Robocop – Rogue City (Game-Review)

Cain ist tot. Robocop hat die Stadt wieder sicher gemacht, falls das in Old Detroit überhaupt möglich sein sollte. Denn ein „New Guy“ ist aufgetaucht, der mit Geld herumwirft und die Rolle des Oberschurken ausfüllt. Die Gangs in Old Detroit stellen sich quasi an, um für ihn arbeiten zu dürfen. Im Zuge dieser Bandenkriege überfallen die Steel Angels ein Fernsehstudio, nehmen Dutzende Geiseln und lassen ihren Bewerbung für diesen Job übertragen. Diese Bewerbung beinhaltet klarerweise Gewalt und Blut.

Also wird Robocop reingeschickt, um aufzuräumen. Aber einer der Gangster hält eine Frau als Geisel und Robocops menschliche Seite erinnert diese an seine ehemalige Ehefrau. Er hat eine Fehlfunktion. Vor den Augen der Welt, denn alles wird gefilmt und übertragen.

Deshalb bekommt er eine Therapeutin zur Seite gestellt, die die Frage nach Mensch oder Maschine endgültig klären soll. Unter der Anleitung von Max Becker, der für OCP arbeitet und jetzt auch die Polizei leitet. Und der will eine Roboterarmee, denn die ist billiger und führt Befehle ohne Hinterfragen aus.

Als wäre das noch nicht genug, wird auch noch ein Polizist vermisst, der einer heiklen Sache auf der Spur war. Und vor all dem steht immer noch die Frage, ob Old Detroit abgerissen und Delta City auf seinen Grundmauern gebaut werden soll …

Teyon hat sich mit den Versoftungen von großen Lizenzen zwar einen Namen gemacht, aber keinen allzu tollen. Das kann man nach „Rambo – The Video Game“ durchaus so sagen. Ein Rail-Shooter mit wenig Spaßfaktor, wenn man nach den Kritiken geht. Die Terminator-Lizenz wurde scheinbar besser genutzt, aber auch da haben sich die euphorischen Reviews eher in Grenzen gehalten.

Also war die Erwartungshaltung gegenüber „Robocop: Rogue City“ eher verhalten. Niemand hat erwartet, dass das Spiel irgendwie gut wird. Und damit lagen viele falsch. Denn Robocop: Rogue City ist ein gutes, meines Erachtens sogar ein sehr gutes Spiel geworden.

Ob ihr damit Spaß habt, hängt allerdings stark davon ab, was ihr von einem modernen Shooter erwartet. Und mit „modern“ meine ich 2023 bzw. 2024 erschienen. Nicht zwingend modern in der Optik oder der Inszenierung oder auch dem Gameplay. Denn Robocop bricht mit ein paar der aktuellen Standards: Es ist langsam, denn Robocop bewegt sich langsam. Es gibt kein Ducken, kein Verstecken und keine Wall-Runs oder ähnliches neumodernes Zeug.

Stattdessen bewegt man sich in der First-Person-Perspektive eher gemächlich durch die Gegend, schießt meist mit der gleichen Knarre und putzt reihenweise böse Jungs von den Füssen oder schießt ihnen die Arme, Beine oder Köpfe weg. Denn blutig ist das Spektakel absolut – das passt aber auch zur Grundstimmung der ersten beiden Filme.

Es gibt natürlich auch ein paar Fähigkeiten, die man upgraden kann indem man Missionsziele (rette alle Geiseln) erfüllt oder Nebenmissionen annimmt (die meisten mit kleinen, guten Geschichten, die sich fein in die übergeordnete Story einfügen). Dafür bekommt man Erfahrungspunkte, die man dann frei verteilen kann. Diese Fähigkeiten wirken sich auch wirklich aufs Spielgeschehen und -gefühl aus.

Auch die Pistole kann man – später im Spiel – upgraden, was ein kleines Minispiel beinhaltet bzw. nette Puzzels. Findet ihr Platinen, dann könnt ihr bestimmte Knotenpunkte mit Bausteinen besetzen und je nachdem wohin ihr welche Teile setzt bekommt eure Knarre einen Bonus oder ein Minus auf diverse Funktionen. Es gibt sogar ein paar Sonder-Fähigkeiten, welche die Knarre freischalten kann. Ein paar davon hilfreich (nicht mehr nachladen müssen) und ein paar davon einfach für die Atmosphäre (wie noch mehr Splattereffekte (als wären nicht schon genug im Spiel)).

In den Nebenmissionen gibt es viel zu quatschen, herumzulaufen, Dinge zu scannen und auch immer wieder – was sonst? – viel zu ballern. Dazu läuft man zum großen Teil durch Old Detroit bzw. einen Abschnitt davon und man kommt auch mehrmals zu diesem offenen Hub zurück, wenn auch zu verschiedenen Tageszeiten und die Gegend ändert sich im Fortschritt der Story auch mehrmals, was dazu führt, dass es sich eigentlich für mich nie repetitiv angefühlt hat.

