Oldies but Goldies: Braveheart (Filmkritik)

Als William Wallace noch ein kleiner Junge ist, werden die Clanführer aus Schottland vom König von England zu Verhandlungen geladen. Er schleicht seinem Vater nach, aber alle an dem Treffen Teilnehmenden wurden erhängt. Sein Vater schwört Rache und zieht gehen gegen den Longshank genannten König in den Krieg. Er wird als Leiche nach Hause gebracht, weshalb Williams Onkel sich seiner annimmt und ihn aus Schottland fortbringt.

Jahre später kehrt der erwachsene William (Mel Gibson) in seine Heimat zurück und heiratet gegen den Willen des Brautvaters seine große Liebe Murron (Catherine McCormack). Als sie knapp einer Vergewaltigung entgeht und William sie rettet, wird sie des Angriffs auf englische Soldaten schuldig befunden und ermordet. William kann das nicht hinnehmen. Schlecht für die Engländer, da sein Onkel ihm mehr beigebracht hat, als große Reden zu schwingen …

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1995. Nachdem Mel Gibson mit dem Film „The Man Without A Face“ – einem Drama über die Freundschaft eines entstellten Mannes und eines kleinen Jungen, die von Verdächtigungen des Missbrauch überschattet wird – in einer Doppelfunktion als Regisseur und Hauptdarsteller durchaus gute Kritiken einfahren konnte, macht sich der Australier über einen ureigenen schottischen Stoff her: Den Befreiungskampf der Schotten gegen die Unterdrückung der Engländer.

Und was für ein Zweitwerk der gute Hr. Gibson da vorlegt, denn „Braveheart“ ist nichts anderes als ein Meisterwerk. Selbst heute – mehr als 20 Jahre nach seinem Entstehen – sieht der Film immer noch großartig aus. Die Effekte sind fantastisch und unaufdringlich. Sie haben auch heute nichts von ihrer realistischen Optik eingebüßt. Die Landschaftsaufnahmen des wunderschönen Schottlands und die romantisierte Version des Konflikts (die guten, braven, wilden, aber gutmütigen Schotten, die sich nur wehren, gegen die grausamen und widerwärtigen Engländer) mögen nicht den Geschmack von allen treffen, aber der Film ist wirklich extrem gut gemacht und mitreißend.

Jahre vor Peter Jackson und „Herr der Ringe“ zeigt ausgerechnet Mel Gibson allen, wie man es richtig macht. Als ich mir den Film vor kurzem wieder einmal angesehen habe, musste ich sprachlos feststellen, wie viel Peter Jackson eigentlich Mel Gibson schuldet, denn viele Elemente, die das Fantasy-Epos filmtechnisch so großartig machen sind bereits in „Braveheart“ vorhanden und – ganz ehrlich – perfekt inszeniert. Der Film hat seine fünf Oscars in meinen Augen absolut berechtigt erhalten.

Sicher – wer einen geschichtlich korrekten Film erwartet, der ist hier an der falschen Stelle. Allerdings beginnt der Film bereits mit den Worten „Die Geschichtsschreiber werden mich einen Lügner nennen …“ und ja, vermutlich würden sie das, aber ich sehe mir „Braveheart“ ja auch nicht an, damit ich nicht Geschichte zu lernen brauche, sondern um runde 180 Minuten großartig unterhalten zu werden. Und das gelingt absolut fabelhaft.

Der Spannungsaufbau, die Charaktere, die Musik, die Kamera, die Schnitte – all das fügt sich zu einem gewaltigen Ganzen zusammen, welches mich als Zuseher absolut mitreißt. Die Charaktere sind in ihren Absichten klar umrissen bzw. zwiegespalten (Robert The Bruce) und bis auf die Nebenfiguren perfekt gecastet und besetzt. Sophie Marceau ist so viele Jahre nach „La Boum“ immer noch wunderschön und elegant (und wer sich nicht in ihre Prinzession verliebt ist herzlos) und Mel Gibson inszeniert William Wallace so charismatisch, dass man selbst vor dem Bildschirm mit ihm in die Schlacht ziehen würde. Fantastisch.

Ehrlich jetzt – seht euch „Braveheart“ von filmtechnischer Seite her nochmals an und dann seid nicht beeindruckt. Die Kamerafahrten um die Leuchtfeuer in „Die zwei Türme„? Gibt es in Braveheart. Massenschlachten zwischen riesigen Heeren wie in „Die Rückkehr des Königs„? Gibt es in Braveheart. Spannungsaufbau bis die Action dann erbarmungslos zuschlägt? Gibt es in Braveheart.

Und der Film schafft, was so viele „Herr der Ringe„-Nachahmer später nicht hinbekommen haben: Die Schlachten sind kurz, heftig und intensiv. Und gerade so lang, dass sie nicht langweilig werden (Hallo, „Königreich der Himmel“) oder unübersichtlich (Hallo, „Alexander“) und die Charaktere sind einem absolut nicht egal (Hallo, „Troja“).

Ich kann mich noch erinnern, als „Braveheart“ damals den Oscar als „Bester Film“ gewann, sagte irgendein Kritiker „Wenn das der beste Film des Jahres war, dann beweist es nur, was für ein schwaches Kinojahr wir hatten.“ Dem kann ich nur widersprechen, denn selten habe ich einen Film gesehen, der mich nach zwanzig Jahren immer noch mitgerissen hat und der leider im Schatten von „Herr der Ringe“ unterging, denn – seitdem ich ihn vor kurzem wieder gesehen habe ist mir völlig klar, wieviel wir „Braveheart“ kinotechnisch zu verdanken haben. Selten habe ich einen Film gesehen, der von vorne bis hinten dermaßen stimmig ist (von der geschichtlichen Inkorrektheit oder dem kommenden und gehenden schottischen Akzent von Mr. Gibson mal abgesehen).

Schade, dass Mr. Gibson danach an Größenwahn zu leiden begann und mit „Passion Of The Christ“ und „Apocalypto“ das Kevin Costner-Schicksal ereilte und er wieder in der Versenkung verschwand. Immerhin scheint er wieder Freude an irren Filmen zu haben – ist ja auch was („The Expendables 3“ oder „Get The Gringo“ oder „Machete Kills„)

„Braveheart“ bekommt 9 von 10 möglichen, den Engländern selbst unter Folter nicht nachgebende, Punkte.

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