Der fremde Sohn – Changeling (Filmkritik)

Es ist das Jahr 1928. Christine Collins (Angelina Jolie) lebt alleinerziehend mit ihrem Sohn Walter. Sie arbeitet für eine Telefongesellschaft und ihr Sohn ist ihr ein und alles. Eines Tages springt sie unerwartet für eine Kollegin ein und als sie verspätet nach Hause kommt ist Walter verschwunden. Auch eine Vermisstenanzeige bringt nichts. Walter taucht nicht wieder auf.

Vater Gustav Briegleb (John Malkovich) nutzt die Gunst der Stunde, um in seiner Radiosendung und auf der Kanzel darauf hinzuweisen, dass man den Jungen wohl nicht finden wird, weil das LAPD ja bekannt ist als legale Version der Mafia und die Korruption dermaßen tief gedrungen ist, dass die Polizei ja eigentlich die wahren Verbrecher sind.

Dann taucht die Polizei mit einem Jungen auf, von dem sie behaupten, es sei Walter. Aber Christine weiß, er ist es nicht. Und sie weist mehrmals (auch öffentlich) darauf hin. Was die Polizei dazu veranlasst sie mit allen möglichen Mittel zu diskreditieren und ihre geistige Gesundheit in Abrede zu stellen. Ein Höllenritt beginnt an dessen Ende 20 tote Kinder stehen und die Gewissheit für immer in Ungewissheit leben zu müssen …

„Der fremde Sohn“ ist so ziemlich der dümmste Titel, den man einem Film wie diesem hier geben kann. Es ist auch gleichzeitig der treffendste Titel, den man einem Film wie diesen hier geben kann. Denn einerseits passiert alles was passiert weil Christine einen „fremden“ Sohn bei sich hat, aber andererseits geht es ab einem gewissen Punkt nicht mehr um Christine und ihren Sohn, sondern darum, wie schlimm die Polizei vorgeht und welch abartige Sachen unternommen werden, nur um sich öffentlich keine Blöße geben zu müssen.

Dabei pendelt der Film zwischen mehreren Ebenen und auch die Tonart ändert sich mehrmals. So beginnt er als Drama und als Kampf einer Mutter, dreht sich dann ein Stück weit, um ein Kriminalfilm zu werden, in welchem es darum geht, dass die Polizei Christine zum Schweigen bringen will und Vater Briegleb sich darum bemüht Christine zu finden (die plötzlich zu einem Interview nicht mehr auftaucht), schwenkt dann um, als ein Junge gefunden wird, der als illegaler Migrant im Land ist und ein Geständnis über die Kindermorde seines Cousins abgibt hin zu einem knallharten Psychothriller (und dieser Teil ist nicht ohne) um dann wieder retour zu springen zu Christine und ein wenig Gerichtsdrama zu werden, um gegen Ende dann in einen psychologischen Zweikampf „Killer“ meines Sohnes oder „Nicht-Killer“ meines Sohnes überzugehen, der tatsächlich keine Antwort findet.

Puh. Da macht man schon was mit. Aber das Schöne daran ist: All das gelingt dem Regisseur völlig nebenbei und man bemerkt erst gegen Ende, wie sehr man auf einer Achterbahnfahrt dabei war. Der Mann hinter allem ist … Clint Eastwood. Ja, der gute Mann ist mittlerweile steinalt und – liefert fast perfekte Filme ab („Million Dollar Baby„, „Gran Torino„). Und gerade „Der fremde Sohn“ ist so ein Film, den ich mir nie angesehen hätte (meine Lebensgefährtin meinte, das klingt nach einem Sonntag-NM-Film), aber nach 30 Minuten saß ich an der Kante der Couch und wartete gespannt darauf was noch alles passieren würde und wie es ausgeht.

Die Besetzung des Films ist mal gut, mal schlecht. Angelina Jolie („Tomb Raider“, „Maleficent„, „The Tourist„) ist … ja, was ist sie. Sie ist da. Sie spielt streckenweise auch super, aber es hilft bei mir halt nicht. Ich sehe bei Angelina Jolie halt immer Angelina Jolie und nie die Figur. Und Angelina Jolie passt für mich immer noch am besten zu „Tomb Raider“. Alle anderen Rollen hab ich ihr nie abgekauft. Sie macht ihre Sache an sich gut, ich sehe halt für mich Angelina Jolie beim Weinen und Suchen zu und nicht Christine Collins.

John Malkovich („R.E.D.„, „Con Air„, „Bullet Head„) ist wie eh und je super. An seinem Charakter fand ich es spannend, dass ich der Meinung war, der würde Christine nur benutzen wollen (was er auch tut), aber je länger der Film läuft, desto mehr begreift man, wie sehr er sich eigentlich bemüht ein Unrecht zu bekämpfen, aber entgegen aller Wahrscheinlichkeit ist ihm dazu eben nicht jedes Mittel recht. Super Rolle, super Darsteller, super Charakter.

Die Optik und die Kulissen sind ohnehin über jeden Zweifel erhaben und und die Kameraführung ist fast schon perfekt. Die Geschichte reißt nach anfänglichen Schwächen (die ersten fünf Minuten dachte ich mir „Was wird das denn jetzt?“) wirklich mit und alles in allem verging die Zeit wie im Fluge. Ein wider Erwarten emotional knallharter Film, der sicher nicht kalt lässt.

Der englische Titel „Changeling“ trifft die Sache übrigens viel besser, weil es ein Wesen bezeichnet, das von Trollen/Feen/der Roggenmutter im Austausch gegen das echte Kind in eine Familie geschmuggelt wurde. Vielleicht ist jemanden der Begriff „Wechselbalg“ bekannt. In Europa ist diese Sage eher weit verbreitet. Ich selbst kenne sie noch von früher. Der Legende nach gibt es ein paar Methoden, wie man einen WEchselbalg dazu bringt, zuzugeben, dass er/sie ein Wechselbalg ist. Zum Glück wendet Christine Collins diese nicht an (eine davon ist, das Balg in den Ofen zu stopfen).

„Der Fremde Sohn“ bekommt von mir 8 von 10 möglichen, die SeherInnen durch eine Achterbahn der Gefühl schickende, Punkte.

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2 thoughts on “Der fremde Sohn – Changeling (Filmkritik)

  1. Jolie“s two TR movies were awful and Jolie“s performance in them was shallow. This Tomb Raider will probably suck like all videogame movies but that doesn“t make Jolie“s movies any good.

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