Madame Web (Filmkritik)

Wir schreiben das Jahr 2003. Cassandra Webb (Dakota Johnson) arbeitet als Sanitäterin und stürzt in Folge einer Rettungsaktion, mit einem Auto ins Wasser. Sie ertrinkt dabei, wird jedoch von ihrem Kollegen Ben Parker (Adam Scott) ins Leben zurück geholt. Es scheint ihr zunächst gut zu gehen, doch ab diesem Zeitpunkt hat Cassandra plötzlich immer wieder Visionen einer kurz darauf wahr werdenden Zukunft, die bei ihr für irritierende Deja Vu´s sorgen.

Als sie kurz darauf in einem Zug sitzt, sieht sie, wie die drei sich ebenfalls in ihrem Abteil befindenden jungen Damen Julia (Sydney Sweeney), Anya (Isabela Merced) und Mattie (Celeste O’Connor), ermordet werden. Es handelt sich dabei erneut um eine Vorahnung und Cassandra reagiert schnell, warnt die Mädchen und flüchtet mit ihnen. Ihr Verfolger im Spinnenkostüm (Tahar Rahim), ist ihnen jedoch schon auf den Fersen…

Sony’s Spider-Man Universe kurz SSU, entwickelt sich immer mehr zur Lachnummer. Venom kam noch relativ gut an, die Fortsetzung Let There Be Carnage nicht mehr ganz so und Morbius wurde dann von Fans und Kritikern gleichermaßen verspottet. Aber wie so oft im Leben geht es für Sony noch weiter hinunter, auch wenn man schon glaubt, am Boden angekommen zu sein und zwar in Form von Madame Web. Es folgen ab nun Spoiler und Ausflüge zu Ereignissen, die sich rund um den Film ereignet haben.

Kurze Info zum Verständnis: Peter Parker kommt in Form seiner schwangeren Mutter im Film vor. Nun zu meiner Frage. Wie doof, sorry, ich meinte wie schlecht vorbereitet musst du sein, wenn du einen Film in den 90er Jahren spielen lässt, weil er im selben Universum wie der von Andrew Garfield gespielte Amazing Spiderman spielen soll, nur um dann drauf zu kommen, dass die Story doch in dem Universum von Tom Holland´s Spiderman spielt, dieser ja jünger ist und deshalb nachgedreht und umgeschnitten werden musste, damit die Handlung im fertigen Film dann im Jahr 2003 spielen kann?

Ironischerweise fühlt sich das fertige Produkt dann auch wie ein Vehikel dieser Zeit an und da ich mit Projekten wie Fantastic Four, Daredevil oder Ghost Rider durchaus meinen Spaß habe, kann ich auch Madame Web einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen. Zusätzliche Sympathiepunkte gibt es für die Hauptdarstellerinnen Dakota Johnson und Sydney Sweeney, da beide nach dem Flop ihres Filmes, nicht wie es gerade sehr in ist in Hollywood, die Fans angegriffen oder beschuldigt haben.

Während sich Sweeney in einem Sketch über den Film lustig gemacht hat und zusätzlich meinte, sie sei nur eine Schauspielerin gewesen, die engagiert wurde und auf der Reise dabei ist, egal wo es auch aus kommerzieller Sicht hingehen sollte, ist Johnson noch einmal ein anderes Kaliber. Sie gab offen zu, den Film nie gesehen zu haben, nicht gewusst zu haben, was sie hier genau macht und außerdem sei sie sich sicher, dass sie in so einer Art Film nicht funktioniert.

Sony ist deswegen angeblich sauer auf sie, doch diese Situation ist schon „hilarious“, wie es die Amerikaner bezeichnen würden. Warum ist ganz einfach gesagt, denn der Großteil von Johnsons Performance, wirkt wie eine Eigenparodie. Andere Darsteller hätten wohl einfach lustlos ihren Text abgeliefert, wenn sie sich darüber bewusst geworden wären, dass sie sich im falschen Film befinden, doch Johnson hat einfach ihren Spaß. Man merkt immer wieder, dass sie keine Ahnung hat, was gerade abläuft und sie geht die Sache dann wie einen Sketch an. Wirklich, so eine Performance habe ich noch nie gesehen, ich war mir auch im Laufe des Filmes immer sicherer, dass sie das absichtlich macht.

Dann hast du hier Regisseurin S.J. Clarkson, die bis jetzt nur Erfahrung beim Inszenieren von Serien (z.b. Jessica Jones und The Defenders) gesammelt hat und in Fan-Kreisen dafür bekannt ist, dass sie im Jahr 2019 einen Pilotfilm zu einer Game of Thrones Serie gedreht hat, der so schlecht war, dass ihn das Studio einfach wieder verschwinden ließ. Sie weiß offensichtlich nicht, was hier läuft und ihre Hauptdarstellerin auch nicht. Versteht ihr jetzt, warum man hier Spaß haben kann?

Zusätzlich dazu, ist der Film eine Mogelpackung. Der Trailer verspricht weibliche Spider-Action, doch die drei Damen sieht man nur extrem kurz in ihren Kostümen und zwar nur in Zukunftsvisionen. Dies ist wie der Name schon sagt die Ursprungsgeschichte von Madame Web und als Bonus (oder so ähnlich) wurden gleich drei Teaser auf mögliche zukünftige Entstehungs-Storys eingebaut. Der Großteil des Filmes ist dabei geteilt in flüchten und verstecken, dazwischen viel reden und etwas Action zum Drüberstreuen.

