Man Of Steel (Filmkritik)

Es ist keine leichte Entscheidung, die Jor-El (Russel Crowe, „Les Miserables“) gemeinsam mit seiner Frau (Ayelet Zurer, „Illuminati“) treffen muss – denn ihre Welt (Krypton) geht unter. Die Ausnutzung der Ressourcen hat den Planetenkern geschwächt, die Welt kollabiert. General Zod (Michael Shannon), der geboren wurde, um die gesamte Rasse der Kryptonier zu schützen, vollführt einen Militärputsch, um die Regierung zu stürzen, welche dies zugelassen hat und damit die Welt zu retten, aber er scheitert – seiner Meinung nach deshalb, weil Jor-El den „Kodex“ stiehlt, der sämtliche Generationen von Kryptonieren beinhaltet. Diesen hat Jor-El seinem Sohn (Henry Cavill, „Immortals“) „eingepflanzt“ und diesen auf eine weit entfernte Welt geschickt. General Zod wird gestoppt und in die „Phanton Zone“ verbannt. Aber es spielt keine Rolle mehr. Krypton geht unter.

Jahre später zieht ein erwachsen gewordener Clarke Kent durch die USA, von einem kurzen Job zum nächsten, immer nur so lange an einem Ort, wie er sich beherrschen kann und niemand zu retten ist. Denn immer, wenn Hilfe gebraucht wird, kann Clarke nicht anders, als zu helfen – und damit vertreibt er sich selbst immer wieder aufs Neue, denn – so hat ihm sein irdischer Vater erklärt – „Die Welt ist noch nicht bereit für dich.“

Währenddessen findet man tief im Eis begraben ein seltsames Schiff, das sich schon bald als „kryptonisch“ herausstellt. Reporterin Lois Lane (Amy Adams, „The Muppets“) ist vor Ort, um zu berichten. Aber anstatt einer grandiosen Story findet sie ein Geheimnis, dass lieber verborgen bleiben sollte – es gibt Aliens. Und eines davon wandelt – mit unglaublichen Kräften ausgestattet – unter uns.

Bis plötzlich ein fremdes Schiff auftaucht – General Zod. Er lebt und weiß, dass Clarke – dessen richtiger Name Kal-El lautet – sich auf der Erde befindet. General Zod will seine Welt Krypton um jeden Preis beschützen, auch wenn er dafür die Erde vernichten muss, schließlich wurde er zu diesem Zwecke geboren. Er stellt ein Ultimatum: „Liefert mir Kal-El aus oder ich vernichte eure Welt.“

Kal-El aka Clarke Kent muss sich entscheiden: Welcher Welt gehöre ich an?

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Nach unzähligen Fernseh- und Kinoauftritten trifft also auch „Superman“ auf die Geisel unseres Jahrhunderts – den Reboot. Vergessen wir also die alte(n) Serie(n) und ehemaligen Filme mit Christopher Reeve oder auch das 2006 als Fortsetzung anberaumte Spektakel „Superman returns“, das ja (angeblich) darin versagt hat, die alten Filme fortzusetzen. Auch die neuere (und sehr beliebte) Serie „Smallville“ wird gelinde beiseite gelassen. „Superman reborn“ wäre natürlich auch ein guter Titel gewesen.

Wie es also üblich ist, wurde versucht den „neuen“ Superman mehr in der Realität zu verankern und die Sache auch gleich wenig deprimierender zu machen. Das dürfte niemand wundern, der weiß, dass als ausführender Produzent Christopher Nolan und als Drehbuchautor David S. Goyer verpflichtet wurden. Nolan ist ja, wie bekannt, Regisseur der „Dark Knight“-Trilogie, die er erst letztes Jahr (je nachdem, wen man fragt) grandios abgeschlossen hat (ich fand „The Dark Knight Rises“ sehr enttäuschend). Klar hat dort auch David S. Goyer mitgewirkt. Regie hat beim neuen Superman allerdings jemand anders geführt, nämlich Zack Snyder („300“, „Sucker Punch“, „Watchmen“, „Die Legende der Wächter“) – und das merkt man dem Film auch – zum Glück, wie ich meine – zu jeder Sekunde an.

Angeblich hat Christopher Nolan nach ein paar Gesprächen mit Hr. Snyder ja gemeint, dass er ihm völlig freie Hand lässt, da er von dessen Ideen absolut angetan war – ich hoffe wirklich, dem war so, denn Zack Snyder braucht ganz einfach wieder einmal einen Hit. Seine letzten Filme (so gut sie mir gefallen haben), waren durch die Bank eher von geringem Erfolg gekrönt. Das hat sich mit „Man Of Steel“ mittlerweile gewandelt. Auch wenn der neue „Superman“ mit Sicherheit die Gemüter spalten wird.

