Dark City (Filmkritik)

John Murdoch (Rufus Sewell) erwacht nackt in der Badewanne eines Hotelzimmers. Er kann sich an nichts erinnern, nicht einmal daran, wer er selbst ist. Zu allem Überfluss liegt da auch noch eine Frauenleiche im Raum. Das Telefon klingelt und ein Doktor namens Daniel P. Schreber (Kiefer Sutherland) ist dran und warnt den an Gedächtnisverlust leidenden Mann, er müsse verschwinden, da sie bereits unterwegs sind. Murdoch gelingt die Flucht und langsam aber sicher, findet er mehr über sich heraus.

Seinen Namen und dass er mit einer Dame namens Emma (Jennifer Connelly) verheiratet ist zum Beispiel. Dass er auch als Mörder gesucht wird ist aber eine Tatsache, die er gerne wieder vergessen würde. Das alles ist jedoch schlagartig unwichtig, denn um Punkt Mitternacht fallen plötzlich alle Bewohner der Stadt (außer John) in einen tiefen Schlaf und seltsame, schwarz gekleidete Glatzköpfe, tauchen wie aus dem Nichts auf und verändern Dinge. In was für einem Alptraum ist John hier nur gelandet?

Dark City

Vier Jahre nach seinem Regiedebüt The Crow, hat Alex Proyas (I, Robot) im Jahr 1998 „Dark City“ inszeniert und hat hierfür die Story geliefert, am Drehbuch mitgeschrieben und Regie geführt. Der Film gewann damals einige Preise und bekam auch vorwiegend positive Kritiken, doch konnte er gerade einmal seine Kosten von 27 Millionen Dollar wieder einspielen und galt daher als Flop. Wie so oft bei wenig erfolgreichen Kinoabenteuern der 90er Jahre, gilt der Film mittlerweile aber als Kult-Klassiker. Verdient hat er jeglichen Erfolg allemal, denn man muss schon lange suchen, um ein ähnlich düsteres und gleichzeitig fesselndes Sci-Fi Abenteuer zu finden.

Zunächst mal zur Prämisse. Nicht oft erlebt man ja einen Film, bei dem man sich denkt: was ist das, wo bin ich hier nur gelandet? Einigen erging es so bei „Matrix“ und die Bilder können hier zu ähnlich irritierten Gesichtern führen. Die Frage was einen Menschen ausmacht, ist ja ein Thema, das wohl nie langweilig werden wird, auch in der Zukunft nie. Das spannende hier ist jedoch, ob man immer noch einen Funken, eben eine Seele hat, die die eigene Identität ausmacht, wenn sämtliche Daten aus dem Gehirn durch künstliche Erinnerungen ersetzt wurden.

Morde ich weiter, wenn ich mich daran erinnere, dies schon öfters gemacht zu haben? Kann man Liebe programmieren, genau wie jedes andere Gefühl? Ist das Gehirn überhaupt der richtige Ort, um nach dem zu suchen, was ein Individuum ausmacht? Da es darauf nicht wirklich universelle Antworten gibt, die jeder Mensch als seine Wahrheit annehmen würde, werden auch keine Lösungen geliefert, doch der Anregung gleich auf mehreren Ebenen nachzudenken, kann man sich kaum entziehen. Wie ernüchternd würde es wohl sein, wenn wir alle ein kollektives Bewusstsein hätten und „gleich“ funktionieren würden. Aber dafür gäbe es wohl keine Kriege mehr, aber ob man diese Gleichheit noch Leben nennen könnte?

Um dies alles so einnehmend bzw. anregend zu gestalten, muss natürlich auch die Umsetzung passen und die ist Proyas auf allen Ebenen gelungen. Die düsteren Gassen, die einmal nach New York, ein anderes mal wie eine europäische Stadt aussehen, die Gebäude, die sich um Mitternacht umgestalten, wachsen, schrumpfen oder sich buchstäblich entfalten und natürlich die mit langen schwarzen Mänteln gekleideten Glatzköpfe, die über dem Boden schweben und wie Parasiten wirken, die scheinbar die heile Welt des eigenen Geistes mühelos durchbrechen. Das alles ist nicht nur eigenständig, sondern auch unheimlich einnehmend.

Unterstützt wird das Ganze von Darstellern, die sich der Story unterordnen und nicht in den Vordergrund drängen. Rufus Sewell (Hercules) ist der Held, der zunächst verloren wie der Zuschauer durch diese dunkle Stadt streift, auf der Suche nach Antworten. Er hat etwas getriebenes und spielt nie eindeutig so, dass man ihn klar als den Guten erkennen müsste, der Kerl könnte durchaus auch gefährlich werden. William Hurt (Robin Hood) ist souverän als Inspektor, der gerne hinter die Fassade blickt und schnell merkt, dass hier etwas nicht stimmt.

Kiefer Sutherland (Pompeii) als die Fäden großteils im Hintergrund ziehender Doktor, ist eine echt positive Überraschung, da man ihn sonst selten in so ambivalenten Rollen zu sehen bekommt. Auf wessen Seite steht er? Hilft er den Menschen, den Glatzköpfen oder am Ende doch nur sich selbst? Seine unterwürfige Art regt zum Schmunzeln an, ist doch das Funkeln des Kampfgeistes, klar in seinen Augen zu sehen. Jennifer Connelly (The Rocketeer) schließlich sorgt gekonnt für die, für die Handlung (aka den Helden) wichtigen Sehnsuchts- und Liebesmomente und das macht sie mit einer unvergleichlichen Mischung aus verführerischer Ausstrahlung und unschuldigen Blicken.

Ich habe hier jetzt trotz einiger beim Anschauen auftauchender Fragen, gar nicht zuviel verraten wollen, da es einfach zuviel Freude bereitet, zumindest beim ersten Mal den Film ohne zuviel Spoiler zu sehen. Ein visuell beeindruckender Film, bei dem das Studio sicherlich Mut gebraucht hat um diesen zu finanzieren und von den Mainstream liebenden Zuschauern, dafür mit niedrigen Besucherzahlen belohnt wurden. Egal, dies ist einfach ganzheitlich ein beinahe zeitloser „Klassiker“ (ich weiß, ein mutiger Ausdruck für einen nicht mal 20 Jahre alten Film). P.S.: Sogar Regisseur Christopher Nolan (Interstellar) hat diesen Film als eine seiner Inspirationsquellen für „Inception“ genannt, den viele als genial bezeichnen, ich persönlich finde Dark City aber besser.

„Dark City“ bekommt von mir 9/10 die Dunkelheit wieder mit Licht füllende Empfehlungspunkte.

[amazon template=multinational&asin=B0076TAICI,B0076TAGZM]


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.