Sleepaway Camp aka „Das Camp des Grauens“ (1983 Filmkritik)

Nachdem ihre Familie bei einem Bootsunglück ums Leben gekommen ist wird Angela (Felissa Rose) bei ihrer Tante und ihrem Cousin Ricky (Johnathan Tiersten) untergebracht. Diese schickt die beiden im Sommer auf das Camp Arawak. Dort angekommen ist rasch klar, dass die anderen Angela nicht mögen, denn sie ist schüchtern, zurückhaltend und spricht nicht wirklich. So wird sie immer mehr zu einem Mobbing-Opfer. Einzig Paul (Christopher Collet) findet Zugang zu ihr.

Aber dann fangen Menschen an zu sterben und vor allem jene, die sich schlecht benehmen, werden nach und nach um die Ecke gebracht …

1983 kam dieser kleine, fiese und politisch völlig unkorrekte Slasher ans Licht der Öffentlichkeit und wurde damals ein so genannter Sleeper-Hit. Soll heißen: Er ging unter und erst durch die Auswertung auf VHS (wenn das noch jemand kennt) bekam er so etwas wie Kultstatus. Damals vor allem wegen seinem schockierenden Ende. Ein Ende, dass auch heute noch Menschen schockiert, die den Film sehen, wenn man den Berichten im Internet glaubt, aber irgendwie … kann ich mir das schwer vorstellen. Ja, das Ende ist mit Twist versehen und ja, es war für damals sicher richtig heftig, aber jene, die 2024 davon noch schockiert oder gar überrascht sind, die haben vermutlich noch nie zuvor einen Slasher gesehen. Wobei … es fühlt sich definitiv anders an.

Eine Aussage, die allerdings für den gesamten Film gilt. Der Anfang ist noch halbwegs normal (im Kontext der 80iger), aber spätestens als die Tante auftritt – die klar ein gröberes psychisches Problem hat, was sich später ja in meinen Augen auch bestätigt – wird klar: Dieser Film ist anders als andere. Denn: Quasi alle Figuren hier haben richtig einen an der Waffel.

Ob man jetzt das einzige junge Mädchen im Camp nimmt, die bereits Brüste hat (Judy, gespielt von Karen Fields) und deshalb auf alle anderen Mädchen sauer sind, wenn diese Aufmerksamkeit von Jungs bekommen (wie zum Beispiel Angela von Paul), dann mutet das 2024 schräg an. Oder Meg (Katherine Kamhi), die was mit dem Besitzer des Camps (der viel, sehr viel älter als sie ist) laufen hat. Oder – und das war hoffentlich damals schon irre – der Koch des Ferienlagers, der allen ernstes am Anfang bei der Lagerankunfte einem Kollegen erklärt, es würde Frischfleisch auftauchen – worauf dieser meint, die Mädchen wären zu jung und vom Koch als Antwort bekommt, dass es „keine zu jungen Frauen“ gibt. Und niemand(!) widerspricht ihm.

Ja, zugegeben, der Koch ist der erste, den es erwischt und er ist auch der Charakter, der es absolut verdient hat. Die anderen … nun, das ist eine Standpunktfrage.

So gesehen könnte man den Film als „Anti-Mobbing“-Message verstehen, aber ich denke, da gibt man dem Film zu viel Ehre. Ich denke, hier ging es einfach darum, anders als die anderen Slasher der Zeit zu sein. Robert Hiltzik, der für Regie und Drehbuch verantwortlich zeichnet, hat tasächlich nur bei diesem Film hier und einem von Fans ermöglichten zweiten Teil (der Sleepaway Camp II und III völlig ignoriert) namens „Return To Sleepaway Camp“ im Jahr 2008 Regie geführt. Das war es dann. Ich gehe also nicht davon aus, dass er mit seinen Filmen die Welt verbessern wollte.

Wie dem auch sei: Der Film ist aus heutiger Sicht auch noch schlecht gespielt – also so wie es in den 80igern in dieser Art Film Standard war. Alles im Rahmen – aber halt trashig sondergleichen. Das gilt auch für die Effekte, die Kamera und alles andere.

Zurück zum Ende des Films, welches zwar wenig überraschend, aber dennoch ziemlich gut und unheimlich ist – also das letzte Bild im Film mit Sound und so – das geht immer noch unter die Haut.

Was ich aber wirklich cool finde, ist das man manche Szenen im Film (ich will jetzt nicht spoilern) wirklich anders sieht und anders bewerten muss, als davor. Es gibt zum Beispiel bei einem Kuss eine kurze Einblendung dazwischen, die quasi eine Erinnerung ist und die dazu führt, dass er Kuss verfrüht endet. Das irritiert zuerst, weil man keinen Kontext hat, wieso diese Einblendung denn jetzt diese Konsequenz hatte – nach Ende des Films ist das (und viel mehr) stimmig. So gesehen also ist der Film tatsächlich gut durchdacht, was man aufgrund der Optik und der Qualität der Schauspieler als auch der Effekte anfangs nicht denken würde.

Tatsächlich ist das die größte Überraschung des Films: Da hat sich jemand wirklich überlegt, wie er bereits während dem Film Dinge einbauen kann, die beim zweiten Mal ansehen erst so richtig Sinn ergeben, weil man den neuen Kontext hat. Quasi „Der Sechste Sinn“ – nur halt schon Jahre früher.

Also selbst wenn Hiltzik die Welt nicht verbessern wollte, so hat er sich zumindest darum gekümmert, seiner:m Mörder:in einen Kontext zu setzen als auch eine Geschichte und einen inneren Konflikt zu geben. Und sind wir ehrlich: Das ist mehr als man von 90% der Slasher der 80iger erwarten konnte. Und ja, tatsächlich war der Film seiner Zeit weit voraus. Auch wenn ihn heute niemand mehr in dieser Form produzieren würde. Das kann man, denke ich, auch so sagen.

„Sleepaway Camp“ bekommt trotz der ungewohnt schrägen Figuren und der schlechten Optik unerwartet hohe 7,5 von 10 möglichen, auch 2024 noch zumindest interessant seiende, Punkte.


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