Da gibt es zum Beispiel die Handlung, die – für einen Blockbuster – sich doch ziemlich viel vornimmt. Es soll eine Entstehungsgeschichte sein, also ein Film, der zeigt, wie der verletzliche Junge Clarke zu Superman wird. Dann soll es noch ein Action-Blockbuster sein, denn immerhin wird die ganze Welt bedroht. Dazu kommt noch eine weitere Ebene, denn Clarke muss sich sein Leben lang damit herumschlagen „anders“ zu sein als alle anderen und mehr als nur einmal drillt ihm sein Vater ein, dass er aufpassen muss, denn wenn die Welt erfahren würde, wer er ist, wäre das nicht sonderlich positiv – in mehr als in einer Hinsicht. Dazu kommt noch, dass einige Figuren eingeführt werden müssen, ohne die ein Superman-Film einfach nicht auskommen kann – wie zum Beispiel Clarkes’ Erdenvater Jonathan Kent (hier gespielt von Kevin „Waterworld“ Costner, schön, ihn wieder Mal in einer extrem sympathischen Rolle zu sehen) und dessen Frau Martha (Diane Lane, „Der Sturm“) oder auch Lois Lane.

Ganz schön viel, kann man jetzt sagen, aber immerhin dauert der Film auch gute zweieinhalb Stunden. Umso besser, dass Snyder es absolut versteht grandiose Bilder zu inszenieren und diese auch noch emotional zu besetzen. So gelingt es ihm in Form von nur kurzen Rückblenden das Leben von Clarke als „Außenseiter“, der nur von seinen Eltern akzeptiert und wirklich geliebt wird, zu zeigen und seinen Kampf um die Geheimhaltung seiner Existenz – und was es bedeutet, die „andere Wange“ hinzuhalten, auch wenn man weiß, dass man sein Gegenüber problemlos aus den Socken hauen könnte – gut genug um zu beleuchten, dass man mit Clarke ziemlich schnell Freundschaft schließt. Soweit ich mich erinnern kann, ist dies der erste Superman-Film, bei dem ich nicht das Gefühl hatte, dass ich hier einen strahlenden Über-Drüber-Helden hingestellt bekomme, sondern eine Person, die Charakter hat und die zuallererst einmal mit sich selbst klarkommen muss. Noch dazu sind die Bilder, die Snyder wählt, wirklich extrem schön inszeniert – das er mit Farben umgehen kann, wissen wir ja schon seit „300“ und dass er komplexe Geschichten mit spektakulärer Action mixen kann, haben wir in „Watchmen“ gesehen.

Der Unterschied zu Snyders bisherigen Filmen ist der Verzicht auf seine typsichen „Zeitlupen/Zeitraffer“-Aufnahmen, was mir aber erst nach dem Film aufgefallen ist und das Einstreuen von extrem schönen Nahaufnahmen, wie Wassertropfen, die in einen Kübel fallen, oder Wäsche, die im Wind weht. Was jetzt beim Lesen seltsam klingt, aber im Film in Kombination mit der Musik und dem Kontext extrem schöne Gänsehaut-Momente erzeugt. Überhaupt findet die ersten eineinhalb Stunden (nach einem ungefähr zwanzig Minuten langen actionreichen Einstieg auf Krypton) wenig Action statt. Der Film fokussiert sich sehr auf Clarkes Geschichte, auf die Person, die hinter dem Helden steckt. Sicher, verglichen mit anderen Filmen ist die Charakterzeichnung immer noch platt wie ein Frisbee, aber ehrlich: Habt ihr schon mal einen Supermanfilm gesehen, der euch einen Charakter – abseits von „strahlender Held“ – gezeigt hat? Eben. Ich auch nicht.

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Eigentlich passiert in dieser Zeit sehr wenig, aber die Bilder und die Stimmungen, die Snyder einfängt verhindern jedes Aufkommen von Langeweile. Und wenn Clarke das erste Mal sein Kostüm anzieht („Nice suit“, wie seine Mutter kommentiert) und das Fliegen versucht – da kommen kurz Gedanken an den ersten Spiderman von Sam Raimi auf. Die Freude, die Clarke empfindet, als er es schafft, glaubt man ihm sofort – ein großes Kompliment an Henry Cavill (der als erster Nicht-Amerikaner den amerikanischen Idealmenschen verkörpern darf), der die Rolle von ernst bis kleinbübisch grinsend sehr sympathisch spielt („Why do you let them put you in handcuffs?“ fragt Lois Lane. Clarke grinst: „It makes them feel safer.“)

