Valhalla Rising (Filmkritik)

1000 AD. Jahrelang schon wird der stumme Krieger One Eye (Mads Mikkelsen) von einem norwegischen Stammesfürst gefangen gehalten und immer wieder als unschlagbare Waffe bei bezahlten Schaukämpfen eingesetzt. Behandelt wird er wie ein Tier, zum Beispiel schläft er angekettet und in einem Käfig. Nur ein kleiner Junge namens Are kümmert sich um ihn und versorgt ihn mit dem Nötigsten. Bei einem Marsch zu einem neuen Besitzer schließlich gelingt es One Eye sich zu befreien und alle seine Peiniger außer dem Jungen umzubringen.

Mit ihrer neugewonnenen Freiheit überfordert begibt sich das ungleiche Duo auf eine Reise ins Ungewisse, bis sie nach kurzer Zeit auf eine Gruppe von christlichen Wikingern treffen, die sich auf einem Kreuzzug ins heilige Land befinden. Der Krieger und der Junge schließen sich den Kämpfern an und landen nach einer endlos erscheinenden Schifffahrt durch dichten Nebel auf scheinbar unbewohntem Festland. Durch Nahrungsmangel geschwächt stehen die Männer bald darauf vor der größten Herausforderung ihres Lebens. Auf dem eben erst erreichten Land befinden sich nämlich Ureinwohner und die machen mit ungeliebten Eindringlingen grundsätzlich kurzen Prozess.

Valhalla Rising Film Mads Mikkelsen

Valhalla Rising ist der neueste Film des dänischen Regisseurs Nicolas Winding Refn, der zuvor für die Inszenierung der „Pusher“ Triologie und des großartigen Gefängnisfilmes „Bronson“ verantwortlich gewesen ist. Das Drehbuch stammt bei dieser dänisch/englischen Koproduktion ebenfalls aus seiner Feder, gedreht wurde ausschließlich im wunderschönen Schottland und außer Mads Mikkelsen ist kein einziger, international bekannter Schauspieler dabei.

Dieser Film erzählt seine Geschichte mit völliger Ernsthaftigkeit und ohne jeglichen Humor. Gesprochen wird nur wenig, die Hauptfigur bleibt die ganze Zeit über stumm. Die Musik arbeitet oft nur mit atmosphärischen Klängen der Umgebung, lange Schwenks und Naturaufnahmen ziehen sich wie ein roter Faden durch diese filmische Wikingerwanderung. Auch auf Grund der fast schon elegischen Erzählgeschwindigkeit ist dies also absolut kein Film für Freunde von schnellen Schnitten, großer Actionszenen und zügig erzählten Abenteuern allgemein.

Im Prinzip erzählt dieser Film einen relativ kurzen Zeitraum im Leben des Antihelden One Eye. Mads Mikkelsen liefert hier nur mittels Gestik und Mimik eine großartige Leistung ab, er schafft es sogar, das Fehlen seiner Sprache nicht zu einem Handicap sondern zu einer Stärke seines unheimlichen Gesamterscheinungsbildes zu machen. Den unbezwingbaren Krieger ohne sichtbare Schwächen (abgesehen von seinem fehlenden Auge natürlich), nimmt man ihm in jeder Sekunde ab. Sehr befriedigend das Ganze, nachdem Mikkelsen mit seiner Figur des Draco im „Kampf der Titanen“ Film schon einen wirklich coolen Typen geschaffen hatte, die aber leider billig verschenkt wurde. One Eye lässt sich da nicht so leicht wieder loswerden.

Neben seiner fesselnden Performance sind es vor allem die unheimlichen Landschaftsaufnahmen und musikalischen Einfälle, die diesen Trip zu einem ganz eigenen Erlebnis machen. Die Visionen von One Eye, die eingefärbt in agressiven Rottönen daherkommen, bringen dabei zusätzlich noch einen übernatürlichen, jenseitigen Touch in die die Gesamtstimmung.
Die schottischen Berge erweisen sich hier wieder einmal als perfekt gewählte Kulisse. Endlose Hügel, Wiesen und Wälder, man wundert sich teilweise wirklich, daß es solche Orte zur heutigen Zeit überhaupt noch gibt. Hier wirkt alles so, als hätte noch nie ein Mensch diesen Ort betreten.

Nicht nur die Gegend ist rau, sämtliche Kämpfe haben etwas erschreckend rohes, animalisch brutales an sich. Eingeweide, Gehirnmasse und natürlich Blut werden gar nicht zimperlich in der Natur verstreut. Dabei geht One Eye aber immer effektiv vor und tötet so schnell wie möglich, ohne daß die Kamera auch nur ansatzweise einen yoyeuristischen Standpunkt einnimmt. Früher waren die Leute eben nicht zimperlich bei ihren Auseinandersetzungen.

Man kann dem Regisseur natürlich auch einiges vorwerfen. Die einfach gestrickte Handlung will mehr sein als sie ist und die Visionen des Hauptcharakters und sein damit verbundener Weg zu seiner Bestimmung wirke übertrieben bzw. erzwungen. Die ganze Story nimmt sich zu ernst und durch die extrem langsame Erzählweise kommt früher oder später Langeweile auf.

Dies alles ändert aber nichts an der Tatsache, daß dies insgesamt ein sehr eigenständiges Filmerlebnis geworden ist, daß nicht zum „Zwischendurch-Ansehen“ geeignet ist, sondern möglicherweise eher als Triperlebnis an einem verregneten Sonntagnachmittag genossen werden sollte. Ein überragender Mads Mikkelsen, prächtige Naturaufnahmen und eine bestechende, konsequent durchgezogene Düsteratmosphäre sind hier garantiert, da verzeihe ich die oben erwähnten Schwächen natürlich gerne. Ob ich mir diesen Film auch ein zweites Mal wieder ansehen würde, ist jedoch eine ganz andere Frage, die ich wahrscheinlich mit nein beantworten müsste.

Valhalla Rising bekommt von mir 7/10 einäugig mehr als alle anderen sehende Empfehlungspunkte.


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