Elizabeth Harvest (Filmkritik)

Ihren Traumprinzen, der sie weit weg bringt von der Welt da draußen. Elizabeth (Abbey Lee) hat ihn gefunden. Henry (Ciaran Hinds) ist Doktor, älter, charmant, klug und unheimlich reich. Das Haus in dem sie nun gemeinsam leben ist riesig. Alle Kleider, all der Schmuck, alles Geld gehört nun auch Elizabeth und den beiden Angestellten Claire (Carla Gugino) und dem Blinden Oliver (Matthew Beard), kann sie jeden Wunsch vortragen.

Alles darf sie, nur einen einzigen Raum im Keller darf sie nicht betreten – das musste sie ihrem Mann versprechen – der ist nur für ihn reserviert. Als er bald darauf trotz Flitterwochen für einen Tag geschäftlich vereisen muss, packt sie die Neugierde und sie betritt schließlich dennoch den Raum. Wenn Henry wieder zurück kommt, wird sie den Preis dafür zahlen müssen…

Regisseur, Drehbuchautor und Produzent, dieses Projekt dürfte schon klar der Vision von Sebastian Gutierrez (Hotel Noir) entsprechen, der hier gleich drei Funktionen ausgefüllt hat. Als Inspiration diente ihm dabei das französische Märchen „Blaubart“, wobei davon nur die Ursprungsidee übrig geblieben ist. Was dann daraus geworden ist, ist schwer zu beschreiben ohne Spoiler, ich werde es dennoch versuchen, denn man sollte die Sache am Besten ohne zu viel Vorwissen selbst erleben.

Zunächst ist dieser Film auf die Geschwindigkeit der Erzählung bezogen, sehr zurück gehalten. Es wird viel mit Bildern und Stimmungen gearbeitet, vor allem die unterschiedlichen Farben stehen dabei für bestimmte Gefühle und sind durchgehend sehr präsent. Wie bei einem Märchen wird man ins Geschehen gezogen und weiß irgendwie, dass man nicht mehr abbrechen kann, man muss die Sache bis zum Ende durchziehen, egal was noch kommen mag.

Was dann alles kommt, habe ich so nicht erwartet. Schon länger nicht haben sich bei mir bei einem Film die Gefühle für gleich mehrere der Figuren, konstant immer wieder geändert. Schwarz und weiß gibt es hier nicht, wobei die Tendenz in Richtung schwarz doch klar überwiegt. Wenn aus Liebe Obsession wird, dann gibt es eben keine Gewinner mehr. Nicht los lassen können/wollen ist gemeinsam mit der Liebe wohl das stärkste Motiv, das hier korrumpiert wird.

Man hat also Elizabeth als Identifikationsfigur, jedoch hat sie sich selbst noch nicht gefunden. Kann sie ihrem einnehmenden Ehemann trauen? Oder der alles beobachtenden Dame im Hintergrund? Oder doch dem Blinden, der mehr mitbekommt, als die Sehenden? Es gibt Twists – die ich sehr stimmig finde – und bis zu einem gewissen Grad, kann man bei allen Figuren verstehen, warum sie machen, was sie eben glauben machen zu müssen.

Model Abbey Lee kannte ich bisher nur aus Nebenrollen – Mad Max: Fury Road, Gods of Egypt, The Dark Tower – aber hier sieht man sehr schön, was sie wirklich kann. Ihre Präsenz ist faszinierend und wie sie sich bewegt und mit nur kleinen Nuancen Unterschiede in ihrer Persönlichkeit zeigt, das ist schon richtig beeindruckend. Das Objekt der Begierde eben, dass sich am Weg zur Person zunächst erst mal selbst finden muss.

Ciaran Hinds (Hitman: Agent 47) als Henry ist genau diese Art von verzweifelter Charakter, der exakt weiß, dass er aufhören muss, es jedoch nicht kann. Auch er schafft es mit kleinen Gesten den guten Mann der er einmal war, immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Carla Gugino (Das Spiel) und Matthew Beard (The Imitation Game) spielen spannende Figuren, auch sie haben aus einem grundsätzlich guten Ansatz heraus, einige schlimme Dinge gemacht bzw. zugelassen.

So, ich habe jetzt so gut es ging um die Sache herum geschrieben und über einige Motive könnte man sicherlich länger reden, dafür sollten aber beide Gesprächspartner den Film gesehen haben. Für mich ein angenehm langsamer, (alb)traumhafter, ambivalenter und faszinierender Thriller, der seinen Darstellern großartige Performances entlockt, das Haus zu einem zusätzlichen Charakter macht und neben den spannenden Gefühlswelten, auch optisch völlig überzeugt.

„Elizabeth Harvest“ bekommt von mir 8,5/10 statt Liebe nur Hass erntende Empfehlungspunkte.


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