Black Widow (Filmkritik)

Wir schreiben das Jahr 2016. Als Verbündete von Captain America, ist Natasha Romanoff (Scarlett Johansson) auf der Flucht vor Secretary Ross (William Hurt). Zunächst führt sie ihre Reise nach Norwegen, doch dort wird sie wegen eines Paketes, von einem Elitekämpfer namens Taskmaster angegriffen, kann jedoch mit dem Inhalt des Paketes flüchten. Die Spur führt sie nach Budapest.

Dort angekommen, trifft sie auf die Senderin des Paketes, nämlich auf Yelena Belova (Florence Pugh), die ebenfalls im Black Widow war und davor als Kinder, lebten sie und Natasha einige Jahre wie eine Familie. Und genau diese frühere „Familie“ (aka ihre Eltern) – und Natasha und Yelena natürlich ebenfalls – müssen wieder zusammen finden, denn die Damen wollen endgültig Dreykov (Ray Winstone) stoppen, den Mann hinter dem Black Widow Programm.

Ich bin Comic-Fan seit meiner Kindheit. Deshalb hat sich bei mir auch bei 10 Jahren mit dem MCU und mittlerweile über zwanzig dazugehörigen Filmen, kein echtes Sättigungsgefühl eingestellt. Der Rest der hier am Blog schreibenden Menschlein, funktioniert ähnlich wie ich. Immerhin war ich bisher nur für die beiden Guardians of the Galaxy Reviews zuständig und dennoch haben MCU Filme durchschnittlich ein hohes Rating bei uns (7 Filme haben 8,5 Punkte und 6 sogar 9,5).

Dennoch ist die Covid 19 bedingte fast zweijährige Kinopause von Marvel, für das Genre und auch uns Zuseher, sicherlich nicht schlecht gewesen. Am neunten Juli 2021 war es nun endlich so weit und die vierte Phase des MCU, wurde mit Black Widow zeitgleich im Kino und auf Disney+ eingeleitet. Die Handlung spielt dabei nach den Ereignissen von Captain America: Civil War und vor Avengers: Infinity War und Regie führte die Australierin Cate Shortland (Berlin Syndrom).

Ab jetzt folgen SPOILER. Seit Jahren gab es Gerüchte und nun ist es endlich so weit, die als erste eingeführte, wichtige Dame in diesem von Männern dominierten Genre, hat ihren eigenen Film bekommen. Dabei ist Black Widow ja bis jetzt vor allem eines gewesen und das ist eine Team-Spielerin und auch wenn sie in ihrem eigenen Abenteuer im Zentrum steht, ist sie hier erneut umgeben von einer Gruppe von starken und interessanten Charakteren.

Da Natasha in Avengers: Endgame ja verstorben ist, kann man hier durchaus gemischte Gefühle haben. Wieso kommt der Filme erst jetzt und macht das denn Sinn, wenn die Figur sowieso schon tot ist? Nun ich würde nach Betrachtung der Ereignisse hier sagen auf jeden Fall. Ihre Geschichte wird bereichert, der Charakter wirkt noch voller (bzw. ausgereifter) und ihr späteres Opfer, bekommt eine zusätzliche tragische Bedeutung.

Black Widow funktioniert dabei auf mehreren Ebenen und entwickelt eine gewisse Dualität. Shortland hat klar ein Händchen dafür, das Leben junger Damen mit einer Mischung aus Gefühl und Neugierde zu erkunden. Andererseits ist dieser Film sehr geradlinig, hat klar das hohe Tempo, das ausgebildeten Killerinnen wie den schwarzen Witwen hier entspricht. Die Aura eines Agenten-Thrillers dominiert weite Strecken der Handlung und die James Bond und Jason Bourne Elemente, fühlen sich innerhalb des Genres, eindeutig frisch an.

Das ist freilich sehr passend bezogen auf eine Heldin ohne Superkräfte und auch wenn es zum Finale hin wieder einiges an CGI-Action gibt, bleiben die Charakter und man selbst als Zuschauer, (zumindest) emotional immer auf dem Boden. Was mich zu dem Thema Frauen-Power bringt. Wie es aufgesetzt wirkt, hat Marvel mit einer gewissen Szene in Endgame bewiesen und die Konkurrenz von DC hat aktuell mit WW84, meiner Meinung nach auf ganzer Linie, völlig versagt.

Was ich ja gar nicht mag, ist wenn man in Filmen Männer schlecht macht, um indirekt Frauen stark wirken zu lassen. Nun bei Black Widow gibt es (egal auf welcher Ebene) keine einzige schwache Dame, doch die sind dabei stark als Individuen, unabhängig von anderen Menschen. Dabei sind sie alles andere als unverwundbar, denn auch wenn speziell Natasha´s Stärke aus der Fähigkeit resultiert, unglaublich viel aushalten zu können, ist sie vor allem psychisch dennoch angreifbar.

