Peacemaker – Staffel 1 (Serienkritik)

Als „militanter Pazifist“ hat sich Christopher Smith aka Peacemaker (John Cena) nicht gerade viele Freunde gemacht. Darum gab es auch kaum Jemanden – abgesehen von seinem Fan und Kumpel Adrian (Freddy Stroma) – der sich auf eine Zusammenarbeit mit ihm gefreut hat. Agent Emilia Harcourt (Jennifer Holland) und John Economos (Steve Agee) haben jedoch die „Ehre“, ihn in ihrem Team willkommen zu heißen, weil sie ihre Chefin Amanda Waller (Viola Davis) verärgert haben.

Gemeinsam mit der Newcomerin Leota (Danielle Brooks) und unter der Führung des erfahrenen Söldners Clemson (Chukwudi Iwuji) müssen sie sich einer gefährlichen Mission stellen, die sie allesamt überfordert, auch wenn dies keiner von ihnen zugeben würde. Durch seine Zeit beim Suicide Squad, durch die neuen Leute in seinem Leben und weil er so wie bisher nicht mehr weiter machen will, kommt Peacemaker dabei ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem es zahlreiche Feinde zu eliminieren gilt, zu dem Beschluss, keine Menschen mehr töten zu wollen…

Die Tatsache, dass The Suicide Squad einer meiner Film-Highlights im Jahr 2021 war und ich sowieso Fan von James Gunn bin, werde ich hier nicht (noch) mehr kommentieren. Was sich die meisten Leute wohl gefragt haben, ist warum ausgerechnet ein Charakter wie Peacemaker eine eigene Serie spendiert bekommen hat. Immerhin ist er ein moralisch sehr bedenklich agierender Charakter, der Mord fast immer als beste Lösung von Problemen wählt und zusätzlich noch einen geschätzte Figur aus dem Squad getötet hat.

Gunn hat ja sinngemäß gesagt, dass wenn die Gesellschaft immer nur das bekommt was sie will bzw. erwartet, nichts Neues, Großartiges entstehen kann. Genau das ist hier passiert und es funktioniert auf mehreren Ebenen. Bist du einfacher gestrickt, dann hast du hier deinen Spaß, doch bist du an der Psychologie hinter den Figuren interessiert oder an ihrer Fähigkeit Empathie zu leben, dann bist du ebenso genau richtig. Viele Menschen werden diese Serie (wie auch den Film) als „nur für Nerds“ einstufen, doch während sie sozusagen den Content ausgrenzen, ist Peacemaker für alle da.

Wie kann man nun also einen Charakter, bei dem Wiedergutmachung aussichtslos erscheint, in den Augen der Zuschauer zu einer Figur machen, der man zujubelt und dessen Schicksal dich berührt? Wie überwindet ein „Held“ sein Trauma? Ab jetzt folgen Spoiler. Es gibt da die Ebene, ihm das schlimmere Monster gegenüber zu stellen (wo er dann im Vergleich dazu, der „Bessere“ ist), doch nicht in Form eines Gegners, was irgendwie zu einfach wäre. Hier ist dies der von Robert Patrick (Tone-Deaf) gespielte Auggie, der Vater von Christopher Smith aka Peacemaker.

Homophobie, Rassismus, Auggie ist ein wiederwertiger Kerl, wie er im Buche steht. Chris hat schon gespürt, dass sein Vater auf dem falschen Weg ist, dennoch ist er sein Vater und was will man von dem? Richtig, Liebe und Anerkennung, doch wie schafft man das, wenn Daddy ein Psychopath ist? Zurückgezogen, ein Trauma aus seiner Kindheit mittragend und in seiner eigenen Welt lebend, fehlt Chris für eine normale Entwicklung vor allem eines und das sind „normale“ Interaktionen mit anderen Menschen.

Hier kommen dann die stärksten Säulen der Inszenierung zum Zug und das sind für Gunn typisch wieder mal die Charaktere und die Beziehungen zu einander. Weil ich Auggie gerade erwähnt habe, er ist von den wichtigsten Mitspielern hier die einzige Figur, die sich über die acht Folgen der ersten Staffel, nicht weiter entwickelt. Das Team rund um Peacemaker (abgesehen von Vigilante), spiegelt zunächst die Gefühle der Zuschauer wider: was soll ich nur mit diesem Idioten anfangen und warum muss ich mich mit ihm abgeben.

Wie sie dann bis zum Finale hin zu einem „echten“ Team werden ist zwar von der Handlung her zu erwarten, aber derart stimmig und wird in einer befriedigenden Art und Weise präsentiert, dass man so gar keine Lust mehr hat, dem Gezeigten mit Sarkasmus zu begegnen oder sich emotional zu distanzieren. Die Kunst Gefühle zu vermitteln, ohne die Sache danach zu zerreden. Hier nur ein Beispiel. Steve Agee wiederholt hier ja seine Rolle des John Economos aus dem Film. Peacemaker zieht ihn häufig auf, weil er seiner Meinung nach, sich den Bart färbt. Er streitet dies ständig ab.

