Desmond Doss (Andrew Garfield) gehört der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten an, ist aber dennoch kein Kriegsdienstverweigerer. Er will wie viele andere Männer im zweiten Weltkrieg für sein Land kämpfen, aber während andere Leben nehmen, will er es als Gefechtsmediziner retten. Wegen seiner Überzeugung weigert er sich daher während seiner Grundausbildung, eine Waffe auch nur anzugreifen, sehr zum Missfallen seines Vorgesetzten Captain Glover (Sam Worthington).
Einige Demütigungen und Tests später, die die Stärke seines Glaubens auf eine harte Probe gestellt haben, wird Doss gemeinsam mit seiner Kompanie zur Schlacht von Okinawa eingeteilt, wo sie eine Klippe namens Hacksaw Ridge erklimmen müssen und die darauf lauernden Japaner besiegen sollen. Im folgenden Kampf werden die Amerikaner vernichtend zurück geschlagen und nur wenige können flüchten. Doss jedoch bleibt zurück und zieht einen Verletzten nach dem anderen, aus der Gefahrenzone…
Die Idee, die wahre Geschichte von Desmond Doss – der als erster Kriegsdienstverweigerer die Medal of Honor verliehen bekam, da er über 75 seiner Kameraden das Leben gerettet hatte – zu verfilmen, hatten Produzenten bereits vor 14 Jahren. Der mittlerweile verstorbene Doss selbst war gegen einen Film, da er befürchtete, dass die Ereignisse sehr ungenau dargestellt werden würden. Auch wenn man sich (wie immer) ein paar Freiheiten gegönnt hat, ist Doss Sohn laut Interview verwundert gewesen, wie akkurat die Geschehnisse dann wirklich dargestellt wurden.
Für Schauspieler Mel Gibson (Mad Max, Payback) ist dies nach „Apocalypto“ seine erste Arbeit als Regisseur seit zehn Jahren, nachdem er dieses Projekt genau wie bei Braveheart, zunächst zweimal abgelehnt hat. Gedreht wurde ausschließlich in Australien, wo 500 Hektar Land mittels Bulldozer zum Schlachtfeld von Okinawa umgestaltet wurden. Gibson wollte den Einsatz von CGI-Effekten möglichst gering halten, somit kamen diese nur bei Brandwunden von Napalm-Opfern zum Einsatz. Motiviert hat er seine Darsteller in der Schlacht mit lautem Schreien, um sie mit seinen Zurufen ständig zu erinnern, wofür sie kämpfen.
So, jetzt muss ich mich gedanklich aber noch mal kurz aus dem Kampf zurück ziehen und was los werden. Ich finde in keiner Weise dass dies indirekt ein Werbefilm für eine bestimmte Freikirche sein soll. Auch die Glorifizierung eines Helden wird für mich hier außer Kraft gesetzt. Warum? Weil ich finde dass dieser Film vor allem eines verherrlicht und das ist Menschlichkeit. Jeder hätte sie in sich, bei vielen ist sie verschüttet, manche bekommen nie die Gelegenheit, sie wirklich einzusetzen. Doss ist einfach in den richtigen Momenten über sich hinaus gewachsen. Ist er somit ein Vorbild? Ja. Gehört er deswegen verehrt? Nein.
Aber nun genug davon. Die erste Stunde nimmt sich der Film viel Zeit, Doss Leben zu zeigen als Kind und wie er zu seinem Glauben findet und die Frau erobert, die er liebt. Man merkt er geht seinen eigenen Weg, er sticht aus der breiten Masse irgendwie heraus. Was ihm beim Training als Soldat dann einige Probleme bereitet. Die Vorgesetzten wollen ihn loswerden, die Kollegen verprügeln ihn. Sein Durchhaltevermögen überrascht dabei immer wieder seine Gegner. Als Zuschauer ist man mittlerweile gekonnt auf seine Seite gezogen worden, den Kerl muss man einfach mögen.
Dann gehen die Kampfhandlungen los und es ist ein echtes Gemetzel, brutal und lähmend gehen die Kontrahenten in animalischer Form aufeinander los. Hier kann man natürlich einwerfen, dass die Japaner klar als die eindeutig Bösen dargestellt werden, aber erstens waren sie das auch aus amerikanischer Sicht (wäre interessant, wie der Film aus deren Perspektive ausgesehen hätte) und zweitens werden sie immerhin als furchtlose Krieger gezeigt, die ihren Gegnern, durchaus überlegen sind. Meine Lieblingsmomente kommen dann aber alle im letzten Drittel vor, wo alle Menschen rund um Doss erleben, was er wirklich für ein Kerl ist.
Die allerletzte Einstellung ist stilistisch und symbolisch zwar etwas übertrieben, aber das verzeihe ich Gibson hier gerne, denn noch nie habe ich Andrew Garfield (obwohl ich ihn auch als Spiderman toll fand) so gut gesehen wie hier. Ohne seine Performance würde der Film nicht so gut funktionieren. Von der Art, wie er furchtlos aber ohne Plan die Dame seines Herzens anspricht, wie er sein verschmitztes Lächeln gegenüber Vorgesetzten einsetzt und vor allem sein vehementes, immer weiter machendes Auftreten im Kampf, das ist mitreissend und das von Anfang bis Ende.
Teresa Palmer (Lights Out) ist ebenfalls stark als die Dame an seiner Seite, die Chemie zwischen beiden ist spürbar und ihre Liebe glaubt man ihnen einfach. Sam Worthington (Avatar) ist der Captain, der seine Männer durch Doss gefährdet sieht, später aber seinen Fehler zugibt und Vince Vaughn (Term Life) hat mich mit der Art wie er seine Männer anschreit, ein paar mal zum Schmunzeln gebracht. Hugo Weaving (The Dressmaker) überzeugt als der von den Verlusten des Krieges schwer gezeichnete Vater von Doss und Luke Bracey (Point Break) als Kollege, der zunächst Doss das Leben ziemlich schwer macht.
Insgesamt sicher ein Film, den man von dem was er aussagt und was er zeigt auch so sehen kann, dass man ihm nicht viel abgewinnen kann (amerikanischer Helden-Pathos und so). Optisch, inszenatorisch, schauspielerisch und von dem was an Herzblut drinnen steckt, ist er aber auch ganz objektiv gesehen eine Wucht. Nicht ohne Momente, die ich so nicht gebraucht hätte, dafür auch mit einigen, die ich mir gerne immer wieder ansehe. Egal wie man ihn auch immer sehen möchte, eines ist wohl sicher, kalt lassen, wird er wohl Niemanden.
„Hacksaw Ridge“ bekommt von mir 8/10 in Zeiten des größten Schreckens, über sich hinaus wachsende Empfehlungspunkte.
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