Sherlock – Staffel 4 (Serienkritik)

Nachdem Magnussen tot ist und Sherlock (Benedict Cumberbatch) abgeschoben werden soll – immerhin ist er ein Mörder, passiert das Unmögliche: Moriarty (Andrew Scott) taucht scheinbar wieder auf. Besser gesagt: Eine Nachricht von ihm. Also bekommt Sherlock Amnestie und wird zurückgeholt. Aber das Problem lässt sich nicht so rasch und leicht lösen und vor allem hält sich Moriarty abgesehen von dieser einen Meldung zurück. Nichts passiert.

Also löst Sherlock weiterhin seltsame Fälle und öffnet dabei Türen in die Vergangenheit seiner Freunde, allen voran natürlich John Watson (Martin Freeman) und Mary (Amanda Abbington), mittlerweile Eltern, die besser geschlossen geblieben wären. Aber auch Mycroft (Mark Gatiss) kommt dieses Mal nicht mit heiler Haut davon.

Dann stand plötzlich der Tod im Raum. Eine Freundschaft zerbrochen. Eine Stimme aus dem Jenseits. Und am Ende, ganz am Ende vielleicht so etwas wie Erlösung als ein großes Geheimnis gelüftet wird und es so aussieht, als wäre das Spiel tatsächlich und wirklich von Anfang an geplant gewesen und im Hier und Jetzt endgültig vorbei.

Zwischenfilm: The Abominable Bride

Meine Blogkollegin hat ja bereits eine Rezension zu diesem Film geschrieben, deshalb halte ich mich kurz. Da die Dreharbeitenn für Staffel 4 durch diverse Engagements der Hauptdarsteller verzögert wurden, wurde ein Zwischenfilm eingezogen. Nämlich dieser hier. Sherlock im 19. Jahrhundert (so gegen 1890 herum). Und auch nicht. Auch hier – und das mehr noch als bei allen anderen Filmen dieser Reihe – gilt: Wer die Vorgängerstaffeln/-filme nicht kennt mag vielleicht Spaß an den Dialogen haben, aber in Summe wird dieser Film keinen Sinn ergeben. Auch die Auflösung(en) und die Zeitebenen – alles nur verwirrend.

Ich habe den Film mit einer guten Freundin gesehen (sie ist ein Sherlock-Freak) und wir waren völlig begeistert, wie gut die Autoren die Mischung zwischen dem Weiterführen der Handlung und einer emotionalen Verarbeitung hinbekommen haben. Auch wird hier Sherlocks Drogenproblem das erste Mal so richtig(!) erwähnt. Das wird deshalb wichtig, weil es in den folgenden Filmen noch eine Rolle spielen wird.

Fazit: Eine extrem surreale Folge und eigentlich mehr eine Spielerei und ein wenig ein Show-Off des Teams, da die Effekte, die Inszenierung und das alles – ja, sowas ist man vom TV nicht gewohnt. Großartig anzusehen, aber wirklich gut finden können ihn vermutlich nur Leute, welche die anderen Filmen auch kennen.

Folge 1: The Six Thatchers

Die Erwartungen waren sehr hoch, schließlich taucht am Ende von Staffel 3 Moriarty wieder auf … nur, um gleich wieder fallengelassen zu werden. Verdammt. Er kommt nämlich tatsächlich nicht vor, er wird nur als im Hintergrund lauernd erwähnt und Sherlock wartet ab. In der Zwischenzeit passiert etwas Unerwartetes: Johns Frau bekommt Probleme mit ihrer Vergangenheit, denkt, sie müsse sie allein lösen und wird von John und Sherlock eines Besseren belehrt.

Während Mary mit ihrer Vergangenheit hadert und kämpft, muss John sich als Vater beweisen – und als treuer Ehemann, was dem Frauenheld John Watson mehr als nur schwerfällt. John weiß um seine Schwäche – und das macht ihm weit mehr zu schaffen als alles andere rund um ihn.

Aber Sherlock wäre nicht Sherlock, wenn er diesen Fall – der seinen Ursprung weit in der Vergangenheit von Mary hat, nicht lösen würde. Dummerweise geht er (wieder einmal) zu weit und seine Arroganz kostet jemanden das Leben. Jemand opfert sich, um ihn zu retten. Das widerum bedeutet das Ende einer Freundschaft. Und dies widerum den freien Fall in die Dunkelheit. Am Ende dieser Folge ist so gut wie nichts so, wie es davor war.

Martin Freeman hat nicht besonders viel zu tun außer sauer drein zu blicken, mit einer wildfremden Person anzubandeln und dann mit sich selbst ins Gericht zu gehen. Benedict Cumberbatch und Amanda Abbington dagegen liefern sich ein schauspielerisches Duell – fast so wie Freeman und Cumberbatch am Anfang der Serie. Sehenswert, aber sicher keine, der „ganz großen“ Folgen. Sozusagen der „Harry Potter und der Halbblutprinz“ unter den Sherlocks, insofern, dass außer dem Tod eines wichtigen Charakters und den Konsquenzen daraus der Rest sehr austauschbar ist.

Fazit: Auf sich allein gestellt wieder eine „Okay“-Folge, welche die Erwartungen allein schon deshalb nicht erfüllen kann, weil das Versprechen am Ende von Staffel 3 (Moriarty) nicht eingelöst wird. Für die Serie an sich, aber ein absolut wichtiger Teil.