Das große Plus ist also für mich ganz klar die Atmosphäre des Spiels, denn die wird fast perfekt eingefangen. Von der Optik der 80iger, über die Wortmeldungen der Polizisten und der Leute, die Schritt- und Waffen-Geräusche und natürlich: Die Rückkehr von Original-Robocop Peter Weller als Stimme von Murphy. Der legt übrigens eine perfekte Leistung hin.

Allerdings muss ich anmerken, dass die Optik auf Standbildern besser aussieht als in Bewegung. Die Umgebungen sehen teilweise wirklich großartig aus – allein die Wasserspiegelungen in der Nacht – ein Hammer. Aber dafür ruckelt bzw. stottert das Spiel auf der PS5 immer wieder mal. Was bei dieser Grafik schon ein wenig seltsam anmutet, aber hey – ich bin kein Programmierer, was weiß ich, was im Hintergrund alles mitläuft.

Alles in allem läuft die Sache aber rund, ist gut inszeniert und das Gunplay fühlt sich sehr, sehr befriedigend an. Auch später, wenn dann stärker bewaffnete Gegner auftauchen, macht die Sache immer noch Spaß. Wer Robocop-Fan ist wird ohnehin seine Freude haben, wenn die grünen Striche durch das Bild fetzen und die bösen Jungs mit grüner Umrandung markiert werden. Oder wenn man ihnen mit der Auto-9 die Hand abschießt, während die Typen „You just shot my arm off!“ rufen und Blut herumspritzt.

Ja, das fühlt sich nach Robocop á la Paul Verhoeven an.

Auch die Story hat mir wirklich gut gefallen. Auch wenn klar ist, dass alle Storystränge zusammenhängen und auch zusammenlaufen, so gibt es doch die eine oder andere Überraschung und die eine oder andere Figur ist dennoch besser als erwartet getroffen bzw. gezeichnet worden. Wie zum Beispiel die Therapeutin Dr. Blanche, die mir rasch ans Herz gewachsen ist. Oder der neue Cop Ulyssus, der genau die Entwicklung durchmacht, die man erwartet. Oder Max Becker – man liebt es, ihn zu hassen.

Es gibt per se wenig wirklich Neues im Spiel, aber das was es macht – auch auf Storyebene – macht es richtig gut. Ein paar der Levels sind vielleicht ein wenig zu sehr in die Länge gezogen (das Gefängnis), aber da das Gunplay auch später, wie erwähnt, immer noch Spaß macht, hat mich das tatsächlich nicht wirklich gestört.

Die Inszenierung der Story ist gut gelungen mit immer wieder spannenden und cool geschnittenen Cutscenes, wenn auch die Technik immer wieder durch Mängel auffällt. Ich sage nur: Emotionen in den Gesichtern … nicht empfehlenswert. Das wirkt richtig schräg und meist deplatziert. So wie die Gesichter generell im Standbild eher gut aussehen, aber in Bewegung eher … suboptimal sind. Soll sein. Hat mich nach einer Weile nicht mehr gestört, zumal die Synchronsprecher:innen einen tollen Job liefern. Neben Weller sind auch die Charaktere von Captain Reed oder Max Becker perfekt getroffen. Gerade Becker ist extrem cool vertont. Apropos Ton: Ja, die Musik ist die vom ersten Film und ja, das hebt die Sache nochmals nach oben.

Die Story ist zwischen dem zweiten und dritten Teil angesiedelt und funktioniert super, auch die Weiter- bzw. Überleitung in den dritten Teil ist quasi perfekt eingebaut. Und um es zu wiederholen: Es macht Spaß. Es ist dann auch so, dass es ein paar Figuren gibt, bei denen es mir am Ende – wenn dann alles so richtig eskaliert – wirklich ein Anliegen war, sie zu retten und nicht im Stich zu lassen.

Eure Entscheidungen können übrigens die Schicksale einzelner Personen im Abspann verändern. So kann Dr. Blanche zum Beispiel bei einer Attacke durch eine Maschine entweder vor Angst erstarren und sterben oder ihre Furcht durch euch überwunden und überlebt haben. Kleine Details, finde ich aber super.

Alles in allem macht „Robocop: Rogue City“ unerwartet viel Spaß, ist unerwartet umfangreich und atmosphärisch absolut Top. Man merkt an viele Stellen, dass es noch mehr Budget oder Profis beim Polieren mancher Teile gebraucht hätte, aber das sind Kleinigkeiten, wenn das Gesamtprodukt so viel Spaß macht.

Einziges Manko: Es gibt im Spiel (relativ am Anfang) eine Konfrontation mit einem ED-209 (kein Spoiler, das war völlig klar) und dieser Kampf ist ein Horror, denn ED-209 ist völlig overpowert und es ist der mit Abstand(!) schwerste Kampf im Spiel. Das war so richtig, richtig frustrierend. Zum Glück ist danach alles viel besser balanciert, aber dieser Kampf hat mir fast den Spaß versaut.

„Robocop: Rogue City“ bekommt von mir 8,5 von 10, Old Detroit im 80iger-Action-Film-Stil verteidigende, Punkte.


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