber nicht mit Solo. Schon alleine bei den Easter Eggs, zum Beispiel als Qi’ra ihren Kampfstil kommentiert und dies einen Bezug zu einem alten Playstation Star Wars-Spiel hat oder der Cameo-Auftritt eines beliebten Charakters, dessen weiteres Schicksal – nach seinem ersten Auftritt – man in den Clone Wars und Rebels Serien verfolgen konnte, das nenne ich Fan-Service und das lässt Nerd-Herzen höher schlagen. Besonders auch für mich, der ja nicht die Filme am meisten schätzt, sondern diese Welt und viele der Figuren.

Nachtrag: Mittlerweile ist klar, dass wohl die Wut über Star Wars 8 (plus diverse andere Gründe), nun Solo abbekommen hat und deshalb wird das Einspielergebnis, weit hinter den Erwartungen liegen. Das bedeutet aber nicht, dass wir Figuren aus dem Film, nicht in einem anderen Star Wars Abenteuer wieder treffen könnten. Ich habe den Film mittlerweile vier Tage nach der Erstsichtung ein weiteres Mal gesehen und muss sagen: ich bleibe bei meinem Ersteindruck und musste keinen einzigen Satz meiner Kritik abändern.

„Solo: A Star Wars Story“ bekommt von mir daher 8,5/10 seinen Weg mit einigen prägenden Umwegen gehende Empfehlungspunkte.

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One thought on “Solo: A Star Wars Story (Filmkritik)

  1. Sehr schöner Bericht. Danke. Also ich fand den Film mega. Der junge Han Solo und Lando spitze!
    Besonders die Optik war atmenberaubend ( der Zug! )

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