Folge 2: The Lying Detective

Sherlock kann mit dem was im Vorfilm geschehen ist nicht wirklich umgehen und stürzt sich in seine Drogen. Er geht unter. Sein Verstand vernebelt und er verliert den Bezug zur Realität. Er bildet sich Gespräche ein, glaubt sich an Dinge erinnern zu können, die nicht passiert sind und ist überhaupt einfach nicht zurechnungsfähig. Wäre da nicht Mrs. Hudson (seine Vermieterin, nicht Haushälterin!), sie sich um ihn kümmert und versucht ihn wieder auf Spur zu bringen, dann wäre es wohl um ihn geschehen.

Denn es gibt da einen sehr schrägen Mann namens Culverton Smith, der reich und angesehen ist, aber seiner Tochter einen Mord gesteht. Sherlock will den Fall lösen, aber er ist einfach zu sehr am Ende mit seinen Kräften und geht letztlich sogar in einer Art Rage auf seinen Verdächtigen los. Zum Glück hat er die Leute rund um ihn, die ihn auffangen und vor seiner eigenen totalen Vernichtung retten.

Diese Folge ist absolut schräg und erst gegen Ende versteht man so richtig, was hier passiert ist. Erneut geht es nicht um den (ehrlich gesagt eher verwirrend begonnenen, aber letztlich sehr simplen) Kriminalfall, sondern darum, was man für seine Freunde tut und wie sehr man sich für sie aufopfert.

Fazit: Auch spannend und in Bezug auf Sherlocks Verfall ziemlich düster (auch wenn er sich überraschend schnell wieder erholt). Die Konsequenzen aus dem ersten Film der Staffel zeigen sich deutlich. Nichtsdestotrotz klar und deutlich nur die Vorgeschichte für den letzten Teil bzw. die Mitte der Story und in diesem Fall sogar mehr als nur deutlich mit einen Cliffhanger versehen.

Folge 3: The Final Problem

Und hier ist sie. Die letzte Folge in welcher sich alles auflöst und die es sogar schafft einen Rahmen von Staffel 1 bis hierhin zu ziehen. Wer in den Filmen auch auf die Zwischentöne gehört hat („You know what happened to the other one“) weiß schon, was los ist.

Das letzte Spiel – das einzige Spiel. Auch wenn Sherlock es nicht wusste – alles, wirklich ALLES was passiert ist, war ein Spiel dessen er sich nicht bewusst war und jetzt erst wird ihm klar, was geschehen ist, wer dahinter steckt und wie hoch der Preis sein kann, wenn er nicht rasch handelt.

Sherlock ist ein Mensch. Mit Gefühl, mit Emotionen und mit Freunschaften. Eine Folge, die zeigt, wie sehr sich John und Sherlock gegenseitig brauchen. Mehr als je zuvor. Natürlich spielen auch alle anderen wieder eine Rolle – unter anderem Andrew Scott als Moriarty (grandios!) oder Mark Gatiss als Mycroft (arrogant und großartig wie immer), aber auch die kleineren und nichtsdestotrotz genauso wichtigen Rollen, wie zum Beispiel Molly (Louise Brealey).

Hier läuft alles zusammen und auch wenn ich persönlich den Monolog aus dem Off am Ende halbwegs schmalzig finde, muss ich doch zugeben ein wenig Tränen in den Augen gehabt zu haben.

Fazit: Ein rundum gelungener Schlusspunkt, der zwar nicht unbedingt plausibel ist, aber im Sherlock-Universum hält man mittlerweile ja eh alles für möglich.

Staffel-Fazit: Es gilt das gleiche, wie für die vorige Staffel: Ohne Vorkenntnisse vermutlich eher belanglos anzusehen und mehr, noch viel mehr, auf die Beziehungen der Charaktere bezogen als die Staffel davor. Hier dreht sich alles um die zwischenmenschliche Ebene. Und in der letzten Offenbarung (The Final Problem) wird klar, dass sich eigentlich das ganze Spiel (spricht: Alle Staffeln) um die Emotion einer einzigen Person gedreht hat. Pech, dass diese Person eben extrem intelligent und nicht ganz echt im Oberstübchen ist. Das Ende mit der gemeinsamen Musik … wundervoll. Eine wundervolle Staffel und ein wundervoller Schlusspunkt für eine grandiose Serie, die es absolut verdient hat, dass die Mitwirkenden Stars wurden.

Eine Serie die Fersehgeschichte geschrieben hat. Auch wenn es gut ist hier einen Schlusspunkt zu setzen. Einen fünfte Staffel wäre – auch wenn ich sie mir wünschen würde – wohl nur noch ein halbgarer Nachschlag. Man merkt auch in dieser Staffel bereits die Abnutzung, zB darin, dass die ersten beiden Filme zwar gut sind, allerdings weit nicht mit den Staffeln 2 und 3 mithalten können. Zum Glück reißt „The Final Problem“ alles wieder raus und rundet die Story dieser Staffel (die Freundschaft von Sherlock und John) perfekt ab.

„Sherlock – Season 4“ bekommt von mir 9 von 10 möglichen, gut zum Abschluss kommende, Punkte.

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