Divinity: Original Sin – Enhanced Edition (Game-Review)

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Eigentlich sollten die beiden „Source-Hunter“ nur einen Mordfall aufklären. Sicher. Es passiert nicht alle Tage, dass jemand wie Jake ermordert wird. In einem Gasthaus. Ohne Zeugen. Da könnte was faul dran sein. Ganz abgesehen davon, dass die Stadt von Orks angegriffen wird, während auf der anderen Seite aus den Wäldern die Toten beginnen sich zu erheben und herumtorkelnd die Menschen anzugreifen.

Etwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu, soviel ist klar. Die Vermutung, dass „Source“ (verdorbene Magie) im Spiel ist, scheint sehr naheliegend. Aber natürlich ist das nicht alles. Die Sache hat weit größere Dimensionen als man annehmen könnte und als sich herausstellt, dass unsere „Source-Hunter“ nicht einmal Teil der „Fäden der Zeit“ sind, also außerhalb der Zeit existieren, ist völlig klar, dass auch unsere Helden nicht unbedingt die Durchschnittstypten sind, die sie zu sein glauben.

Ja, ich bin ein Fan von guten Rollenspielen. Schon als ich vor vielen, vielen Jahren mit „Baldur’s Gate“ und davor mir „Might And Magic“, „Wizadry“ und „Bard’s Tale“ (ja, so alt bin ich schon) viel Zeit verschi… ich meine, verbracht habe, war ich begeistert von den schier endlosen Möglichkeiten, die solche Abenteuer bieten können. Dann kamen andere Sachen, die wichtiger waren. Diese anderen Sachen sind noch immer wichtiger, aber immer wieder einmal packt es mich und dann will ich ein Mammut-Rollenspiel (sozusagen) anpacken und mich in eine fremde Welt werfen. Nachdem das Rollenspielgenre eine Weile (zumindest in meinen Augen) so gut wie tot war, gab es einen netten Aufschwung und spätestens seit „The Witcher“ und „Dragon Age: Origins“ bin ich wieder aktiver(!) Fan (Ich hatte noch keine Zeit für „The Wichter: Wild Hunt“ oder „Pillars Of Eternity“ – Himmel, ist das gut! – , Mal schauen was 2016 so passiert). Fan von den Geschichten und den vielen, vielen Möglichkeiten, die sich bieten in toll designte und mit Liebe gemachte Welten einzutauchen, ihre Geheimnisse zu ergründen, coole Charaktere zu treffen und – eine frische Story (oftmals ein wenig aufgewärmt) neu zu erleben.

Da kam mir 2014 „Divinity: Original Sin“ gerade recht. Allerdings habe ich kurz nachdem ich damit begonnen hate das Ding zu spielen gelesen, dass eine „Enhanced Edition“ geplant ist, also habe ich aufgehört. Relativ kurz nach dem Anfang. Ich bin jetzt in einem Alter, wo ich maximal(!) einmal(!) mehr als 40 Stunden in ein Spiel versenke. Es gibt ja noch andere Dinge im Leben. Diese 40 Stunden aber, haben mich – als ich die „Enhanced Edition“ dann nach erscheinen 2015 wirklich angefangen habe – gefesselt (Käufer der Originalversion bekamen das Update/Spiel gratis). Das liegt an mehreren Gründen, deren zwei größte Pfeiler sich zusammenfassen lassen auf:

Die liebevolle, detaillierte Welt und die Geschichte.

