Kill Your Friends (Filmkritik)

London im Jahre 1997. Die britische Popmusik erlebt mit Bands wie Oasis und Blur gerade einen Höhenflug. Der 27 jährige Steven Stelfox (Nicholas Hoult) arbeitet bei einer Musikfirma als A&R – Mann (steht für Artists and Repertoire, er ist somit für die Talentsuche und die künstlerische Entwicklung von Gruppen und Songwritern zuständig) und hat eine sehr eigene Vorstellung davon, wie die Musikbranche funktioniert.

Seiner Meinung nach weiß keiner wirklich was hier tatsächlich läuft, Erfolg hängt vom Zufall oder dem derzeitig vorherrschenden Zeitgeist-Gefühl der Massen ab. So lebt er seiner perfekten Welt mit Drogen, Alkohol und Frauen, benutzt dabei Menschen wie er sie gerade braucht und lebt somit seinen Traum, immer weiter in der Hierarchie aufzusteigen. Zu welchen Mitteln wird dieser Soziopath greifen, wenn ein paar „Kollegen“, seinen Zielen klar im Wege stehen?

Kill Your Friends

Der Roman „Kill Your Friends“ stammt aus dem Jahr 2008 und ist das Debüt des schottischen Autors John Niven. Das Buch wurde beschrieben als verrückt, voll mit bösartiger Schadenfreude, Vergleiche mit „American Psycho“ folgten. 2016 wagt sich nun Regisseur Owen Harris (The Gamechangers) an eine Verfilmung des Stoffes und hat mit Nicholas Hoult (Warm Bodies) einen Hauptdarsteller gefunden, der auch als Produzent fungierte und sichtlich Spaß an der für ihn ungewöhnlichen Rolle des (nennen wir ihn der Einfachheit halber) Bösewichts hatte.

„Failure is a lonely rapist, hiding in the bushes.“ Das Buch selbst habe ich persönlich nicht gelesen. Was ich an dem Film spannend finde, kommt daher vielleicht in geschriebener Form, ganz anders daher. Aber egal, zurück zum Film. Die Musikbranche und wie sie hier hinter den Kulissen funktioniert, da steckt sicher auch eine Portion Satire drinnen, doch hängt über dem gesamten Szenario dieser bittere Beigeschmack, dass es mancherorts doch eben genau so abläuft. Es zählt alleine der Erfolg (wo ist das eigentlich nicht so), Talent ist unwichtig oder sogar störend, alles wird wenn es gut ankommt schnell hoch-gehypt und dann noch schneller wieder fallen gelassen.

So weit so unsympathisch, aber so ticken wir Menschen als breite Masse gesehen eben. Das ist die Welt von Steven und genau sein Weg ist es dann auch, der diese Story für mich spannend macht. Irgendwo zwischen Ekel und Faszination beobachtet man ihn, wie er Menschen permanent ins Gesicht lügt, sie manipuliert und peinlichen Situationen aussetzt. Er hasst im Prinzip die Musikszene, kennt sich auch nicht damit aus was „gute“ Musik ist, ist im Pokerspiel um die Gunst der Massen aber sehr geübt. Er hat daher genau in dieser Branche die größte Chance das zu bekommen, was er am meisten liebt und das ist Erfolg.

Dass er zwischen durch immer wieder in die Kamera schaut, mit uns Zusehern redet und uns erklärt wie der Hase läuft, verstärkt zusätzlich seinen Coolness-Faktor, genau wie die Sequenzen, in denen man hört und sieht was er wirklich denkt, nur um gleich darauf der freundlich-geschleimten Version zu lauschen, die er dann tatsächlich von sich gibt. Begleitet wird sein Treiben von Songs einiger bekannter Bands: The Chemical Brothers, The Prodigy, Radiohead, Primal Scream und einige mehr tummeln sich hier auf dem Soundtrack.

Nicholas Hoult (Mad Max: Fury Road) trägt einen Großteil des Filmes alleine und das macht er mit Bravour. Seine eiskalt manipulative Art und seine beinahe kindlich irritiert wirkenden Wutausbrüche, die er bekommt wenn etwas nicht nach Plan läuft bzw. seine Masche nicht gut ankommt, es ist schon eine Freude da zuzusehen. Er ist weder Held noch Antiheld, sondern einfach ein Egoist, der für den ersehnten Ruhm auch bald schon nicht nur im übertragenen Sinn, über Leichen geht. Klar hinterlassen da alle um ihn herum weniger Eindruck, doch vor allem die Figuren, die mehr mit der von Hoult agieren, werden ebenso sehr stark gespielt.

Erwähnen muss ich aber noch die Gastrollen, die einfach schräg und überdreht sind. Vor allem Moritz Bleibtreu (Nicht Mein Tag) als Rudi ist mir im Gedächtnis geblieben, da er sich hier völlig enthusiastisch als König des Overacting präsentiert und seinen sicheren Zukunftshit „Suck My Dick“ an den Mann bringen möchte. Ed Skrein (Deadpool) ist fast schon liebenswert in seiner Überforderung mit seiner völlig untalentierten Girlband (ja, die landen einen Hit, was denn auch sonst) und James Corden (Into the Woods) als A&R Mitarbeiter, der ist einfach fertig vom ständigen Drogenkonsum und angenehm naiv als Gegenpol zum zynischen Steven.

Der ganze Film lebt somit von Bösartigkeiten, gepaart mit psychischen und zunehmend auch physischen Grausamkeiten. Hoult ist in absoluter Hochform und das rettet dann auch das Gesamterlebnis, denn vor dem Finale, geht der ganzen Sache genau wie Steven, etwas die Luft aus. Das Fehlen einer Identifikationsfigur, ist dann auf die Dauer doch irgendwie lähmend. Die letzten 20 Minuten dafür, da hatte ich dank der schrägen Inszenierung und der Auflösung, in der die perfiden Pläne von Steven alle zusammen laufen, klar meinen Spaß (und hab mich danach schlecht gefühlt versteht sich).

„Kill Your Friends“ bekommt von mir 7/10 dem Rausch des Erfolges alles andere unterordnende Empfehlungspunkte.

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