Doch sie überwindet eben und entwickelt sich weiter. Scarlett Johansson (JoJo Rabbit) dürfte hier ja zum letzten Mal in diese Rolle geschlüpft sein und sie spielt Natasha angenehm zurück haltend als Dame mit tragischer Vergangenheit, sie zum ersten Mal seit dem Widow-Programm, Shield und den Avengers, nicht nur funktionieren soll, sondern so etwas wie leben muss/kann/darf und einen Abschluss sucht, doch ebenfalls die Motivation weiter zu machen.

Ein extrem gut passender und um einiges lauterer Gegenpol, ist Florence Pugh (Fighting with My Family) als ihre „Schwester“ Yelena. Sie hat Sarkasmus gewählt als ihren Weg, um mit den traumatischen Ereignissen umgehen zu können und egal ob sie Natasha´s Angeber-Pose kommentiert, sich über die Taschen in ihrer Weste freut wie ein kleines Kind oder unabsichtlich eine Lawine auslöst, sie wirkt wie ein junger Mensch, der erstmals selbst über sein Leben entscheiden kann und dabei jeden Moment zelebriert.

Während es für Natasha ein Abschluss ist, sind die Geschehnisse für Yelena klar ein Anfang. Ein Gefühl, dass durchgehend unmissverständlich spürbar ist. Pugh ist ja als nächstes in ihrer Rolle in der Hawkeye-Serie mit dabei und das war sicherlich nicht ihr letzter Auftritt. Ebenfalls großartig ist David Harbour (Hellboy: Call of Darkness) als Red Guardian. Er ist vor allem als Comedic Relief dabei, doch auch er hat mehrere Ebenen und besonders ein Moment mit Pugh, bei dem er auch singt, hat mir sehr gut gefallen.

Comic-Freunde haben sich übrigens aufgeregt, dass man die Hintergrund-Story rund um Taskmaster verändert hat bzw. wurde Taskmaster verpfuscht. Ich kenne ihn aus Comics und Spielen und ich muss dazu zwei Sachen loswerden, erstens ist die Identität von Taskmaster hier nur logisch und auch sehr stimmig und zweitens war er immer nur eine überhebliche Stimme in einer coolen Rüstung, der wegen seines Aussehend und seiner Fähigkeit alles nachmachen zu können punktet, nicht wegen seiner Persönlichkeit.

Was ist nun mit dem eigentlichen Bösewicht, dem schleimigen älteren Herren, der Mädchen als die einzig nie versiegende Ressource der Erde ansieht, ist der austauschbar? Zu hundert Prozent und ich denke das ist auch zu genau so viel Prozent so intendiert, denn er steht im Prinzip noch viel direkter aber dennoch als ein Metapher, für all die mächtigen Menschen aka meistens Männer, die im Hintergrund auf unsere lieben Erde die Fäden ziehen und Frauen als Ware betrachten.

Das ist dann auch auf die reale Ebene bezogen, wohl eines der düstersten Themen, die das MCU jemals angeschnitten hat. Sorry an alle, die hier gerne einen charismatischen Schurken haben wollten, um das beliebte „rooting for the bad guy“ zu betreiben. Den Kerl hier hasst man einfach und will, dass er so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwindet. Seine Identität ist dabei eben egal, das Schlimme ist für was er steht und dass auch Typen wie er ein „Rohstoff“ sind, der so schnell nicht aussterben wird.

Was soll ich noch sagen, mich hat Black Widow einfach zu einem Zeitpunkt erwischt (auch etwas ausgehungert, was Comic-Verfilmungen betrifft), wo er für mich nicht als Zeichen der wiederkehrenden Normalität funktioniert, sondern als Erinnerung an die Zeiten, bevor Covid 19 unser Leben in den Pause-Zustand versetzt hat. Er ist für mich der beste moderne Comic-Film, der Damen in den Vordergrund stellt (Wonder Woman fand ich mittelmäßig und Captain Marvel sehr spaßig) und er bringt trotz bekannter Elemente, frischen Wind ins MCU.

Ideal also (trotz der so vertrauten Figur und auch oder gerade weil er alt und neu verbindet) als Neustart in die vierte Phase geeignet, als nächstes wird dann mit asiatischer Action in „Shang-Chi“ und und der Space-Opera „The Eternals“, ja wirkliches „Neuland“ betreten. P.S.: fand ich hier den einen oder anderen Schnitt in Action-Momenten zu ruppig und die CGI-Effekte nicht immer perfekt? Sicherlich, es hat mich jedoch auf Grund des Gesamtpaketes, nicht weiter gestört.

„Black Widow“ bekommt von mir 9/10 auf Grund einer grundsätzlichen Lüge die „Familie“ zerbrechen lassende und schließlich wieder zusammen führende Empfehlungspunkte.


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