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Die Welt von „Divinity“ ist eine klassische Rollenspielwelt. Voll von Monstern, Dämonen, Untoten, Orks und allem was es noch so gibt. Das wirklich Tolle daran ist aber, mit welcher Liebe die Welt gestaltet, gezeigt und umgesetzt wird – ich kann mit jeder Person handeln, mit (fast) allen zumindest ein kurzes Gespräch führen – sogar mit Tieren, wenn ich das entsprechende Talent besitze. Und die Viecher haben mir mehr als einmal geholfen eine Quest zu beenden. Unterschätzt die Hasen, Rehe, Hirsche und Schweine nicht, werte Damen und Herren! Die Welt ist lebendig, die Charaktere die man trifft liebenswert schrullig und sogar die Bösen sind irgendwie sympathisch und meinen es ja nicht mal böse. Dazu kommt der wirklich nette Humor, der mich mehrmals zum Grinsen brachte und den Kopf schütteln ließ, genauso wie sehr fein eingestreute, herzerwärmende Szenen – wie oft habt ihr einen Ork getroffen, der am Strand sitzt und seine gefallenen Mitstreiter beheult? Mir ging es das erste Mal so. Und ich hatte echt das Gefühl – hey, das sind ja nicht nur Monster!

Die Gefährten, die sich euch anschließen können, sind gerade mal vier (zumindest habe ich nicht mehr gefunden) und weit nicht so ausgereift (oder so inszeniert) wie die Gefährten bei zB DA:Origins, aber dennoch haben sie alle ihre (teilweise sehr tragischen) Geschichten zu erzählen und geben auch regelmäßig Kommentare zu den jeweiligen Situationen oder Vorkommnissen im Spiel ab oder haben eine kurze Geschichte dazu zu erzählen. Auch wenn es einem jetzt nicht so aufs Auge gedrückt wird wie bei der Konkurrenz: Ich mochte meine Truppe. Die ging gemeinsam durch dick und dünn, auch wenn sie nicht immer einer Meinung waren.

An dieser Stelle kommt das Kampfsystem zum Tragen, oder besser: Das Umweltsystem. Denn „Divinity: Original Sin“ hat mich diesbezüglich fast aus den Latschen gehauen. Wo andere oft damit prahlen, dass ihr Kampfsystem ja auch so super ist und die Umwelt auf ihre Aktvitäten der SpielerInnen reagiert: Guckt her, denn SO macht man das! Die Kombinationsmöglichkeiten aus Feuer, Eis, Strom, Wasser und Gift – ein Hammer. Beispiel:
Ich stehe einer Gruppe von Flammenmonstern gegenüber, die alle in etwa mein Level haben. Ich greife an und keine fünf Züge später (hier wird mit Aktionspunkten schön der Reihe nach gezogen) liegt meine komplette Mann/Frauschaft darnieder. Keine Chance. Nicht mal ansatzweise. Das Spiel ist unfair. Das geht so nicht. Das kann man nie schaffen, bla bla bla. Dann kommt mir der Gedanke, dass ich vielleicht mal versuchen sollte die ganzen Elementar-Sachen einzusetzen, die mir zur Verfügung stehen (und ich davor noch nie gebraucht habe): Also nächster Versuch. Fünf Züge später liegen die Monster darnieder und meine Truppe hat keinen Kratzer. Warum? Die Taktik macht den Unterschied. Sehen, was in der Umgebung herumsteht, überlegen welche Schwächen die Gegner haben können und dann geht die Post ab. Einen Regenschauer herbeizaubern (oder die Wassertonnnen nebenbei kaputtmachen) und einen Blitz nachschießen: Die Gegner sind gelähmt. Die Schwertmeisterin wird vom Schurken in die Mitte der wehrlosen Gegner teleportiert (wo kein Wasser ist, sonst ist sie auch gelähmt) und fegt mit einem Rundumschlag gleich mal gut die halbe Truppe weg, während die Bogenschützin schön brav mit Wasserpfeilen ein Feuerwesen nach dem anderen „auslöscht“ (sorry, doofer Wortwitz, konnte nicht widerstehen) und mein Erdmagier einen Wolf herbeiruft, der den Bösen in den Rücken fällt. Problem gelöst.

