Operation: Overlord (Filmkritik)

Am D-Day, dem Tag an dem einige geballte Aktionen gegen Hitler ausgeführt wurden, wird eine amerikanische Einheit unter der Leitung von Korporal Ford (Wyatt Russell) damit beauftragt, einen wichtigen Funkturm der Deutschen in einer Kirche in die Luft zu sprengen. Es geht einiges schief, doch schließlich macht sich die vierköpfige Soldatentruppe – unter ihnen Boyce (Jovan Adepo) – auf, den Zielort zu erreichen.

Sie treffen eine junge Französin namens Chloe (Mathilde Ollivier), in der sie eine einheimische Verbündete finden. Und sie werden bald auch jede Hilfe brauchen, die sie bekommen können, denn die Nazis funken nicht nur herum in dieser Kirche, sie experimentieren auch an lebendigen und bereits toten Soldaten und Zivilisten, um ein wirksames Serum für Supersoldaten erzeugen zu können…

Es gab Gerüchte über diesen von J.J. Abrams (Star Trek) produzierten Streifen, er solle als vierter Nachfolger einer Trilogie fungieren (und zwar nach Cloverfield10 Cloverfield Lane – und The Cloverfield Paradox), doch das wurde sofort dementiert und macht im Prinzip auch keinen Unterschied. Tatsache ist, dass Regisseur Julius Avery (Son of a Gun) hier eine eigenständige Geschichte erzählt, die inspiriert wurde von dem belgischen Kurzfilm „Operation ZZ“ aus dem Jahr 2010.

Ich muss schon sagen wow, ich habe hier ein echt intensives Erlebnis hinter mir. Als wahres Kunststück muss man die Tatsache bezeichnen, wie man es geschafft hat, die beiden Genres knallhartes Kriegsdrama und überdrehte Mutanten/Zombie-Action, zu einem homogenen Ganzen zu vereinen. Und nein, das ist keine filmische Version eines „Call of Duty“ Zombie Modus, hier geht es fast schon ironischer Weise, viel mehr um die Charaktere.

Zu Beginn wird man wörtlich ins Kampf-Geschehen hinein geworfen. Diese Szenen nehmen neben dem Offensichtlichen auch deshalb mit, weil man als Zuschauer immer nahe an Boyce dran ist, was eine gewisse Intimität trotz all des Wirbels erzeugt. Dann nimmt sich der Film einige Zeit, die wichtigsten Figuren zu etablieren und streut immer wieder Momente ein, die darauf hinweisen, dass hier etwas nicht stimmt.

Wenn dann der Wahnsinn beginnt, klammern sich manche an das Erfüllen der Mission, andere sind sich sicher, dass man diese Experimente unterbinden muss. Die Spannung bis zu diesem Zeitpunkt, liegt in der Luft und ist zu keinem Zeitpunkt, wirklich weniger geworden. Nur Durchschnaufen, ja, das war möglich. Für ein stimmiges Finale, in dem sich alle Gefühle entladen, braucht es dann kein Overkill zu sein mit hunderten Mutanten, es gibt sogar im Prinzip nur drei Auseinandersetzungen mit einzelnen Kreaturen.

Die sind dafür dementsprechend intensiv und knackig, Regisseur Avery ist sich durchaus bewusst, dass man mit langgezogener Action, schnell langweilen kann. Auch die Brutalität wirkt „natürlich“ auf Grund der Story, angeblich wurde ja circa eine Minute für die Endversion des Filmes entfernt, was vermutlich auf den Heimkino-Versionen, dann wieder vorhanden sein wird. Es passt aber genau so, man merkt nicht dass etwas fehlt und harmlos ist dennoch ganz klar etwas anderes.

Eine filmische Szene mit vorgegebenen Verlauf, gefolgt von einem großen Gebiet zum freien Bewegen, Ressourcen sammeln und Zeit mit Charakteren zu reden, um Informationen zu sammeln. Dann ein, zwei Zwischenbosse und schließlich der finale Bossgegner. Anleihen an Filme: siehe die Dame mit Flammenwerfer treu nach Ripley (aus den Alien Filmen) und den Bösewicht mit dem „Joker-Grinsen“. Ich finde es toll, dass man den Film genau so anschauen kann und seinen Spaß hat, jedoch funktioniert er genau so auch ganz ohne Metaebene, als Horror-Drama mit übernatürlichem Einschlag.

Jovan Adepo (Mother!) als Boyce ist das Herz des Filmes. Er ist überfordert, wäre lieber nicht im Krieg und reagiert auf sein Umfeld, ohne die Mission über alles zu stellen. Während er an seiner harten Schale arbeitet, kracht er öfters mit seinem Vorgesetzten Ford zusammen. Der wird von Wyatt Russell (22 Jump Street, er ist cool wie sein Vater Kurt) gespielt und der wiederum muss unter seiner harten Schale, den weichen Kern wieder ausgraben. Er erklärt sich nie, man erahnt nur Sachen, genau das macht ihn spannend.

Was mich zur einzigen wichtigen Dame hier bringt und das ist die Französin Mathilde Ollivier (Boss Level) als Chloe. Sie ist nicht die (dem aktuellen filmischen Zeitgeist entsprechende) Superfrau, sie ist vor allem psychisch stark und weiß sich zu wehren, wenn ihr Beschützer-Instinkt einsetzt, dann dreht sie jedoch auch physisch auf und greift zur Waffe. Jeder der drei Hauptfiguren kann alleine bestehen, es gibt jedoch auch Momente, in denen sie alleine verloren wären. Eben das macht dieses interessante Trio so stark für mich, plus die Performances und das Spielen mit Klischees.

Insgesamt daher für mich ein weit klügerer Film, als ich es erwartet hätte. Ein sehr gelungener Mix der Genres Krieg-Drama-Horror, ebenso der Ebenen, wie man den Film betrachten kann. Getragen von einer dichten Inszenierung, unverbrauchten und voll in ihren Rollen aufgehenden Darstellern und gruseligen Elementen, die unter die Haut gehen. Toll, dass es so ein Film ins Kino geschafft hat, denn so etwas sieht man wirklich selten (abgesehen von Festivals) auf der großen Leinwand.

„Overlord“ bekommt von mir 8,5/10 Grausamkeiten unterbindende und nicht selbst ausnutzende Empfehlungspunkte.


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