Im Finale hat John dann eine Szene, in der er alles aufklärt. Peacemaker reagiert darauf und er erkennt, wie gemein seine Aktionen waren, ohne dass es danach noch angesprochen würde. Ich hatte bei der Szene feuchte Augen und hab mir gleichzeitig gedacht: Wow, in so einer Konstellation und bei diesen Charakteren das zu Empfinden, das sind sehr gut durchdachte Figuren und die Schauspieler dazu, können dies auch vermitteln. Und Eagly, der Adler und animierte Sidekick des Helden? Nun wer nach dem Genuss dieser Serie keinen „Haus-Adler“ möchte, der hat offensichtlich keine Träume mehr im Leben.

Ein Standout-Charakter was die neuen Figuren betrifft, ist dann Freddie Stroma (13 Hours) als Adrian Chase alias Vigilante. Er ist ein Soziopath mit einer infantilen Seite und einer unbeugsamen Loyalität Peacemaker gegenüber. Das alleine muss man so in einer Figur mal vereinen können und wer den Satz aus dem Deadpool Film : „Fake laugh hiding real pain“ noch kennt, wenn dieser Spruch ein Mensch wäre, dann wäre dies eindeutig Vigilante. Viel Humor kommt daher klar von seiner Seite, doch auch einige der cooleren Momente, kann er für sich verbuchen.

Wie Peacemaker sich hier entwickelt, hin und her gerissen zwischen seinen früheren Idealen und seiner Art und Weise, Aktionen nicht zu hinterfragen (diese Seite spiegelt Adrian wider) und seinem neuen Weg, mehr Emotionen zuzulassen und verschiedene Lösungen zu finden (wofür sein neues Team steht), das wird dann auf eine Weise präsentiert, dass Chris dabei immer er selbst bleibt, dennoch viel mehr Seiten zeigen kann und diese auch lebt. Was John Cena (Fast and Furious 9) dabei alles treibt zeigt, dass er erstens herrlich uneitel ist und zweitens perfekt darin ist, zur falschen Zeit das falsche zu sagen.

Wenn ich jetzt mal Auggie als Antagonist weg lasse, dann bleiben hier ja die Alien-Parasiten, die alle nur Butterflys nennen. Man könnte jetzt annehmen, dass die als Bösewichte wenig hergeben, typisch für Superhelden-Stories eben (bis auf ein paar Ausnahmen). Doch das genaue Gegenteil ist der Fall, denn über die Hintergründe ihrer Taten, kann man hier sehr viel nachdenken und sie werden dadurch eigentlich sofort, in eine moralisch ambivalente Richtung gerückt.

Menschen machen sich und den Planeten kaputt. Deshalb haben die Aliens Leute in Führungspositionen übernommen, weil diese dann so agieren können, dass es für die gesamte Menschheit besser ist. Ist es nun also besser, Menschen aus freiem Willen das Falsche tun zu lassen oder sollte man ihnen die Entscheidungsmöglichkeiten nehmen, damit sie das Richtige tun? Wann schreitet man z.b. bei seinen Kindern ein, um Schlimmeres zu verhindern und welche schlechten Erfahrungen, sollen sie ungebremst ohne die Eltern machen? Warum sich Peacemaker hier für die eine Seite entscheidet, ist mit all den dazugehörigen Konsequenzen, einer der schönsten Aussagen für mich.

Ein bisexueller Antiheld, ein diverser Cast, eine gehörige Prise Wahnsinn und zahlreiche „Gespräche“, die zunächst nur eine Mischung aus Kopfschütteln und Schmunzeln auslösen und dann doch irgendwie immer wieder charmant sind. Dazu kommen immer unterhaltsame Action-Momente, von der Leine gelassene Performances aller Beteiligten und wie immer bei Gunn eine tolle Einbindung von ebenso toller Musik in Szenen, die dadurch noch lange im Gedächtnis bleiben. Was mich dabei nur wundert, ist dass es nicht nur mir gefallen hat, denn eine zweite Staffel, wurde bereits genehmigt. Gunn wird auch hier wieder Regie (bei Staffel eins hat er diese bei fünf Folgen übernommen) und das Drehbuch übernehmen, es kann also im Prinzip nur alles schief gehen, aber eben auf eine geniale Art und Weise.

„Peacemaker Staffel 1“ bekommt von mir 10/10 in einer Welt spielende Empfehlungspunkte, in der wirklich jedes Wesen so schräg sein darf, wie es eben im Inneren ist.


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