Captain Fantastic (Filmkritik)

Ben (Viggo Mortensen) lebt mit seinen sechs Kindern im Wald und bildet sie aus. Das gilt für den Geist als auch den Körper. Sein ältester Sohn Bo (George MacKay) hat eben die Schwelle vom Jungen zum Mann überschritten und alles fühlt sich gut an – nur Mama fehlt den Kindern.

Wie sich herausstellt gibt es dafür einen guten Grund, denn die hat sich in einer Nervenheilanstalt das Leben genommen. Entegen dem ausdrücklichen Wunsch des Großvaters packt Ben seine Kinder ein und mit dem „Steve“ getauften Bus fährt die ganze Truppe los in die große Stadt und stellt damit nicht nur die Stadt, sondern auch sich selbst hart auf die Probe …

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Ja, Matt Ross und sein Film „Captain Fantastic“ haben da große Vorschusslorbeeren erhalten. Primär aus dem mir bekannten „Arthouse“ oder – wie man in Linz sagt – „Moviemento-Publikum“. So nachdenklich, so klar, so witzig, so erleuchtend und so erfrischend neu. Da muss ja klarerweise eine Enttäuschung auf meiner Seite dabei herauskommen, nicht wahr?

Wobei ich Entwarnung geben muss. Der Film ist wirklich nicht schlecht, wird aber auch keine wie auch immer geartete Revolution im Arthouse-Sektor auslösen, denn dazu ist er zu formelhaft. Man nehme nette, sympathische Außenseiter und stelle sie der Gesellschaft entgegen, um deren Schwächen aufzuzeigen. Ja. Das passiert hier ganz gut und auch auf eine sehr humorvolle Art und Weise. Vor allem die erfrischende Ehrlichkeit mit welcher Vater Ben seinen Kindern auf alle(!) Fragen Antworten gibt, hat mich mehr als einmal zum Lachen gebracht und mir wirklich gut gefallen.

So weit, so bekannt. Filme wie diesen mit einem Thema wie diesem gibt es hundert andere, manche besser, manche schlechter. Was „Captain Fantastic“ vom Rest ein wenig abhebt ist die Tatsache, dass sein Hauptcharakter (gespielt von Viggo Mortensen, „Die Straße – The Road„) nicht immer richtig liegt. Er ist kein strahlender Held, er macht Fehler, er zweifelt an sich, er sieht ein, dass sein Extrem vielleicht genauso mit Makeln behaftet ist wie das andere Extrem. Das funktioniert gut und wird von Viggo „Aragorn“ Mortensen auch glaubhaft und super gespielt.

Schade nur, dass die restliche Handlung so dermaßen platt ist und die Konflikte in der Familie nur breites Gähnen auslösen. Der eine Sohn gibt dem Vater die Schuld am Suizid der Mutter. Der andere will aus diesem Leben ausbrechen und aufs College gehen. Die Töchter scheinen übrigens alle kein Problem damit zu haben im Wald zu leben, zumindest rebelliert keine einzige.

Die Auflösung bzw. das letzte Drittel des Films pendelt dann zwischen „cool, damit habe ich nicht gerechnet“ und „das war sowas von klar“ hin und her, so das letztlich nur ein banaler Durchschnitt hängen bleibt, der in einer für meine Ohren beleidigenden Version von „Sweet Child O’Mine“ von Guns’n’Roses hängen bleibt.

Warum der Film „Captain Fantastic“ heißt ist mir übrigens bis zum Ende nicht klar geworden und die finale Szene im Film ist … nun, sowas von klar unprovokant und mainstreamtauglich, dass ich unweigerlich enttäuscht seufzen musste. Ein netter, kleiner Arthouse-Film mit ein paar großartigen Szenen, der über weite Strecken super gespielt ist und viele Themen anreißt, aber leider keines davon auch nur irgendwie tiefer behandelt. Oh – und Kathryn Hahn und Steve Zahn sind auch kurz mit von der Partie und wie üblich ebenfalls toll. Das gleiche gilt für Frank Langella.

Die Vergleiche, die ich oft lesen musste mit „Little Miss Sunshine“ sind insofern falsch, als die beiden Filme nur eines gemeinsam haben: Es kommt ein Bus darin vor. Punktum.

„Captain Fantastic“ bekommt von mir 6,5 von 10 möglichen, einmal ansehenswerte aber nicht länger hängenbleibende, Punkte.

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