Die Action ist dabei generisch bzw. eigentlich kaum existent, die Effekte sind mies und die schwindlige Kameraführung, die wohl der Wirkung bzw. dem Chaos eines Netzes nachempfunden ist, nun hätte sich das im weiteren Verlauf noch verstärkt, dann wäre mir wohl übel geworden. Übrigens auch sehr kreativ: wenn ich einen Feind mit Spinnenfähigkeiten aufhalten will, dann fahre ich ihn mit einem Auto nieder. Das funktioniert dann so gut, dass ich das kurze Zeit später, gleich noch einmal mache. So einfach ist das (ich hoffe, die Feinde von Spiderman haben das jetzt nicht gelesen…).

Wie er dann aber endgültig erledigt wird, ist noch einmal ein Quantensprung, was die Kreativität anbelangt. Kennt ihr das, wenn euch das Product Placement in einem Film förmlich erschlägt? Nun Bösewicht Ezekiel könnte davon ein Lied singen, wäre er nicht vom „P“ der Pepsi-Reklame erschlagen worden. Auch schön wie Cassandra minutenlang an einer Pepsi-Dose herumfingert, ohne auch nur einen Schluck zu trinken und die Calvin Klein Werbung als Hintergrund von Ezekiel bei einem Zeitlupe „Money-Shot“, das kann man kaum plakativer planen.

Dakota Johnson (Suspiria) spielt ihre Titelheldin wie gesagt in ihrer eigenen Liga. Die anderen Mädels haben kaum genug zu tun, um positiv aufzufallen. Sydney Sweeney (Dead Ant) – die ja viel Fans nicht zuletzt wegen ihrer Optik hat – ist wohl sehr absichtlich als schüchternes Schulmädchen inklusive Uniform besetzt. Was mir von ihr in Erinnerung geblieben ist, ist wie sie auf dem Tisch zu Britney Spears „Toxic“ tanzt (he, eine 2000er Referenz, durch Pepsi und Calvin Klein alleine, wäre ich nie drauf gekommen, wann die Sache spielen soll) und keiner der Highschool-Jungs, die rund um den Tisch sitzen, versucht auch nur ihr unter den Rock zu schauen. So ist es richtig/realistisch, denen wurde ihr „male gaze“ schon brav ausgetrieben.

Isabela Merced (Transformers 5) darf sich als Latina vor der Deportation fürchten und Celeste O’Connor (Freaky) ist die dunkelhäutige Dame mit der großen Klappe (immer her mit den Klischees). Negatives Highlight ist dann Tahar Rahim (Der Mauretanier) als Bösewicht Ezekiel, der erstens in der englischen Fassung so schlecht synchronisiert wurde (wohl wegen den Nachdrehs), dass seine Lippenbewegungen oft nicht passen und der zweitens dermaßen blass ist, dass mir kein Comic-Schurke der letzten Jahre einfallen würde, der austauschbarer gewesen wäre.

Also wer vier hübschen Damen dabei zusehen möchte, wie sie etwas verloren von A nach B rennen, geführt von einer Regisseurin, die nicht genau weiß, wo die Reise hingehen soll, dann ist man hier genau richtig. Aber ehrlich, das muss man schon gesehen haben, kein Plan und kein Gefühl für die Materie aber Hauptsache die „Herangehensweise war neu“. Johnson und Sweeney bekommen aus den oben genannten Gründen „sympathische Pluspunkte“, auch weil sie sich bei der Premiere des Filmes, extrem sexy gezeigt haben, ganz im Gegensatz zum Film selber. Alles klar, wenn dein Film im Vorfeld von Kritikern vernichtet wird, dann zeig ihnen wenigstens, dass „sex sells“ immer noch funktioniert, ein paar Tickets wird es schon bringen.

Als nächstes kommt im SSU ja der verschobene Kraven the Hunter (brutale Schurken-Action), der wohl besser gemacht sein wird, der es aber schwer haben wird, Zuschauer anzulocken und dann kommt Venom 3, der ja doch seine Fanbase haben dürfte. Wie es dann weitergeht ist ungewiss, weil der Erfolg sichtlich ausbleibt. Das DCEU ist mit Aquaman 2 beendet (wie das Reboot ankommt, wird spannend) und das MCU ist nach dem The Marvels Flop, endgültig am Boden. Das Problem sind aber nicht Superhelden-Filme an sich, sondern die Qualität, die in Hollywood an sich und eindeutig innerhalb des Genres, einfach extrem abgenommen hat.

P.S.: Ja, die zwei Bilder habe ich absichtlich gewählt, denn mogeln kann ich auch. Ja, der Satz „He was in the Amazon with my mom when she was researching spiders just before she died“ aus dem Trailer, der auf Grund seiner emotionslosen Präsentation überall im Internet verrissen wurde (zum Meme mutiert sozusagen), wurde aus dem fertigen Film entfernt. Dafür sind aber Sager wie „You Know The Best Thing About The Future? It Hasn’t Happened Yet“ von Cassandra oder „They’re Teenagers Now, But In The Future…“ von Ezekiel mit dabei, der sich darauf bezieht, die jungen Damen töten zu wollen, obwohl sie nur Teenager sind. Leg dich nur ja nicht mit Captain Obvious an, der nimmt es nicht so genau mit seinen Moralvorstellungen.

Sicherlich aus den völlig falschen Gründen (ich lasse dabei auch die ganzen Dinge aus der Metabene aka Realität mit einfließen, die mein Seherlebnis verändert haben) finde ich diesen Film somit unterhaltsamer als den letzten MCU-Flop The Marvels, aber was weiß ich schon, ich hatte auch mit Morbius meine „Guilty pleasure“ Freude. Mich ärgern Genre-Filme wie Fant4stic oder WW84, aber was eine gewisse Affinität für „Best of Worst Case“ Szenarien betrifft, ist Fireagent scheinbar nicht alleine am Blog.

„Madame Web“ bekommt von mir 5/10, den Faden des Netzes verloren habende und irgendwie wieder zusammen bindende Empfehlungspunkte.


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