London, um 1910. Michael (Matthew Garber) und Jane Banks (Karen Dotrice) werden von ihren Eltern vernachlässigt und stellen daher allerhand Unsinn an. Mr. Banks (David Tomlinson) ist ein Bankangestellter, in dessen striktem Tagesablauf Kinder kaum Platz haben, und Mrs. Banks (Glynis Johns) verwendet ihre Zeit hauptsächlich für die Suffragetten-Bewegung.
Die Kinder vergraulen in ihrer Suche nach Aufmerksamkeit ein Kindermädchen nach dem anderen. Doch plötzlich dreht sich der Wind und Mary Poppins (Julie Andrews) wird vors Haus geweht. So erobert sie trotz strikter Regeln die Herzen von Jane und Michael im Nu und gemeinsam mit Bert (Dick van Dyke), erleben die Kinder fantastische Abenteuer. Ganz nebenbei bringt Mary das Familienleben der Banks‘ wieder in Ordnung.
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So ein wunderschöner Ferientag mit Mary, kein Wunder, dass man Mary lieben muss! Dieses Filmzitat bringt eigentlich schon alles auf den Punkt. „Mary Poppins“ kann man ohne Einschränkungen für alle Altersklassen empfehlen, denn die Buchvorlagen der englischen Autorin P.L. Travers wurden in eine typische Disney-Geschichte mit mitreißender Musik und Choreographie, sowie eine in Filmmagie verpackte Botschaft transformiert. Vor allem zeigt das Fantasy-Musical, dessen Regie Walt Disney übrigens Robert Stevenson anvertraute, dass der Unterhaltungsgigant einen beispiellosen Riecher für Talente vor und hinter der Kamera hatte. All das paarte er mit den neuesten technischen Errungenschaften und schuf so wahre Leinwand-Magie.
Unter anderem war dies einer der ersten Filme, der Trickfilm-Elemente integriert hatte und so die Schauspieler nicht nur mit gezeichneten Figuren interagieren ließ, sondern auch schon mal komplett aus der Realität entfernte und in eine farbenfrohe, gezeichnete Welt transferierte. Ein ferngesteuerter Spatz, der für eine kurze Zeit auf Mary Poppins Hand sitzt, war für die damalige Zeit ein wahres Wunderwerk der Technik. Für einige Szenen, z.B. wenn sich das Kinderzimmer von selbst zusammen räumt, kamen diverse Spielzeuge durch Stop-Motion zum Leben. Der gesamte Film wurde übrigens im Studio gedreht, was dank der detailreichen Hintergründe von Peter Ellenshaw kaum auffällt.
Doch die Geschichte, wie aus den Büchern von P.L. Travers der allseits geliebte Film „Mary Poppins“ wurde, ist um einiges weniger magisch. Walt Disney hatte seinen Töchtern ein Versprechen gemacht und biss sich danach daran beinahe die Zähne aus – ihnen Zuliebe wollte er die Film-Rechte zu der Mary Poppins-Buchreihe von P.L. Travers kaufen. Doch es sollte über 20 Jahre dauern bis P.L. Travers – unter anderem wegen akuter Geldnot – dem Werben von Disney nachgab. Da Travers Angst hatte, dass ihre geliebten Buchcharaktere – sie basieren auf ihrer eigenen Familie – in die falschen Hände geraten, war sie an der Entstehung des Filmes involviert. Trotz ihrer engen Zusammenarbeit mit Walt Disney war Travers mit dem Endprodukt nicht zufrieden und hasste die Film-Version ihrer Bücher. Die Geschichte dieser Kollaboration wurde übrigens in „Saving Mr. Banks“ mit Emma Thompson in der Hauptrolle verfilmt.
Die Geschichte ist meiner Ansicht nach einfach spannend, lustig, unterhaltsam und zeitlos! Kinder, die von ihrem Vater geliebt werden wollen, ein Vater, dessen Leben aber nur aus Arbeit besteht und der deshalb keine Zeit für Gefühle hat, eine Mutter, die sich lieber für die Rechte der Frauen einsetzt als für die eigenen Kinder und dann das Disney-märchenhafte, das aus allem ein Happy End zaubert, sodass sich alle Beteiligten wieder auf das wirklich wichtige konzentrieren können und so sind die Banks am Ende als liebevolle Familie vereint!
