Bullet Train (Filmkritik)

Ladybug (Brad Pitt) ist bereit für einen neuen Job. Er ist im Reinen mit sich selbst und hat seine Mitte gefunden. Zu Beginn bekommt er von der ihm zugeteilten Auftraggeberin Maria (Sandra Bullock) eine „leichtere“ Aufgabe, er soll nämlich einen Koffer aus einem Hochgeschwindigkeitszug entwenden. Am Anfang läuft auch noch alles nach Plan, doch kurz darauf packt auch schon der erste Kerl sein Messer aus und sticht auf Ladybug ein.

Langsam wird klar, dass sich hier noch einige andere Killer befinden – unter ihnen etwa Tangerine (Aaron Taylor-Johnson) und The Hornet (Zazie Beetz) – und ihre Aufträge hängen alle irgendwie mit dem von Ladybug zusammen. Wer zieht hier die Fäden im Hintergrund, was führt das etwas zu unschuldig wirkende Mädchen Prince (Joey King) im Schilde und wie soll Ladybug es nur schaffen, in einem Stück und am Besten noch mit dem Koffer, den Zug heil wieder zu verlassen?

Basierend auf dem im Jahr 2010 erschienenen Roman „Maria Beetle“ von Kōtarō Isaka (in den USA und England hieß bereits das Buch „Bullet Train“), sollte ursprünglich Antoine Fuqua (The Equalizer) Regie führen und von der Stimmung her sollte es ernst zugehen, in der Tradition eines „Stirb Langsam“ Filmes. Es sollte jedoch anders kommen, Fuqua zog sich zurück und fungiert nur mehr als Produzent, Ex-Stuntman David Leitch (Fast & Furious: Hobbs & Shaw) wurde als Regisseur engagiert und der Ton des Filmes in Richtung Action-Komödie geändert.

Ich muss gleich mal mit Brad Pitt anfangen, der im Film sein Comeback als Killer feiert und in gewisser Weise auch bei mir, weil ich nachgesehen habe und ja, mit World War Z habe ich 2013 meinen letzten Pitt-Film gesehen, also ist dies nach fast zehn Jahren auch seine ganz persönliche Rückkehr für mich. Wenn ich ihn nicht schon kennen würde und auch in früheren Rollen (etwa Fight Club) toll gefunden hätte, dann wäre ich spätestens jetzt ein Fan von ihm.

Nüchtern betrachtet ist er ein Hollywood-Star, der nächstes Jahr 60 Jahre alt wird. Der Stunt-Koordinator im Film hat angegeben, dass Pitt 95 Prozent der Stunts selbst gemacht hat. Das fällt dann auch auf (ja, ich meine im positiven Sinn) und hätte er sicherlich in dieser Form nicht bringen müssen. Ich höre ja oft in Interviews von Schauspielern, dass man sich nur richtig fallen lassen kann in die Rolle und dann Großes entstehen kann, wenn vom Regisseur am Set eine sichere Atmosphäre geschaffen wird.

Nun Leitch und Pitt sind seid Jahren Freunde und ich wage zu behaupten, dass man das auch spürt, denn Pitt fühlt sich sichtlich wohl in seiner Haut. Wer nun meint „es geht ja um nix, ist ja großteils eine Komödie“ der irrt sich gewaltig, denn die Kunst durchgehend lustig zu sein ohne zu nerven, ist eine, die man nicht unterschätzen sollte. Natürlich funktioniert Nichts für jede Person und auch ich schätze beinharte, völlig ernst gemeinte Genre-Beiträge sehr.

In Bullet Train passt der Mix aber für mich zu 100 Prozent aus mehreren Gründen. Erneut muss ich dabei wieder mal hervorheben, wie gut Ex-Stuntmen im Inszenieren von Action-Szenen sind, auch wenn das irgendwie auf der Hand liegt. Wie innovativ und vor allem optisch ansprechend sämtliche Gegenstände auf engstem Raum eingesetzt werden, das ist frisch und spannend und kein einzelner Kampf ist jemals auch nur ansatzweise langweilig.

Auch die mehrmals eingesetzten Rückblenden, die oft den Erzählfluss eines Filmes ausbremsen, haben mich hier nicht gestört und mich eher jedes mal zum Schmunzeln gebracht. Natürlich wird dadurch keiner der Charaktere tiefgründiger beleuchtet – alle bleiben an der Oberfläche – aber die Mitspieler sind spannend und es gibt so gut wie keine Figur, von der man nicht gerne mehr gewusst/gesehen hätte. Von den Darstellern ist wirklich jeder großartig, ich hebe deshalb nur meine Lieblinge hervor.

Pitt selbst ist wie gesagt spitze, wirkt von der Optik und dem Verhalten her harmlos, sogar wie ein Verlierer, aber greif ihn einfach mal an, der findet irgendwie aus jeder Situation einen Ausweg, jedoch fast nie, ohne diese selbst zuerst schlimmer zu machen. Der obligatorische weise Spruch darf auch nur selten fehlen. Aaron Taylor-Johnson (Outlaw King) als Tangerine finde ich unheimlich charismatisch und Joey King (The Princess) ist herrlich verspielt, überheblich und abgebrüht. Übrigens gibt es zwei Cameo-Auftritte (und auch weitere bekanntere Namen in kleinen Rollen) und einer ist eine direkte Antwort auf den Leitch Film Deadpool 2…wer hatte da nochmal einen Miniauftritt?

Insgesamt also ein wilder Ritt und großer Spaß, irgendwo zwischen John Wick, Bourne-Filmen und optisch überbordenden Animes. Der (auch oft schwarze) Humor macht Spaß und nimmt den ernsten Tönen nicht die Kraft, die Effekt sind auch in den CGI-Momenten schwer in Ordnung, die Action-Szenen sind perfekt inszeniert und innovativ und das Star-Ensemble ist bis in die kleinste Nebenrolle in wahnsinniger Spiellaune. Ich wurde jedenfalls bestens unterhalten.

„Bullet Train“ bekommt von mir 9/10 die Behauptung „der Zug ist das sicherste Verkehrsmittel“ in Frage stellende Empfehlungspunkte.


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