Cormans World (Filmkritik)

Es gibt Menschen, die haben die Welt verändert und niemand kennt sie. Es gibt Menschen, die haben eine völlig unwichtige Leistung vollbracht und jeder kennt sie. Dann gibt es noch Menschen, die der Welt den Mittelfinger gezeigt, ihre eigene Welt gebaut und unsere dadurch verändert haben – und trotzdem sind sie viel zu unbekannt.

Robert Rodriguez ist ein Marketing-Genie, der seine „Rebel Without A Crew“-Mentalität vor sich herträgt als wäre er der erste, der das gemacht hat. Die wirkliche Frage aber lautet, was haben Leute wie Robert De Niro, Sylvester Stallone, Joe Dante, Peter Fonda, Ron Howard, Jack Nickolson, Martin Scorsese, William Shatner und Pam Grier gemeinsam?

Sie alle wären nichts – und ohne sie wäre die Kinolandschaft langweilig – wenn es Roger Corman nicht geben würde …

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Ja, „Cormans World“, oder „Ufos, Sex und Monster – das wilde Kino des Roger Corman“ wie der Film bei uns heißt, ist eine Dokumentation – die Dokumentation über einen Mann, den ich seit Jahren bewundere und der in unseren Breitengraden (und nicht nur in unseren) viel zu unbekannt ist, denn er hat das Kino geprägt, wie sonst fast niemand. Da können sogenannte Kaliber wie Spielberg, Lucas oder Tarantino einpacken (letztgenannter gibt zumindest zu, dass er ohne die Filme von Corman nicht dort wäre, wo er heute ist), denn Cormann hat in seiner Zeit bis dato mehr als 400 Filme produziert und so gut wie allen (mittlerweile älteren Semester) zu ihrer Karriere verholfen.

Die Dokumentation „Cormans World“ entstand zu der Zeit, als Corman gerade „Dinoshark“ produziert hat und lässt viele Wegbegleiter von Corman zu Wort kommen, die davon erzählen, wie der Mann mit ihnen umging und wie er es geschafft hat, seinen eigenen Weg zu machen, ohne sich dem Hollywood-Modell anzunähern.

Sicher, es gibt eher wenig Filme, die man heutzutage noch kennt von ihm (von den neuen Creature Features „Dinoshark“, „Sharktopus“ oder „Piranhaconda“, „Supergator„, „Dinocroc“ oder „Supergater vs Dinocroc“ vielleicht abgesehen), aber wer auf Filme wie „Death Race“ und deren Nachfolger steht, der sollte wissen, dass die Originale von Roger Corman sind.

Wer hat Stallone („The Expendables„, „The Expendables 2„, „John Rambo„) seinen ersten Job verschafft? Wer hat Jack Nicholson („The Bucket List„) immer wieder angeheuert, wenn er keine Kohle mehr hatte? Wem ist „Reservoir Dogs“ von Tarantino („Django Unchained„) gewidmet? Wer hat Ron Howard („A Beautiful Mind“) Regie führen lassen? Wer hat DeNiro („Stone„, „Machete„, „Killing Season„) als Talent erkannt?

Allesamt waren bei Roger Corman untergekommen und der Mann hast sie werken lassen.

Es ist eine Freude wenn man zB Jack Nicholson zusieht, wie er lässig eine Zigarette raucht, mit Sonnenbrille in entspanntem T-Shirt auf der Couch sitzt und über die alten Zeiten mit Corman spricht. Gleiches gilt für Scorsese („Der Pate I und II“, „Hugo„), der den Hut vor dem Mann zieht, oder als seine Cormans Frau Julie erzählt, wie das damals war mit dem Heiratsantrag … und nie wurde seine Leistung anerkannt, bis er 2009 den Oscar für sein Lebenswerk erhalten hat – überreicht von einem Quentin Tarantino, der sichtlich Freude daran hat dem werten Herrn endlich mal was zurückgeben zu können – wunderschön auch, als Corman in der Dankesrede im Grunde genommen nur einer Person so richtig dankt – seiner Frau (die sichtlich gerührt im Publikum sitzt und ihm eine schüchterne Kusshand zuwirft).

Super die Anekdote als Julie erzählt, dass sie ihren Mann gefragt hat, an wie vielen Filmen er gerade arbeitet. Er sagt „Sieben“, zählt dann sechs auf – der siebte fällt ihm nicht ein. Er lächelt sie an und sagt „Du hast recht. Den, der mir nicht einfällt, sollte ich vielleicht streichen.“

Ich weiß – genau wie Corman selbst – das viele seiner Filme wirklich Schundfilme sind. Exploitation-Cinema, wie es so schön heißt, aber das ändert nichts daran, dass auch extrem gute Filme darunter sind (Die Poe-Verfilumgen, Hell Angels und andere) und es gibt nichts, was der Herr sich vorzuwerfen braucht – zumindest in meinen Augen.

Wunderbare Szene im Film: Nicholson erzählt über die Zeit mit Corman und kommt, während er die ganze Zeit über witzig „typisch“ Nicholson bleibt, zu dem Schluss, dass er ohne Corman gar nichts wäre, er greift hinter seine Sonnenbrille, wischt kurz über die Augen, bedankt sich bei Roger und murmelt dann ein „Sorry, I think I’m gonna cry“ und beginnt tatsächlich zu heulen. Es ist eine wirklich, wirklich schöne Szene, die in absolut kurzen Worten zusammenfasst, wie viel der Mann zum Kino dieser Welt und vielen Leben beigetragen hat. Endlich ein Film, der dies würdigt.

„Cormans World“ bekommt von mir klar 9,5 von 10 Punkten – ein wunderbarer Film über einen verrückten Menschen, der es geschafft hat mit Handschlagqualität und ohne sich zu verbiegen, seinen Weg zu gehen OHNE sich dabei alle anderen zum Feind zu machen.

Roger Corman – lang mögest du Leben!

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