Natürlich bekommt man hier Kitsch in Reinkultur vorgesetzt, etwa wenn einen die Kinder mit ihren Dackelaugen ansehen und die geldgierigen Banker am Ende (zumindest momentan) dem schnöden Geld den Rücken zukehren, um alle ihre Drachen im Wind steigen zu lassen. Doch nicht alle Gesangseinlagen sind bloß Gute Laune Stimmungsmacher, da gibt es teils schon sehr schwermütige Auftritte, wie „Chim Chim Cheree“ und auch ein paar traurige Szenen mit dem einsamen, nachdenklichen Mr. Banks, der Streifen hat schon ein paar Facetten, die man als Kind nicht ganz wahrnehmen kann.
Mit diesem Film gab Broadway-Star Julie Andrews ihr Filmdebüt und wohl kaum einer hätte den unvergänglichen Ruhm, der mit ihrer tollen Performance einher ging und der ihr einen Oscar einbrachte, erwartet. Andrews war auch im Gespräch im gleichen Jahr Eliza Doolittle in „My Fair Lady“ zu spielen und sagte erst für „Mary Poppins“ zu, nachdem Audrey Hepurn ihr die Rolle der Elia wegschnappte.
Dick van Dyke wurde eigentlich recht zufällig als Bert gecastet, nachdem Disney einen Artikel von Dyke las, in dem sich offenbarte, dass sie eine recht ähnliche Meinung über die Weiterentwicklung von Filmen haben. Van Dyke wurde für den Cockney-Akzent, den er als Bert spricht übrigens zu einem der schlechtesten Dialekt-Sprecher aller Zeiten gewählt. Mir persönlich fiel das nie wirklich unangenehm auf und ich muss sagen wenn man bedenkt was Dyke – ebenso wie Julie Andrews ein Schauspiel-Newcomer – alles an Leistung gebracht hat, darf man sowieso nicht meckern. Nicht jeder schafft es eine 12-minütige Tanzszene samt Gesang zu drehen.
Die Musik zum Film kam von den Komponisten-Brüdern Sherman, denen besonders wichtig war, den Geist der damaligen Zeit einzufangen. Deshalb holten sie sich unter anderen Anregungen beim englischen Varieté Theater und dessen Liedern um die Jahrhundertwende. Für manche Lieder wurde sogar ziemlich genau recherchiert, so informierten sie sich etwa bei „Sister Suffragette“ genau über die damalige Bewegung, die sich für das Frauenwahlrecht einsetzte. Ihr Lied „Chim-Chim-Cheree“ gewann den Oscar für den besten Filmsong.
Fazit: „Mary Poppins“ ist einer der wahren Klassiker der guten, alten Zeit und tatsächlich „practically perfect“ wie Mary Poppins so gar nicht bescheiden von sich selbst bemerkt. Vor allem in der OV ist der Film eine erstaunlich aktuell gebliebene Unterhaltung in bester Walt-Disney-Tradition.
„Mary Poppins“ bekommt 9/10 supercalifragilisticexpialigetische Punkte. Der Film ist ab sofort auch als Blu-Ray erhältlich.
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Auf der schicken Jubiläums Blu-Ray Edition, die sich in beeindruckender Bild- und Tonqualität präsentiert, finden sich einige Extras, die das Herz der Fans höher schlagen lassen werden. Neben einem informativen Making Of und der Doku „So wird man Mr. Sherman“, wissen vor allem die Specials über die Musik zu gefallen.
Die „Disney Liederauswahl“, „Die musikalische Reise mit Richard Sherman“ und das zusätzliche Lied „Chimpanzoo“ sorgen für gute Laune, während die Informationen über die magischen Spezialeffekte, die Anatomie einer Szene und der Make-up Test von Dick Van Dyke für interessantes Hintergrundwissen sorgen. Bilder der Gala-Weltpremiere & Party und diverse Trailer und TV Spots, runden das pralle Gesamtpaket schön ab.
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