Unthinkable (Filmkritik)

Ein ganz normaler Tag für Agentin Helen Brody (Carrie-Anne Moss) und ihre Partner im Team der Antiterroreinheit des FBI. Beobachten, Hinweisen nachgehen, Hintermänner ausfindig machen und festnehmen. Plötzlich wird die Alltagsroutine jedoch durch eine Sondersendung gestört, die auf sämtlichen Sendern zu laufen scheint. Es wird ein Mann namens Steven Arthur Younger (Michael Sheen) gezeigt, der angeblich im Zusammenhang mit der Ermordung eines Polizisten gesucht wird. Bevor Agent Brody sich einen Überblick über die Lage verschaffen kann, wird sie von ihrem Boss an einen geheimen Ort geschickt, der vom Militär geführt wird. Der im TV gesuchte Mann wird in diesem Gebäude festgehalten. Er hat in drei großen Städten in Amerika nukleare Bomben versteckt und diese werden explodieren, sollten seine Bedingungen, die er erst zu einem späteren Zeitpunkt preisgeben wird, nicht erfüllt werden.

Während das FBI diese Bomben finden soll, wird der offiziell nicht existierende Spezialist „H“ (Samuel L. Jackson) von höchster Regierungsstelle darauf angesetzt, den Gefangenen zu brechen und so die Standorte der geplanten Explosionen zu erfahren. Folter aller Arten gehören dabei zum Standardprogramm von „H“.

Unthinkable Film

Ein Film mit drei kinotauglichen Stars und aktuellem Inhalt, in dem die USA von einem Terroristen bedroht wird? Warum der nicht in Amerika oder irgendwo sonst ins Kino kommt? Weil hier die Grenzen von Gut und Böse nie klar gezogen werden und der Film keine Helden hat. Außerdem würde das Foltern der amerikanischen Feinde doch nie von höchster Regierungsstelle abgesegnet werden, so etwas ist doch völlig unrealistisch, oder?

Wirklich toll hier sind die drei Hauptrollen und deren Darsteller. Vor allem Michael Sheen liefert eine oscarverdächtige Performance ab. Man weiß als Zuseher nie, was genau in seinem Kopf vorgeht. Anfänglich wirkt er friedlich, ja sogar unterwürfig, er habe die Folter verdient und gibt sich seinem Schicksal hin. Im Verlauf der Handlung wird jedoch deutlich, dass er niemals aufgeben wird, egal wie schlimm seine körperlichen Qualen auch sein werden. Um seine Entschlossenheit zu beweisen, geht auch er über Leichen mit der Rechtfertigung, dass dies amerikanische Soldaten täglich tun.

Samuel L. Jackson ist ein Mann, der tut was er tun muss bzw. was von ihm verlangt wird. Wenn er tausende Leben damit retten kann, dann schneidet er dafür auch Finger ab, reißt Fingernägel aus oder verabreicht Elektroschocks. Er empfindet keinerlei Freude dabei. Dies sind einfach Dinge die getan werden müssen und er ist nun mal der Kerl, der dies auch kann. Verheiratet ist er mit einer Bosnierin, er hat zwei Kinder und ist ein liebevoller Vater.

Seine Frau Rina wurde -bevor sie ihn kennengelernt hatte – vor den Augen ihrer Familie von ihren Nachbarn vergewaltigt, danach brachten sie alle bis auf sie um. Als der Krieg endete, rächte sich Rina indem sie die Familien der Männer tötete vor deren Augen und am Ende auch das Leben der Kerle selbst beendete. Sie weiß was ihr Mann „H“ für einen Job hat, sie liebt ihn und steht voll hinter ihm.

Diese ganzen Storydetails werden völlig wertfrei und relativ nüchtern präsentiert, verändern jedoch das Gesamtbild des Filmes auf eine eindeutige Art und Weise. Carrie-Ann Moss schließlich ist das Gewissen des Filmes und von „H“, der sie als seine Partnerin ausgesucht hat. „H“ weiß genau, dass er sie braucht um den menschlichen Aspekt in die ganze Geschichte zu bringen, denn er selbst kann sich nicht leisten Skrupel zu haben. Dass auch sie bereit ist Grenzen zu überschreiten, erfährt sie gemeinsam mit dem Zuseher im Verlauf des Filmes.

Besonders gefallen hat mir die Freiheit, die „Unthinkable“ dem Zuschauer lässt bei der Moralfrage. Darf ich einen Mann foltern um damit zahlreiche Menschen zu retten? Kann ich auch seine Frau und Kinder bedrohen um mein Ziel zu erreichen? Ist ein Mann böse, wenn er mit der Zündung vom Bomben droht und als Forderungen im Prinzip das Ende eines Krieges herbeisehnt? Außerdem sehr schön zu sehen ist hier die Pseudomoral der Regierung. „H“ bekommt zwar die Erlaubnis „alles was nötig ist“ zu tun, doch fordert ihn niemand aktiv zur Folter auf. Sie stoppen ihn immer wieder wenn er offensichtlich übertreibt, im nächsten Augenblick wollen sie jedoch wieder seine Hilfe.

Insgesamt kein leicht anzusehender Film, wo sich das Verteilen der Zusehergunst als schwieriges und ambivalentes Unterfangen erweist. Spannend gemacht, toll besetzt und großartig gespielt, die unangenehme Story bis zum Ende souverän durchziehend. Sowas sieht man in letzter Zeit sowieso viel zu selten und das schafft dieser Film mühelos.

Unthinkable bekommt von mir 8/10 Menschenrechte missachtende Empfehlungspunkte.


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