Free Fire (Filmkritik)

Im Jahr 1978 in Boston ist es nicht gerade leicht an ordentliche Waffen zu kommen, auch wenn man IRA-Mitglied ist wie Chris (Cillian Murphy). Da war zunächst Justine (Brie Larson) als Vermittlerin nötig, um die Bekanntschaft mit Ord (Armie Hammer) herzustellen, um schließlich und endlich mit drei Partnern in einem verlassenen Lagerhaus zu landen und dort von einem gewissen Vernon (Sharlto Copley), die Ware zu begutachten.

Blöd nur, wenn die angespannte Situation eskaliert und plötzlich einer zu schießen beginnt. Hier hat nämlich jeder eine Waffe eingesteckt und auch keine Probleme, sie einzusetzen. Möge der beste Schütze gewinnen oder der, der das beste Versteck hat oder doch lieber der, der sich die stärksten Partner aussucht…egal, auf jeden Fall moralisch ambivalent sollte man sein, oder so…

Ben Wheatley (Kill List) ist zwar eine Name, der sicherlich nicht jedem ein Begriff ist, doch ist er ein Mann der sowohl bei Fans als auch bei Kritikern, sehr gut ankommt. Sein letzter Film High-Rise war für mich dann auch ein spannender Trip-Film, doch hätte man angesichts des Ausgangsmaterials durchaus ein richtig geniales Erlebnis erwarten können, was dann nicht ganz eingelöst wurde. Würde ich dies noch als Jammern auf hohem Niveau bezeichnen, hatte ich mit seinem neuesten Werk, mehr Probleme.

Nach einer halben Stunde Aufbau-Zeit, um die Situation und die Figuren kennen zu lernen, beginnt hier die Schießerei, die eine Stunde lang andauert, bis hin zum Abspann. Was sich sehr bzw. eigentlich schon zu actionreich anhört, hat dann jedoch mit ganz anderen Schwierigkeiten zu kämpfen. Sämtliche Beteiligten sind nämlich schon zeitnah alle angeschossen, humpeln und kriechen durch die Gegend und sind mit der Gesamtsituation mehr oder weniger überfordert.

Wheatley setzt dabei bei seinem eigenen Drehbuch offensichtlich voll auf lakonische Sprüche, Slapstick-Einlagen, kleinere gewalttätige Eskapaden und das Wort „Fuck“, taucht natürlich in jedem zweiten Satz auf. Das kann jetzt durchaus schräg genug sein, um auf eine sadistische Art und Weise zu unterhalten, doch leider ist es auf die Dauer nur lähmend und auch langweilig. Das liegt sicherlich auch an den Charakteren, die allesamt gut besetzt sind, jedoch gibt es keinen einzigen unter ihnen, der irgendwie sympathisch ist (und ja, das gilt auch für die einsame Lady in der Truppe).

Am Ende sind in diesem Raum irgendwie alle Verlierer, egal wer die Sache nun auch überleben möge. Ich verstehe ebenso, dass man die gesamte Inszenierung sicherlich auch witzig, stylish und cool finden kann, doch dafür hätte mich irgendwas emotional packen müssen, denn wie ein rein oberflächlich funktionierendes Spaß-Produkt, ist der Film sicherlich nicht aufgebaut.

Wenigstens hatten die Darsteller sichtlich uneingeschränkt ihre Freude. Mein Favorit ist Armie Hammer (Codename U.N.C.L.E.) als sarkastischer Ord, der ruhigere Momente schon mal ausnutzt, um schnell einen Joint zwischendurch zu rauchen und die ganze Gewalt, eigentlich überflüssig findet. Sharlto Copley (Hardcore Henry) als Vernon ist extrem exzentrisch, von sich selbst eingenommen und im Prinzip einfach ein feiger Egoist. Ihm beim Leiden zu zusehen, das bringt schon einiges an Schadenfreude mit sich.

Brie Larson hat ihre großteils in einem Raum spielende Oscar-Rolle, nun gegen ein Lagerhaus eingetauscht, was für ein Upgrade. Als Justine hat sie eigentlich nicht viel zu tun, außer zu fluchen und undurchsichtig zu bleiben. Cillian Murphy (Retreat) als charismatischer Chris, Jack Reynor (Sing Street) als impulsiver Harry und Sam Riley (Stolz und Vorurteil & Zombies) als Junkie haben ebenfalls durchaus ihre Momente, verkommen aber wie alle anderen Mitspieler hier auch, zu reinem Kanonenfutter.

Was bleibt ist ein optisch und schauspielerisch gelungener Film, der ein paar skurrile Momente hat, die auch in Erinnerung bleiben. Ansonsten ist dies eine Form des langsam Sterbens, wie man es eigentlich nicht sehen möchte, denn am Ende ist man nur noch froh, dass es endlich vorbei ist. Für mich kein Totalreinfall aber Wheatley scheitert klar an seinem eigenen Anspruch und somit dem Versuch, einen Film mit Kult-Status und möglichst hohem Coolness-Faktor zu schaffen.

„Free Fire“ bekommt von mir 5/10 überschüssige Kugeln in überschüssige Menschen verteilende Empfehlungspunkte.

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