Braindead (1992 Filmkritik)

Sumatra-Rattenaffen sind ja ziemlich gemeine Biester, wie man weiß. Und wenn sie beißen, dann heißt das meistens: Ade, schnöde Welt. Aber nicht sofort. Denn zuerst wird man langsam, aber sicher zu so etwas wie einem Zombie und entwickelt eine Vorliebe für Menschenfleisch. Ist ja bekannt, nicht?

Lionel (Timothy Balme) ist ein bisschen gestört. Also, genau genommen, ist seine Mutter ein bisschen gestört. Oder sagen wir: Das Mutter-Sohn-Verhältnis ist gestört. Ihr wisst, worauf ich hinauswill. Tatsächlich ist es so, dass Linoel sich verliebt und das seiner Mama, die ihn sehr gut … behütet, nicht passt. Das führt durch eine Verkettung von Umständen dazu, dass die Mama (Elizabeth Moody) von eben genau so einem Sumatra-Rattenraffen gebissen wird.

Und es folgen: Komplikationen. Viele und sehr blutige Komplikationen. Und diese enden blutig. Auch dabei sind ein Rasenmäher und die unvergesslichen Worte: „Die Party ist vorbei.“

Es ist 1992 und wir sind Teenager. Wir lieben schräge Filme. Eine Zeitlang geistert „Gesichter des Todes“ durch die Runde. Im Grunde nichts anderes als ein Video-Nasty, der wirkliche, gefilmte Todesfälle zeigt. Und das ziemlich drastisch. Zumindest in meiner Erinnerung. Und Ja, die gibt es tatsächlich und ja, diese Reihe (Reihe!) hat es auf mehrere Teile gebracht. Unglaublich. Würde heutzutage nicht mehr vorkommen, denn wenn man von Geschmacklosigkeit spricht, dann ist das ziemlich der Höhepunkt. Aber was soll ich sagen? Die Dinger waren damals im Freundeskreis (dem männlichen Teil) sehr beliebt. Ich fand sie immer schon ziemlich abstoßend und habe auch keinen davon gesehen.

ABER was 1992 aus dieser Runde bis zu mir gedrungen ist, war ganz klar: Braindead. So ein irrer Film von einem irrten Typen, der zuvor schon einen Trashklassiker namens „Bad Taste“ gemacht hatte, den ich auch nie gesehen hatte. Also folgte ich der Einladung zu diesem Filmabend und in fröhlicher Runde haben wir uns „Braindead“ angesehen.

Und es war ein grandioser Hit. Der Film spielte alle Stücke, die man pubertierenden Jungen, die nicht wissen wohin mit ihrem Aggressionspotential und schlechtem Geschmack, auch nur annähernd anbieten kann. Blut, schlechte Witze, schwarzer Humor, Splatter und Situationskomik, die absolut geschmacklos war, aber auf eine Art und Weise dargeboten, die man annehmen konnte, ohne deshalb ein schlechtes Gewissen zu haben. Zumindest ging es mir so.

Das fängt bei den handgemachten Effekten an, die auch bis heute zwar noch als solche zu erkennen sind, aber großartig aussehen. Und selbst nach über 30 Jahren ist die Sache optisch noch stimmig. Ja, damals nannte man das „lebensecht“ quasi. Das trifft heute nicht mehr zu, aber das ist wohl auch der Grund, warum die Sache heute noch immer funktioniert, denn dieser Film war nie dazu gedacht, ernst genommen zu werden. Da werden (Zombie)-Babies gezeugt und im Kinderwagen spazieren gefahren, da bekommen Sumatra-Rattenaffen Absätze durchs Hirn getreten und am Ende mag die Riesen-Ratten-Mutter ihren Sohn zurück in ihren Bauch schieben. Allerdings erst nachdem der gute Sohn eine Party ziemlich blutig mit herumfliegenden Körperteilen und einem Rasenmäher in Händen beendet hat.

