Tone-Deaf (Filmkritik)

Ihr Freund hat sie gerade durch eine Jüngere ersetzt und ihr Boss hat sie gefeuert. Das Leben von Olive (Amanda Crew) hat auch schon mal rosiger ausgesehen. Da ihr ihre Freundinnen raten einfach mal ihre Wohnung hinter sich zu lassen um auf andere Gedanken zu kommen, gibt sie schließlich ihre Skepsis auf.

Sie mietet sich ein altes Haus von einem etwas eigenen, aber an sich netten älteren Herren namens Harvey (Robert Patrick) und merkt schon bald, dass es außer Drogen zu konsumieren, hier nicht wirklich etwas zu tun gibt. Kurze Zeit später wird sie jedoch mehr Action bekommen, als ihr lieb ist, denn Harvey hat seine dunklen Triebe zu lange unterdrückt, nun will er endlich Blut sehen…

Seit seinem Debüt „Excision“ aus dem Jahr 2012, ist Regisseur und Drehbuchautor Richard Bates Jr. für seine Inszenierungen mit Figuren inklusive ausgeprägten menschlichen Abgründen, schrägem Humor und einer ordentlichen Portion Horror bekannt. Seiner Art ist er auch bei seinem vierten Film treu geblieben, wobei er für mich hier klar einen Fehler gemacht hat.

Ich mag die beiden Hauptdarsteller. Trenne ich jetzt aber dieses Gefühl und schaue mir nur die Figuren an, dann sind beide einigermaßen unsympathisch. Unsere „Heldin“ will überall bestmöglich aussteigen mit dem geringsten Aufwand und kommentiert ihr natürlich nicht nach Plan gehendes Leben, mit zynischen Wortmeldungen. Ihre Freundinnen sind oberflächlich und ihr Handy ist ihre engste Beziehung.

Aber macht ja nichts, man kann ja auch einfach dem Bösen zujubeln. Leider nein, denn der ist ein selbstgerechter alter Mann, der in seiner eigenen Welt lebt und deswegen bereits die Beziehungen zu seiner (schon verstorbenen) Frau und seinem Sohn zerbrochen sind. Wenn er in die Kamera redet und über rund ums Millennium Geborene schimpft, dann würde man ihm gerne sagen, er soll doch wieder in sein Loch zurück kriechen.

Highlights sind dafür seine seltsamen Tagträume, die optisch herausstechen und neben schrägen Gefühlen, auch irgendwie auf eine unangenehme Art krank erscheinen. Auch der Drogentrip von Olive, wo ihr Exfreunde und ihr Vater erscheint und sie zu diskutieren beginnt, da muss man schon ein paar mal richtig grinsen.

Ansonsten ist das eben eine Story in der ein Mann – der das Töten nach einem schon lange heimlich gehegten Verlangen, endlich für sich entdeckt hat – auf eine Frau trifft, die nie wirklich gelernt hat, was Leben bedeutet. Was für den einen nur in einem chaotischen Finale enden kann, könnte für die andere Person durchaus ein Neubeginn werden. Dieser Ansatz ist gelungen obwohl ich bezweifle, ob Olive am Ende wirklich etwas gelernt hat.

Robert Patrick kenne ich seit Terminator 2 und sehe ihn immer wieder gerne. Er macht seine Sache gut als Mann, der seinen Frust in sich hinein gefressen hat, bis es zu spät war. Wenn man über ihn lacht, dann muss man irgendwie gleichzeitig auch etwas betroffen schlucken. Amanda Crew (Repeaters) macht das Beste aus ihrer eher undankbaren Rolle, da sie die Verlorenheit ihrer Figur unter all ihren Schutzmechanismen, vielschichtig vermittelt.

Was am Ende bleibt ist ein Film ohne Identifikationsfigur mit abgründigem Humor, der wohl nicht Jedermanns Sache ist. Einige Szenen bzw. Personen-Konstellationen sind sehr gelungen und die Darsteller gehen in ihren Rollen auf, doch am Ende ist man sich nicht ganz sicher, was man da nun wirklich gesehen hat. Eine Satire, sicher, ganz klar, aber auf was eigentlich?

„Tone Deaf“ bekommt von mir 5,5/10 am Ende mit Ehrlichkeit Bindungen stärken könnende Empfehlungspunkte.


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