Spontaneous – Zerplatzt (Filmkritik)

Endlich, das Abschlussjahr der Schule ist erreicht. Mara (Katherine Langford) und ihre Klassenkollegen können es kaum erwarten, dass ihre Zukunft nun beginnen kann, auch wenn sie noch keine konkreten Pläne haben sollten. An einem zunächst gewöhnlichen Schultag, explodiert jedoch plötzlich eine ihrer Mitschülerinnen und sie sollte nicht die Einzige bleiben. Die Regierung schaltet sich ein und beginnt mit ihren Nachforschungen.

Ist es ein Virus? Handelt es sich um einen Fluch? Warum passiert es nur den Jugendlichen in dieser Gegend? Während sie in der Gewissheit lebt, dass sie ebenfalls jederzeit explodieren könnte, nähert sich Mara immer weiter ihrem Klassenkollegen Dylan (Charlie Plummer) an, der in sie verliebt ist. Gemeinsam helfen sie sich durch diese schwere Zeit, doch wie lange kann das gut gehen, falls kein Heilmittel gefunden wird?

Brian Duffield ist für mich ein sympathischer Kerl. Nein, nicht weil ich ihn persönlich kenne, sondern weil ich seinen Humor mag und die Art, wie er seine Charaktere schreibt. Bei dieser Verfilmung des gleichnamigen Young Adult Romanes von Autor Aaron Starmer aus dem Jahr 2016, hat er zwar erstmals Regie geführt (nach seiner Adaption des Buches), aber er hat zuvor schon bei einigen mir sehr gut in Erinnerung gebliebenen Filmen die Drehbücher verfasst (The Babysitter, Love and Monsters).

Das Konzept von spontan explodierenden Teenagern (die wörtlichen meine ich, nicht die emotionalen) ist zwar Fiktion, doch die Deutungen bzw. Metapher dahinter, sind sehr real. Zunächst kann man da natürlich den Druck nennen, den die jungen Leute von der Schule, den Eltern, der Gesellschaft und sich selbst auferlegt bekommen haben. Man kann aber auch klare Verweise auf eine „Krankheit“ ziehen, die vor allem in Amerika weit verbreitet ist: die Epidemie der Schießereien/Amokläufe (aka mass school shooting) in Schulen.

Jugendliche stürmen panisch und mit Blut bespritzt aus dem Schulgebäude, checken einander am Parkplatz ob alles in Ordnung ist und die Eltern müssen danach mehr oder weniger hilflos warten, bis sie Nachricht von den Behörden über das Befinden ihrer Kindern erhalten. Vor allem wie plötzlich und ohne Vorwarnung die Sache losgeht, ist besonders unangenehm und Angst einflössend. Trotz der dabei gezeigten Blutfontänen, ist die Sache vom Charakter der Szenen niemals plakativ angelegt.

Dafür ist der Herzschmerz und die Sorge der Überlebenden viel zu ehrlich und ja, auch sensibel inszeniert. Im letzten Drittel kommt dann noch die „Schuld der Überlebenden“ (survivors guilt) hinzu, nach dem Motto „wieso mussten sie sterben, aber ich nicht“. Die dritte Parallele ist dann wohl eher Zufall, da der Film vor Covid 19 entstanden ist, aber wie die Jugendlichen von der Regierung abgeschottet und untersucht, befragt und überwacht werden, plus die offensichtliche Hilflosigkeit der Verantwortlichen und leichter Kritik am System, sagen wir mal man weiß heutzutage noch besser, was die Protagonisten hier durchmachen.

Katherine Langford kenne ich persönlich nur aus ihrer Nebenrolle in Knives Out (ja, ich weiß dass sie die meisten Leute dank 13 Reasons Why kennen), doch als Mara ist sie wirklich eine Wucht. Ihre geistreiche, süffisante Art prägt den Humor des gesamten Filmes, der wiederum so gut wie immer als Bewältigungsstrategie eingesetzt wird, um die Ereignisse zu verarbeiten (also zuerst ihr Erwachsenwerden, dann die Explosionen).

Die Referenzen an die Popkultur sind smart eingebunden und ich musste mehr als einmal ziemlich schmunzeln. Dabei reicht der Humor von einer im Isolationszelt nachgespielten Szene von „E.T.“ bis hin zu der Enttäuschung von Mara, die zu Halloween als „Carrie“ verkleidet geht und das Blut weglassen muss, da kurz davor das erste Mädchen explodiert ist („She blew it“). Eine weitere Stärke des Filmes ist neben den großartigen Schauspielern, die Chemie zwischen Langford und der sehr aufrichtigen Performance von Charlie Plummer (Alles Geld der Welt), der ihren Freund Dylan spielt.

Überhaupt habe ich schon lange nicht mehr so eine realistische und nicht gespielt wirkende, wachsende Liebesgeschichte zwischen zwei jungen Menschen gesehen. Schöne Dinge passieren jedoch genau so wie schreckliche im Leben und deshalb kommt am Ende auch die Erkenntnis, dass es nicht darum geht was du verdient hast oder nicht, sondern wie du mit dem erlebten umgehst bzw. einen Weg findest, weiter zu machen. Es muss nicht alles sofort einen Sinn ergeben, doch das sollte dich nie davon abhalten zu leben, bevor dein Leben wirklich zu Ende ist.

Schwarzer Humor gepaart mit einer bewegenden Teenager-Lovestory, mit sympathischen Figuren, thematischer Tiefe und tollen Performances bis in die Nebenrollen hin. Achja, den Einsatz von Literweise Blut darf man natürlich auch nicht vergessen, genau wie Spielereien mit der Ebene, etwa wenn Mara oder Dylan bei Erklärungen zu Beginn direkt in die Kamera sprechen. Diesen Mix muss man so einmal hinbekommen und dann auch noch gleich mehrere Botschaften mitsenden, Brian Duffield sollte man wirklich im Auge behalten.

„Spontaneous“ bekommt von mir 8/10 den Ball zwischen schrecklich und schön gekonnt jonglierende Empfehlungspunkte.


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