Dazwischen völlig absurde Szenen, als Lionel ein paar Zombies (es bleibt ja nicht auf die Mutter beschränkt) von anderen Leuten fernzuhalten versuchte, indem er sie füttert. Dann kippt bei einem Zombie der Kopf nach hinten, was bedeutet, er kann nicht mehr schlucken, weshalb Lionel mit einem Löffel das Futter direkt in die Speiseröhre kippt. Liest sich banal und ein wenig eklig. Ist aber in der Inszenierung (vor allem die bemühte Art von Lionel kombiniert mit seiner Hilflosigkeit sind grandios) vor allem witzig. Und ein wenig eklig.

Tatsächlich ist wirklich, wirklich viel in diesem Film eklig. Da werden Menschen von Innen her auseinandergerissen, landen Rechen in Köpfen, Menscen zerfallen und gegen Ende liegen sehr, sehr, wirklich sehr viele Körperteile ohne ihre Besitzer herum. Also ja, der Film ist in erster Linie ein Splatterfest und der Humor kommt in erster Linie durch die völlige Absurdität zustande. Diese wird auch erreicht, weil in dem Film Sachen passieren, die man vorher so nicht gesehen hat und vermutlich auch heutzutage in dieser Form nie wieder sehen wird. Vielleicht auch gut so, denn immerhin sind die Effekte heute viel besser und ich bin mir nicht sicher, ob man Magen das überhaupt vertragen würde. Es ist in dieser Form schon grenzwertig, aber … offen gesprochen: Dieser Film ist und bleibt ein Kultfilm.

Wer mit Splatter nichts am Hut hat oder sich vor Blut ekelt: Macht einen großen, einen riesengroßen Bogen um diesen Film. Genau wie um die anderen Filme von Peter Jackson, die vor „The Frighteners“ gemacht wurden, also „Bad Taste“ und das Muppet-für-Erwachsene-mit-Blut-und-Erbrochenm-Irrsinnswerk „Meet The Feebles“. Auch wenn ich gestehen muss, dass ja bereits „Heavenly Creatures“ bereits eine deutliche Abkehr von dieser Art Splatter war und viel näher an zB „In meinem Himmel„.

Wenn damals jemand gedacht hätte, dass dieser Mann einmal in die Filmgeschichte eingehen wird mit „Der Herr der Ringe“ und ganz offen: Als ich damals gelesen habe, dass DIESER Peter Jackson die Herr-der-Ringe-Lizenz bekommen hat, konnte ich es fast nicht glauben. Aber wir wissen ja alle, was dann daraus wurde.

Ein ähnlicher Weg also, wie ihn James Gunn gemacht hat (Troma-Trashfilme, jetzt Chef vom DCEU).

Wie dem auch sei: „Braindead“ oder „Dead Alive“ ist einfach ein Kultfilm meiner Generation und ich denke, dass ihn so gut wie alle Filmfreunde gesehen haben. Und ich wette auch, mehr als nur einmal. Könnt ihr gern mal testen: Wenn ihr gerade über Filme sprecht, dann werft mal ein „Die Party ist vorbei!“ ein, während ihr so tut, als würdet ihr einen Rasenmäher starten. Ich wette 90% der Jungs werden wissend grinsen.

Bevor ich es vergesse: Ja, der Film hat tatsächich eine Handlung und ein ernstes Thema. Nämlich die toxische Beziehung von Lionel und seiner Mutter, die das Zentrum des Films darstellt und der tatsächliche Auslöser für all den Splatter und die Handlung kommt ja von der Besessenheit von Lionels Mutter. Und viele der witzigen Szenen später folgen, weil Lionel ja selbst immerzu mit dem Loslösen von der Mutter kämpft und irgendwie immer noch versucht ein „braver Junge“ zu sein. Was ja auch dazu führt, dass er zum Beispiel versucht, sich lösende Hautfetzen aus dem Gesicht der Mama wieder mit Superkleber ankleben möchte. Und Ja. Das ist eine der harmlosen Szenen.

„Braindead“ bekommt von mir (immer noch) 9 von 10 möglichen, die Grenzen des guten Geschmacks mehr als einmal überschreitende, aber funktionierende, Punkte.


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