Alien: Romulus (Filmkritik)

Rain Carradine (Cailee Spaeny) ist eine Waise, die mit ihrem Adoptivbruder Andy (David Johnsson), einem umprogrammierten Androiden, ein tristes Dasein fristet in einer Kolonie. Gerade als sie einen Rückschlag erleidet und denkt, dieses Leben nie hinter sich lassen zu können, kontaktiert sie ihr Ex-Freund Tyler (Archie Renaux). Er hat den Plan Cryostasis-Kammern aus einer verfallenen Raumstation zu bergen, die sich im nahen Orbit befindet, um so den Planeten Yvaga erreichen zu können.

Dafür braucht er jedoch Andy, der als Schnittstelle mit dem Bordcomputer fungieren muss. Rain lässt sich nach anfänglichem Zögern schließlich doch überzeugen und somit brechen Rain, Andy, Tyler, seine Schwester und sein Cousin inklusive dessen Freundin zu einer Reise auf, die in eine bessere Zukunft führen soll…

Meine persönliche Geschichte mit dem Alien-Franchise, begann zu früh, im Sinne von ich war noch nicht alt/reif genug dafür. Als beim Original das Alien aus dem Bauch kam, musste ich abschalten und hatte Angst, dass bei mir selbst auch etwas herausbrechen könnte. Jahre später habe ich den Film dann als Ganzes gesehen (dabei wirkte er auf Grund meiner „traumatischen“ Erinnerung beinahe schon harmlos) und auch die restlichen Teile nachgeholt.

Ich bin zwar kein klarer Fan des Franchise, doch ein Alien-Film im Kino, ist immer ein intensives Erlebnis (Resurrection war dabei bisher mein Liebling). Dafür bin ich aber Fan von Regisseur Fede Alvarez, Evil Dead und Don’t Breathe finde ich großartig und auch Verschwörung, seinen Ausflug in einen Bereich außerhalb des Horror-Genres, ist für mich richtig stark. Wenn er also einen Alien-Film machen würde dachte ich mir, das ist sicherlich was für mich. Spoiler: genau so ist es auch.

Romulus ist ein Film eines Fans für uns Fans, ohne Fanservice als Selbstzweck. Es gibt Referenzen auf alle sechs vorherigen Teile und kein einziges mal hatte ich das Gefühl, ich sollte jetzt klatschen und den Machern gratulieren, diese Momente fühlen sich viel mehr an wie Puzzle-Teile, die das Ganze noch stimmiger machen. Ob man das als nette Hinweise, als Respekt zollende Hommage oder wie eine schlechte Coverband erlebt, das kann das Publikum durchaus spalten, aber davor schreckt Alvarez nicht zurück (siehe das Finale, aber dazu kommen wir noch).

Was man nie spürt – und die bekommt man heutzutage gar nicht so selten zu spüren – ist die Arroganz des Filmemachers. Wenn man dann weiß, dass Alvarez sich sowohl mit Ridley Scott (Alien) als auch James Cameron (Aliens) beraten hat und die Erlaubnis geholt hat, einen gewissen (verstorbenen) Charakter/Schauspieler einbauen zu dürfen (war Scotts Idee, ihn einzufügen), bestätigt das nur den sympathischen Zugang. Damit komme ich endlich zum Film selbst, der ja zwischen den Ereignissen von Alien und Aliens angesiedelt ist.

Die ersten 45 Minuten sind eher langsam, die Atmosphäre wird aufgebaut und man bekommt ein Gefühl für diese jungen Leute, für die das Leben in den Mienen einen frühen Tod bedeutet, weswegen sie auch das Risiko eingehen, dass zur Haupthandlung wird. Die unheilvolle Stimmung ist dabei permanent zu spüren und wow ist das Sounddesign großartig. Diese Geräusche, die an den Nerven zerren, der Score, der zwischen Hommage und Eigenständigkeit hin und her pendelt und die Stille in einigen Momenten, da ist man klar mittendrin statt nur dabei.

