Equilibrium (Filmkritik)

Im Jahre 2072 herrscht in der Stadt Liberia ein totalitäres Regime unter der Führung eines Mannes (Sean Pertwee), der von allen Vater genannt wird. Nach dem dritten Weltkrieg wurde eine Droge namens Prozium entwickelt, die menschliche Gefühle unterdrückt. Seitdem gibt es keine Kriege mehr und keine Verbrechen. Alle Gegenstände, die Gefühle wecken könnten gelten als verboten.

Wer gegen diese Gesetze verstösst und zum Beispiel Bilder, Musik oder Parfüms besitzt, wird erbarmungslos gejagt von den sogenannten Klerikern, speziell ausgebildeten Kämpfern, die direkt Vater unterstellt sind. Einer der besten von ihnen ist John Preston (Christian Bale), der gerade seinen Partner Partridge (Sean Bean) erschießen musste, da er diesen als „Gefühls-Straftäter überführt hatte. John kommt daraufhin ins Grübeln und zerbricht unabsichtlich die Ampulle mit seiner morgendlichen Dosis Prozium…

Equilibrium

Regisseur Kurt Wimmer ist vor allem bekannt für seine Arbeit als Drehbuchautor (Salt, Gesetz der Rache). Auf diese Funktion hat er sich mittlerweile seit Jahren wieder beschränkt. Sein erst zweiter Film als Regisseur, Equilibrium aus dem Jahr 2002, konnte bei Kosten von 20 Millionen Dollar nur 5 wieder einspielen und der Nachfolger „Ultraviolet“ vier Jahre später, viel dann zusätzlich auch noch bei sämtlichen Kritikern durch. Ich finde es ja eigentlich schade dass er nicht mehr selbst seine Stories verfilmt, denn visuell hat er die Gabe, mit seiner bestechend visuellen Inszenierung zu beeindrucken.

Hinzu kommt dass einiges an Vorbereitungszeit und Überlegungen hinter der Optik steckt, was der ganzen Sache eine gewisse Erdung verleiht und nicht beliebig erscheinen lässt. Rein schon der Schusswaffen-Kampfstil der Kleriker, genannt Gun Kata. Das ist eine Mischung der Arbeit des Kampfchoreographen plus Einflüsse des chinesischen „Wing Chun“ Martial Art Stiles. Zusätzlich sind dann noch Bewegungen von Wimmer selbst dabei, die er nach eigenen Aussagen in seinem Garten hinter dem Haus geübt und entwickelt hat.

Der Kampfstil, bei denen die Kleriker in verschiedenen Stellungen ihre beiden Pistolen effizient einsetzen und gleichzeitig typischen Positionen der zurückschießenden Gegner ausweichen, ist dann auch ein mehrfach zelebriertes Highlight der actionreichen Momente. Wie vor allem Preston hier reihenweise seine Gegner dezimiert und dabei niemals der gute Überblick über das Geschehen verloren geht, das hat schon eine eigenständige Dynamik, die man selten so findet. Tolle Arbeit auch was Kamera und Schnitt betrifft.

Wegen dem Mix aus faschistischer und moderner Architektur wurde der Film ja großteils in Berlin gedreht. Die Stadt passt dann auch perfekt als Rahmen für die Handlung, bei der Individualität, Selbstverwirklichung oder Liebe geopfert wurden, um Kriege, Streit und Verbrechen zu verhindern. Dass Leute die doch fühlen wollen und ihre Dosis absetzen hingerichtet werden, das ist natürlich vor den Augen des Gesetzes etwas ganz anderes als die Morde von früher. Wie überwältigend allein schon kleine Dinge sein müssen, wenn man ein Leben lang nichts gefühlt hat und erst als Erwachsener dies zum ersten Mal tut, das wird gekonnt vermittelt, vor allem dank Christian Bale.

Bale (The Big Short) mimt den emotionslosen Killer völlig überzeugend. Um so spannender ist es zu sehen, wie sich die über ihn hereinbrechenden Emotionen auswirken. Die Nasenflügel beben, die Augen werden wässrig, bezeichnend ist die Szene in der er den Plattenspieler einschaltet und zum ersten Mal Musik hört. Auch bei den zahlreichen Kämpfen macht er eine richtig gute Figur. Emily Watson (Die Bücherdiebin) als Mary unterstützt seinen Weg hin zum fühlenden Menschen gekonnt mit ihrer impulsiven Art auch wenn sofort klar ist, dass ihre gemeinsamen Begegnungen vor allem dazu dienen, Preston traurig und in Folge wütend zu machen.

Auf der Seite er bösen Jungs ist Sean Pertwee (The Seasoning House) immer nur auf Leinwänden oder Hologramm als Vater zu sehen, der mit seiner arrogant süffisanten Art seinen Bürgern täglich seinen einzig richtigen Lebensstil eintrichtert. Taye Diggs (House on Haunted Hill) als Brandt ist der überhebliche und auch manipulative neue Kollege von Preston und Angus Macfadyen (Saw 4) die Nummer eins von Vater, sein direkter Vermittler. In kleinen Nebenrollen sind dann noch Sean Bean (Legends) als Kleriker und William Fichtner (Drive Angry) als Anführer der Rebellen zu sehen.

Insgesamt daher eine stimmige Action-Dystopie mit bestechender Optik, mitreissender Musik irgendwo zwischen theatralisch und dynamisch, stimmigen Design, spielfreudigen Darstellern und einer Botschaft, über die man als denkender Mensch fast nachdenken muss. Dass manche Effekte als CGI erkennbar sind, die Logik stellenweise leidet und die coolen Szenen auch Selbstzweck-Charakter versprühen, das trübt das Erlebnis hier für mich nur unwesentlich. Frisch und etwas anders als der Rest, wenn das keine Emotionen auslöst, dann weiß ich auch nicht weiter.

„Equilibrium“ bekommt von mir 7,5/10 der Emotionslosigkeit den Kampf ansagende Empfehlungspunkte.

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