Falcon Rising (Filmkritik)

John ‚Falcon‘ Chapman (Michael Jai White) ist ein Kriegsveteran, der seine Erlebnisse und Schuldgefühle mit Alkohol betäubt und wöchentlich eine Runde russisches Roulette in seiner Wohnung spielt, um sich die Möglichkeit zu geben, vorzeitig seinen psychischen Schmerzen ein Ende zu bereiten. Als er jedoch von seinem alten Freund Manny (Neal McDonough) kontaktiert wird, ändert sich sein mit Lethargie und vielen schlimmen Erinnerungen gefülltes Alltagsleben schlagartig.

John´s Schwester Cindy wurde nämlich während ihrer Arbeit in den brasilianischen Armenvierteln überfallen und liegt schwer verletzt in einem hiesigen Krankenhaus. Der Exsoldat bricht sofort auf, um seine Schwester zu sehen und beginnt selbst Ermittlungen, um die Täter so schnell wie möglich ausfindig zu machen. Dabei trifft er nicht nur auf örtliche Drogendealer, auch korrupte Polizisten und die japanische Yakuza kreuzen seinen Weg. Zeit für John sich an seine Fähigkeiten zu erinnern, damit hier endlich jemand mal für Ordnung sorgt!

Falcon Rising

Regisseur Ernie Barbarash schätze ich für seine DVD-Actionpremieren „Hardwired„, „Ticking Clock„, „Assassination Games“ und zuletzt „6 Bullets„, die immer unterhaltsam sind und sich qualitativ insgesamt konstant über dem Durchschnitt bewegen. Larnell Storvall hat sein Händchen für innovative Kampf-Choreographie bereits mit „Undisputed 3“ und „Universal Soldier: Day of Reckoning“ bewiesen und Hauptdarsteller Michael Jai White („Blood and Bone„, „Black Dynamite„), ist trotz seines Alters von beinahe 50 Jahren, im Kampf noch immer eine Naturgewalt und an grimmiger Coolness nur schwer zu überbieten.

Die Vorzeichen für diesen Film standen somit gut und Falcon ist daher auch gleich als Hauptfigur eines neuen Franchise geplant, sozusagen der Fachmann, der als wütender Anthiheld und letzte inoffizielle Hoffnung des Außenministeriums um schwierige Situationen zu lösen, immer getrieben von Schuldgefühlen sich langsam aber sicher selbst zerstört, es sei denn, man gibt ihm eben etwas anderes, dass er zerstören kann (am Besten Bösewichte aller Arten versteht sich).

Dass Daueraction ermüdend und langweilig wirkt, hat sich scheinbar nun endlich – zumindest abseits der Kinoleinwände – in Hollywood herum gesprochen. Die erste Filmhälfte lässt sich einige Zeit um die Hauptfigur und seine Probleme zu zeigen, aber auch um Brasilien als zwar optisch wunderschönen, doch im Alltag mit vielen Problemen behafteten Ort zu präsentieren. In den Slums hier gibt es kein schwarz oder weiß, zum Beispiel werden mit Drogengeldern Kliniken bezahlt und darum schützen die Einwohner die Dealer vor der Polizei.

Wenn schließlich die Action losgeht, dann wirken die Schießereien schnell und dynamisch und die Kämpfe sind stylish und akrobatisch in der Ausführung, besonders die Einbindung eines Aktenkoffers in einen Fight mit mehreren Gegnern und das Finale, bei dem gleich drei Feinde gleichzeitig mit Schwert und Kette bewaffnet auf unseren Helden losgehen, sind völlig flüssig und übersichtlich gefilmt und kommen gänzlich ohne unnötige schnelle Schnitte aus (was sowieso nur Kinostars nötig haben, die nur so tun, als ob sie kämpfen könnten).

Michael Jai White, seine Kampfkunst, seine physische Präsenz und seinen grimmigen Charme muss man einfach mögen und falls das vorher noch nicht der Fall war, dann hilft bestimmt eine Szene am Anfang des Filmes, in der er einen etwas irritierten Ladendieb dazu auffordert, ihn mit seiner Waffe zu erschiessen und dabei auch noch Tips gibt, wo die effektivste Stelle für einen tödlichen Schuss wäre. Schön irre diese Sequenz. Neal McDonough („Street Fighter: The Legend of Chun Li„) als sein Kumpel Manny hat zwar nicht wirklich viel zu tun, ist aber schön ihn wieder mal nicht als Bösen zu sehen. Erfreulich ist dafür, dass Lateef Crowder nach „Undisputed 3“ hier endlich wieder mal seine Capoeira-Fähigkeiten zeigen darf.

Insgesamt ein sehr unterhaltsamer, gut choreographierter und vor allem in der ersten Spielhälfte erstaunlich ruhiger Actionfilm, der einerseits schön Oldschool in seiner Heldendarstellung ist – Falcon darf alles, kann alles besser als die Polizei und darf alle Bösen ohne Konsequenzen töten – dafür aber auch zeigt, dass der Held ein klares Trauma mit sich herum schleppt und bei seiner Anwendung von Gewalt, durchaus auch über das Ziel hinaus schiessen kann. Dass das Leben mit Drogen und Kinder-Prostitution Alltag in brasilianischen Slums ist und auch ein schlagkräftiger Amerikaner dieses Problem nicht lösen kann, ist dabei noch ein angenehm unkitschiges Detail am Rande.

„Falcon Rising“ bekommt von mir 7/10 sämtliche Gegner aus dem Weg räumende, ohne dabei ins Schwitzen kommende Empfehlungspunkte.


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