Passend dazu ist die Optik wirklich bestechend, auch sämtliche Aufnahmen der Raumschiffe und des Weltalls an sich. Dabei kommen viele handgemachte Effekte zum Einsatz und Menschen in Kostümen statt CGI, das freut das Herz des Cineasten. Es gibt genau nur einen Effekt – ihr werdet wissen, welchen ich meine – der nicht perfekt wirkt, aber dies Art von Technik, bekommt man heutzutage einfach noch nicht besser hin aka ich konnte es so akzeptieren.

Der Sci-Fi Anteil ist dabei der Rahmen, der Kern ist klar dem Horror gewidmet. Von den Kamerafahrten über die Farben, vom Creature-Feature bis zum Body-Horror, die wohlige Gänsehaut entsteht hier, um zu bleiben. Dabei gibt es gleich mehrere Einzel-Szenen, die ich mir für sich alleinstehend, gerne mehrmals ansehen werde, wenn es den Film fürs Heimkino gibt. Zum Beispiel die Sequenz mit der Waffe und der Schwerelosigkeit gegen Ende, da musste ich als Gamer so richtig fett grinsen.

Wo wir schon beim Finale sind, das Alvarez selbst als „fucked up“ bezeichnet. Ich sage mal so, es ist optisch stimmig und vom Design auf die Prequels von Ridley Scott bezogen und als grundsätzlicher Dämpfer, dass Menschen eben nie Gott spielen sollten, sehr gelungen. Was die Szene in Summe betrifft: ich mochte nicht, was ich gesehen habe, aber ich fand die Gefühle richtig irritierend stark, die ich dabei empfunden habe. Dabei kann ich Alvarez weder hinbiegen auf glatt, noch schocken um des schocken willens vorwerfen, da wollte er einfach seine Idee durchziehen.

Schauspielerisch muss ich vor allem zwei hervorheben. Müsste ich die Performance von Cailee Spaeny (Pacific Rim: Uprising) als Rain in wenigen Worten beschreiben, würde ich wohl die Kraft der Ruhe wählen. Wie sie Menschen behandelt, Situationen beobachtet und vor allem ihre klaren Blicke mit weit geöffneten Augen, das mag seltsam klingen, aber sie weckt irgendwie die Lust in dir, ein Abenteuer zu erleben. Wirklich ein starker zentraler Charakter, den man durch ihre Taten kennenlernt, nicht über die Hintergrundgeschichte.

Ebenfalls großartig ist David Jonsson (Rye Lane) als Andy, der beinahe kindlich naiv wirkende Android. Er darf handlungsbedingt ja zwei unterschiedliche Seiten zeigen und das macht er so das du denkst, da steht jetzt eine andere Person. Isabela Merced (Madame Web) sollte man auch noch erwähnen, denn abgesehen davon, dass ihre Figur Kay dir nur leid tun kann, sind ihre Reaktionen larger than life und das ist genau das, was man selbst empfindet.

Was soll ich noch schreiben außer gut, dass der Film im Kino gelandet ist und nicht wie ursprünglich vorgesehen auf einem Streaming-Dienst, denn im Cinema ist er ein echtes Erlebnis. Nicht jedes Detail in Romulus ist ganz auf meiner Ebene, aber was man hier alles an Gefühlen durchleben kann, Alvarez weiß einfach, wie man Spannung erzeugt (und ja, ich bin auch froh, dass ich scheinbar noch nicht völlig abgestumpft bin).

„Alien: Romulus“ bekommt von mir 8,5/10 auch ohne gehört zu werden, dennoch schreien müssende Empfehlungspunkte.


One thought on “Alien: Romulus (Filmkritik)

  1. Der ALIEN-Film, von dem ich nicht wusste, dass ich ihn brauche. Wow – was für ein Ritt. Beim Ende kann ich nur zustimmen: Das hätte ich so nicht gebraucht, aber ich verstehe, was der Regisseur da machen wollte.

    Beachtliche Leistung auch, dass das der ALIEN-Film ist, der wirklich alle Teile zusammenfügt.

    Gibt ein paar sehr, sehr gute und heftige Szenen, auch wenn die Aliens per se für meinen Geschmack zu selten vorkamen (von den Facehuggern abgesehen), aber von der Spannung und der Stimmung her – MEGA.

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