Die letzte Stunde ist dafür voll gepackt mit Action, die man teilweise bereits in ähnlicher Form gesehen hat (was da alles zu Bruch geht ist unglaublich) und andererseits auch wieder nicht – als einer der „Bösen“ Superman beim Abflug am Fuß packt und ihn in den Boden donnert fühlte ich mich kurz an die „Puny God“-Szene von „The Avengers“ erinnert, aber in Summe super gemacht ist. Auch wenn das große Krach-Bumm für mich dann zu lange dauert, weil irgendwann das größte Actionspektal keine Emotion mehr auslöst, so kann ich dennoch sagen, dass die Action super anzusehen ist.

Wenn man dem Film etwas vorwerfen kann, dann wohl, dass er sich zu viel vornimmt – und die damit einhergehende Zweiteilung des Films in einen Anfangspart (der Charakterfilm) und den Endpart (der Actionfilm). Einige werden sagen, der Charakterpart ist peinlich und oberflächlich, aber ich bleibe dabei – für einen Superman-Film war er perfekt. Nicht zu viel und nicht zu wenig und ganz wichtig – die Emotion stimmt. Es gab da einen oder zwei Momente, bei denen es mir doch fast die Tränen in die Augen gedrückt hat. Zum Beispiel als Clarke in der Schule sitzt und plötzlich (Hormonen sei dank) seine Fähigkeiten bekommt und ALLES hört und durch ALLES sieht (die Leute um ihn herum sehen als wie Zombies, weil er ihre Knochen, ihre Organe und alles sehen kann). Er bekommt Panik, flieht in eine Besenkammer und seine Mutter schafft es dann ihn wieder herauszulocken. Er murmelt – umringt von Schülern, die ihn alle als Freak betrachten – „Mumm, what is wrong with me?“. Wer da nicht zumindest Mitleid mit dem Knirps hat, hat ein Herz aus Stein.

Sicher erkennt man im Drehbuch manche Parallelen zu Nolans Filmen (Lois ist unter Zugzwang: Sie muss verraten wer Superman ist, sonst geht die Welt unter) und ähnliche Dinge, bzw. gibt es schon einige symbolische Momente bei denen Sigmund Freud vermutlich lauthals hätte lachen müssen (Stichworte: Phallische Symbole, Geburtskanäle, ein Sexualakt, der die Welt vernichten kann) und das in einem Film, der „Man Of Steel“ heißt … ja, das hat schon irgendwie Comedy-Potential an manchen Stellen – aber, und das spricht sehr für den Film, es ist weder peinlich noch dämlich, sondern passt perfekt in diese Welt.

Um eine lange Rede kurz zusammenzufassen: Wer „Man Of Steel“ auf Fehler, Logiklöcher und absurde Zufälligkeiten untersucht („Wie kommt Luis an den Ort, an dem Superman am Ende landet? Das ist doch Kilometer weit weg?“), wird sicher fündig. Da gibt es genug Material dafür. Das gilt aber für alle Blockbuster der letzten Jahre und lasse ich daher für mich nicht gelten (ich muss wieder einmal festhalten, dass die alle nachfolgenden „Fluch der Karibik“-Teile extrem beliebt sind – sucht lieber dort Mal die ganzen Fehler).

Wer sich indessen auf die Bilder und die vermittelten Emotionen einlässt, wird mit mir einer Meinung sein, dass die Operation „Superman für die neue Generation“ absolut gelungen ist.

„Man Of Steel“ bekommt von mir 8,5 von 10 möglichen, den Mann aus Stahl neu definierende Punkte

PS: Und „Ja“, ich fand ihn um Längen besser als den letzten Batman.


3 thoughts on “Man Of Steel (Filmkritik)

  1. Natürlich ist es nichts Neues von der Geschichte her? Wie auch?
    Superman ist einer der wenigen Charaktere, der immer die gleiche Origin-Story hat, was soll daran also neu sein?
    (Star Trek Into Darkness ist auch nicht neu 🙂 The Hobbit auch nicht 🙂 etc)

  2. Ich finde, „Man of Steel“ ist (ähnlich wie „Watchmen“) ein toller Film, wenn man ihn mit Vorkenntnissen sieht (i.e. die alten Superman-Filme, die wichtigsten Referenz-Comics und „Smallville“). Die ganzen eingetreuten Querverweise und vor allem die Stellen, an denen die Neuverfilmung einen eigenen Weg einschlägt, haben den Film für mich sehr unterhaltsam/emotional gemacht.

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