The Scribbler – Unzip Your Head (Filmkritik)

Es ist hier besser als im Gefängnis oder auf der Straße zu leben und sie ist somit einen klaren Schritt gesünder, als sie es noch bei ihrem Krankenhausaufenthalt war: Suki (Katie Cassidy) ist die neueste Bewohnerin in einem Übergangs-Hochhaus, dass mental Kranke beherbergt, auf ihrem Weg zurück in ihr „normales“ Leben. Sie leidet unter multipler Persönlichkeitsspaltung und ihr Zustand wurde mit einer experimentellen Methode behandelt, die sich „The Siamese Burn“ nennt.

Bei dieser Behandlung werden Sukis Persönlichkeiten der Reihe nach ausgelöscht, bis nur mehr sie selbst über bleibt. Für die weitere Behandlung hat sie ein tragbares Gerät mitbekommen, dass regelmäßig von ihrem Doktor Sinclair (Billy Campbell) überprüft wird. Die Maschine entwickelt jedoch ein Eigenleben, wobei Suki nach der Anwendung unter stundenlangen Blackouts leidet und keine Ahnung hat, was genau passiert ist mit ihr. Hängen etwa auch die Selbstmorde im Haus damit zusammen, die sich gehäuft haben, seit sie hier eingezogen ist?

The Scribbler

„The Scribbler“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Graphic Novels des britischen Autors Dan Schaffer aus dem Jahre 2006, der hier auch für das Drehbuch verantwortlich war. Regie führte John Suits, der mir bei „No Exit“ und auch „Static“ schon in verschiedenen Funktionen, durchaus positiv aufgefallen ist. Gedreht wurde zwar mit einem geringen Budget, dafür sind alle Beteiligten – sowohl vor als auch hinter der Kamera – mit sichtbarer Freude mit dabei und der Cast ist bis in kleine Nebenrollen mit Schauspielern besetzt, die man gerne öfters sehen würde.

Was von der ersten Szene an gelingt, ist es den Zuschauer in eine ganz eigene Welt zu versetzen. Die Farbfilter mit all ihren gelben und grünen Tönen bewirken dieses surreale Gefühl, dass eine paranoide (passend zur Lage der Hauptfigur) Grundstimmung ausstrahlt. Dabei wirkt das Hochhaus, in dem ein Großteil der Handlung spielt, wie ein eigener Darsteller. Bedrohlich, einnehmend, sperrt es dich ein, schluckt dich hinunter, nur um dich dann wieder auszuspucken, damit du als Selbstmörder auf dem Gehweg landest.

Die Stimmen in Sukis Kopf, egal ob sie nun wie ein weit entferntes Echo klingen oder so laut durcheinander brüllen, dass nichts mehr anderes zu hören ist, liefern akustisch ein sehr stimmiges Gegenüber zu den optischen Spielereien. Dabei beginnt der Film sehr langsam beinahe als Drama und geht dann ziemlich schnell in Richtung Krimi, da Suki von der Polizei befragt wird über die Selbstmorde und man beinahe die gesamte Story, aus ihren Erzählungen erlebt. Im Laufe der Handlung werden dann auch kurze Horror-Elemente eingestreut bis schließlich vor allem gegen Ende, der SciFi-Anteil dank des Scribblers immer stärker wird (wer oder was das ist, seht ihr am Besten selbst).

Ich fand ja Katie Cassidy (Arrow) auch in ihren früheren Filmen und Serien nie schlecht, doch hier gibt sie wirklich alles und ich muss schon sagen, so gut habe ich sie noch nie gesehen. Ihre Wut, ihre Verzweiflung aber auch ihre Abgebrühtheit und die animalische Art, wenn sie gerade eine andere Persönlichkeit übernommen hat, dass kommt ungemein roh und direkt rüber, plakativ und ohne Rücksicht auf Verluste. Wie ihr gesamtes Spiel hier, egal ob nun Gespräche mit sprechenden Hunden, das Durchlaufen einiger schräger Gefühlsschwankungen oder das Absolvieren einer stylishen Sexszene, die witzig eingebunden wird, einfach eine durchgehend ansprechende Leistung von ihr.

Bei den Herren überzeugt Billy Campbell (Helix) als besorgter aber für die Forschung auch auf die Moral vergessender Arzt und Garret Dillahunt (Burning Bright) als Hahn Korb, da er der einzige Mann im Haus ist und Beglücker sämtlicher Damen. Sehr gut sind auch die Buffy-Ladys. Eliza Dushku (Open Graves) ist die überhebliche, souverän verführerische Polizei-Psychologin und Michelle Trachtenberg (Sexy Evil Genius) ist Alice, eine eindeutig unberechenbar gefährliche Mitbewohnerin von Suki. In Nebenrollen sind Sasha Grey (Would You Rather) und Gina Gershon (Killer Joe) als jede auf ihre Art kranke Hochhaus-Mieterin mit dabei.

Was hier genau gespielt wird erfährt man natürlich erst am Schluss, wobei auch da noch genug Möglichkeiten zur Interpretation bleiben. Naturgemäß sucht man hier schon vorher nach der Lösung. Ist etwa Suki selbst die Killern der vom Haus springenden Mädchen, wenn sie nach dem Einsatz der Maschine unter dem Einfluss einer ihrer bösen Persönlichkeiten steht? Stehen die toten Damen für die anderen Mitbewohner in ihrem Kopf, die der Reihe nach ausgelöscht werden? Was ist Wirklichkeit und was Wahnsinn? Ist Suki selbst nicht das Original und gehört auch gelöscht?

Insgesamt ein Film, auf den man sich einlassen muss, wenn er richtig funktionieren soll. Dann eröffnet sich aber eine ganz eigene Welt, ein Trip beginnt, auf den ich mich gerne begeben habe. Natürlich kann man das auch langweilig oder zu seltsam finden und ich habe gelesen, dass hier alles zwanghaft auf Kult hingetrimmt wurde. Kann man scheinbar so sehen, für mich war es aber eine gelungene Abwechslung vom normalen Film-Alltag, wobei hier eine ganz eigene an der Oberfläche triste Welt mit einigen ungeahnten Möglichkeiten entsteht, was ich gefühlsmäßig zuletzt ähnlich aber doch ganz anders auch bei „The Double“ erlebt habe. Und Cassidy mit ihrem nuancierten Spiel, sollte man sowieso gesehen haben.

„The Scribbler“ bekommt von mir 8,5/10 den eigenen Geist nach dem wahren Ich erforschende Empfehlungspunkte.

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