Poker Face – Staffel 1 (Serienkritik)

Charlie Cale (Natasha Lyonne) ist auf der Flucht. Wegen der Verkettung verschiedener Ereignisse, ordert Casino-Boss Sterling Frost (Ron Perlman) ein „Gespräch“ mit ihr an. Charlie taucht daraufhin unter und begibt sich auf einen Roadtrip quer durch Amerika.

Durch ihre Gabe Lügen als solche zu erkennen und ihren Wissensdurst, was die Wahrheit dahinter betrifft, hilft sie bei ihrer Reise anfangs ungewollt immer wieder maßgeblich mit, Morde aufzuklären. Dabei muss sie immer vorsichtig bleiben und sich aus dem Rampenlicht heraus halten, denn Cliff (Benjamin Bratt) ist ihr auf den Fersen und er will nichts lieber als das Leben in Hotelzimmern wieder aufzugeben und Charlie seinem Boss Frost übergeben zu können…

Rian Johnson muss man wirklich nicht mögen bzw. sagen wir es mal so, nach seinem Star Wars: Die Last Jedi Debakel, ist er mindestens für Fans des Franchise eine kontroverse Person. Im Krimi-Bereich, da fühlen sich seine Werke dafür viel stimmiger an. Knives Out war sehr gelungen, die Fortsetzung Glass Onion, dafür etwas zu verkopft. Wenn dieser Mann also eine Oldschool Krimi-Serie machen will und diese als Hommage an Columbo anlegt, dann ist das (für nich) auf jeden Fall spannend.

Dabei hat er (neben ein paar Easter Eggs) zwei Teile heraus genommen, die an Columbo erinnern. Erstens die Tatsache, dass man als Zuschauer gleich erfährt wer der Killer ist und dann der Hauptfigur dabei zusehen darf, wie er/sie den Fall auflöst. Zweitens sind in jeder Folge mehr oder weniger bekannte Gaststars dabei, die jeweils entweder den Täter oder ein Opfer spielen. Diese Mechanik funktioniert die zehn Folgen umfassende erste Staffel ohne Schwächen richtig gut.

Ich sehe das aber weniger als Hommage an Columbo an sich, sondern eher an entschleunigte Krimis vergangener Tage. Der Charme geht dabei für mich von zwei Dingen aus. Die Folgen dauern ja jeweils zwischen 45 Minuten und einer Stunde und die ersten 15 bis 20 Minuten, fühlt sich jede Folge wie ein Mini-Film an. Man lernt neue Menschen kennen, ihre Beziehungen, ihre Probleme und kurz darauf geschieht ein Mord. Dann der Zeitsprung zurück aus anderer Perspektive und man sieht, dass Hauptfigur Charlie Cale die ganze Zeit vor Ort war und die beteiligten Menschen gerade kennen gelernt hat.

Von der Atmosphäre her, auch was den Einsatz der Musik betrifft, hat das trotz des mörderischen Rahmens, immer etwas entspanntes und verspieltes. Die Tatsache, dass Charlie die Fähigkeit hat Lügen zu erkennen, wirkt dabei nie deplaziert oder wie ein Gimmick, sondern ist einfach Teil ihrer Persönlichkeit und natürlich ausschlaggebend dafür, dass sie die Täter überführt. Über ihre Neugier, was Unstimmigkeiten und Lügen betrifft, findet sie den Weg zur Wahrheit.

Warum das so gut funktioniert, liegt zu einem großen Teil auch an Hauptdarstellerin und Produzentin Natasha Lyonne. Die kenne ich noch aus den 90er, 2000er Jahren, aus Nebenrollen wie in American Pie oder Blade Trinity. Durch ihre Serie „Russian Doll“ war sie zuletzt wieder viel mehr im Gespräch und wenn man sie als Charlie gesehen hat, kann man das nur gut heißen. Trockener Humor, clever, bescheiden, an Menschen interessiert und immer wieder Gefangene im eigenen Gehirn, so stell ich mir eine perfekte beste Freundin vor.

Von den Gaststars – die alle voll bei der Sache sind und sich nicht nur das schnelle Geld holen – will ich nur ein paar hervor heben. Nick Nolte (Angel Has Fallen) als Künstler hatte etwas unerwartet Berührendes an sich, Joseph Gordon-Levitt (Project Power) ist herrlich abstossend als selbstverliebter Narzisst und Ron Perlman (Pinocchio) als Casino-Chef ist einfach ein Mann, vor dem man Respekt und ein wenig Angst hat. Benjamin Bratt (Ride Along 2) als wiederkehrende Figur und Charlies Verfolger, ist mürrisch, eiskalt und kompromisslos, eine sehr gefährliche Kombination.

Am Ende wird dann auch die Staffel übergreifende Story-Line (neben dem Fall der Woche) abgeschlossen und dennoch wird eine Situation geschaffen, die eine sehr ähnliche (fast gleiche) Ausgangslage für die bereits genehmigte zweite Staffel darstellt. Anders, als viele Sachen die ich mir sonst ansehe, aber für mich sehr gelungen, ich freue mich auf jeden Fall auf weitere Folgen. P.S.: Nur weil ich es noch nicht erwähnt habe: Rian Johnson hat bei drei Folgen Regie geführt, Natasha Lyonne bei einer und auch „Gaststars“ wie Lucky McKee (May) kommen zum Einsatz.

„Poker Face“ bekommt von mir 8/10 den Fall ohne es zunächst zu wollen, mit Sicherheit lösende Empfehlungspunkte.


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