Rufmord (Filmkritik)

Luisa Jobst (Rosalie Thomass) ist Lehrerin und ihre Schülerinnen und Schüler mögen sie. Als sie eines Tages dem Sohn von Georg Bär (Johann von Bülow) nicht die Note bzw. Zukunftsperspektiven zugestehen mag, die man dem Sohne eines „Gönners“ der Schule zugestehen sollte, passiert etwas Abstoßendes: Nacktbilder von ihr tauchen im Internet auf. Ihr Profilbild auf der Homepage der Schule wird ausgetauscht und eine Homepage in ihrem Namen taucht auf, auf welcher sie „Dienste“ gegen Bares anbietet.

Natürlich ist es eine Verleumdung, aber eine Lawine von Ereignissen wird dadurch in Gang gesetzt. Rasch wissen alle Eltern darüber Bescheid, das gesamte Dorf spricht darüber und sie bekommt obszöne Anrufe und wird von allen Seiten fallengelassen. Die Sachlage und die Unmöglichkeit rechtliche Schritte zu unternehmen, treiben sie an den Rande des Wahnsinns. Sie weiß, das Georg Bär dahinter stecken muss, aber sie kann nichts beweisen und irgendwann ist es nicht mehr der Rand des Wahnsinns, sondern ein Schritt weiter …

Den Film habe ich gesehen, weil er in der TVThek von Arte zu finden war und er eigentlich für einen netten Abend ganz gut klang. Er fing eher verhalten an und, was soll ich sagen: Irgendwann habe ich bemerkt, dass ich dringend wissen wollte, wie die Sache ausgeht. Die Spannungsschraube hat gut angezogen und gegen Ende hin, nun … ich sage mal so: Was der guten Fr. Lehrerin so alles passiert kam mir leider sehr, sehr realistisch vor.

Es gehören ein paar Dinge dazu, um mich so in einem Film hineinzuziehen, nämlich folgende: Die schauspielerische Leistung. Rosalie Thomass als Luisa Jobst ist eine Klasse für sich. Ihr intensives Spiel hängt sich ins Hirn und ins Herz und lässt einen bis zum Ende nicht mehr los. Gerade eine Szene, in der sie mit den Nerven ob der vielen perversen Anrufe und weiteren Dingen, die ihr passiert sind, völlig am Ende ist, war wirklich schwer anzusehen, weil sie einfach zu 100% vermittelt, wie dreckig es dieser Frau mittlerweile geht. Es gibt keine einzige Szene im Film, die ich nicht tragischerweise realistisch (das Ende ausgenommen) gefunden hätte und der Weg, den Fr. Jobst gehen muss, ist einfach der blanke Horror und wird von Fr. Thomass perfekt vermittelt.

Dann braucht es auch ein gutes Drehbuch, welches die Schrauben immer weiter anzieht und so nebenbei noch ein paar Personen einbaut, die zwar vielleicht etwas hätten tun können, das aber nicht gemacht haben, weil sie entweder gerade nicht wollten, einen Verdächtigen persönlich kannten oder es einfach lustig fanden die Fr. Lehrerin mal zappeln zu sehen. Und nichts davon hat auch nur im Ansatz aufgesetzt gewirkt, sondern fühlte sich – nochmals: tragischerweise – verdammt natürlich an. Ich denke zB an den Elternabend an dem die (anfänglich noch zu ihr haltende) Fr. Direktorin plötzlich umschwenkt, sowie die Reaktionen der anwesenden Eltern. Kam mir auch sehr echt vor.

Die Drehbuchautorinnen Claudia Kaufmann und Britta Stöckle bedienen sich grundsätzlich zwar sehr stark an den Ideen eines oscarprämierten Films bzw. Buches (auf welchen kann ich aus Spoilergründen nicht verraten), machen das aber gut und schaffen genug Eigenständigkeit um ein (wie gesagt, vom Ende abgesehen) realistisches, hartes Thrillerdrama zu schaffen, welches mich wirklich gefesselt hat.

Regisseurin Viviane Andereggen bringt das ganze flott und eindringlich in teilweise wunderschön-tragischen Bildern auf den Schirm und verlässt sich zurecht auf die schauspielerischen Leistungen von eben Rosalie Thomass und ihrem „Gegenspieler“ Johann von Bülow.

Generell finde ich die Besetzung wirklich gut gelungen und – nochmals – auch das Drehbuch wirklich, wirklich gut, da auch viele Nebenfiguren ganz einfach perfekt passen. So zum Beispiel der Sohn des Bauherrn Bär oder dessen Frau und deren Reaktionen.

Alles in allem – ich bin/war echt beeindruckt. Und das Ende (egal ob realistisch oder nicht) fand ich einfach passend und ganz ehrlich: Für mich auch sehr befriedigend.

„Rufmord“ bekommt von mir 8,5 von 10 möglichen, absolut sehenswerte, wenn auch schwer auszuhaltende Punkte.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.