Selten habe ich mich in einem Rollenspiel so sehr auf den nächsten Kampf gefreut (bei DA:Inquisiton schon gar nicht) wie hier. Das macht Spaß, das bringt ein Triumphgefühl. Mehrmals im Spiel werde ich mit Situationen konfrontiert in denen ich hoffnungslos versage, nur um beim nächsten Versuch glorreich zu triumphieren: Ohne, dass sich an der Ausgangslage etwas geändert hätte! Hier liegt es tatsächlich zu 100% daran, wie ICH die Sache angehe. Wundervoll!

Ebenfalls grandios ist, dass das Spiel zwar Hinweise gibt wo und wie etwas zu tun ist, aber hinfinden muss ich schon selbst. Das Rätsel lösen? Mach doch selbst. Da gibt es keine Pfeile, die mir alle zwei Sekunden vor der Nase tanzen. Keine Charaktere, die rein zufällig in der Nähe stehen und mir immerzu sagen, was ich nicht tun oder lassen sollte, nein – hier entscheide ich. Punkt. Was darauf hinausläuft, dass ich 100% aller Karten aufgedeckt habe, erstaunlich viel versteckte Punkte und Gebiete erreicht haben (ich sage nur: Danke Teleportationspyramide) und mir mehrmals ein schelmisches „hehe“ nicht verkneifen konnte.

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Die Geschichte ist eine klassische: Ein uraltes Übel wird heraufbeschworen. Punkt. Aber das ist nach den ersten fünf Stunden besiegt und die Story geht noch weiter. Sicher. Ich weiß. Es ist eine Fantasy-Story, es geht um das Ende der Welt, unsere Source-Hunter sind die einzige, welche sie retten können und so weiter und so fort. Klingt nach magerer Durchschnittskost, aber es gibt da ein paar Ideen, die man zwar sehr rasch ahnt, aber dennoch sehr gut finden kann. So ging es mir zumindest. Mir gefiel die Story in all ihrer Einfachheit und der neuen Wendungen und Ideen darin sehr gut. Auch die vielen kleinen Geschichten, die zwischendurch immer wieder zu hören sind, haben mir durch die Bank gut gefallen.

Der Rest ist klassisches Rollenspiel: Inventar verwalten, Charaktere erstellen, Waffen bauen, Tränke mixen – allerdings in einem Umfang, der mich anfangs fast überfordert hat. Ich hatte nicht damit gerechnet, was da alles möglich ist. Und mit wie viel schrägen Humor es erzählt wird. Ihr wollte die beste Rüstung im Spiel finden: Dann müsst ihr zuerst über die „Legende des Werschafs“ lesen. Und es dann finden. Ja. Ihr lest richtig: Wer-Schaf. Was könnte das wohl sein? Vielleicht wollt ihr auch einfach Gutes tun und wollt zwei Katzen verkuppeln? Ja. Zwei Katzen. Richtig gelesen. Ganz abgesehen davon, dass einer eurer Vertrauten in diesem Fall ein Gestaltwandler ist, der euch immer wieder Tipps gibt und irgendwann stellt sich die Frage: Was ist seine wahre Form? Und wie irre ist der Grund für seine Verwandlung? Das Spiel ist vollgepackt damit. Super. Super Super. Ein paar Elementarrätsel zum Öffnen von Türen fand ich sehr hart, andere wieder sehr leicht – das schwankt. Und in diesem Fall hat mir – wie man durchaus glaube ich aus meinen Zeilen herauslesen kann – ja sogar das Scheitern Spaß gemacht.

Und dabei habe ich von der Koop-Spielmöglichkeit und so viel anderem Zeug noch gar nichts erzählt …

Die Enhanced Edition bietet gegenüber der „Original-Version“ übrigens eine dermaßen große Zahl an Verbesserungen (an allem inklusive Story), dass ich darauf nicht eingehen werde, das könnt ihr allesamt hier nachlesen. Ich sage nur: Wow. Ich freue mich auf den Nachfolger.

„Divinity: Original Sin (Enhanced Edition)“ bekommt von mir 9,5 von 10 möglichen, mich absolut in meine Jugendzeit (im positiven Sinn) zurückversetzende, Punkte.

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