Reacher – Staffel 1 (Serienkritik)

Früher war Jack Reacher (Alan Ritchson) bei der Militärpolizei. Nun bereist er jedoch die Welt, aktuell ist er gerade in dem kleinen Städtchen Margrave angekommen und wird sofort verhaftet. Warum? Nun angeblich soll er einen Mord begangen haben. Polizeichef Oscar Finlay (Malcolm Goodwin) befragt den schweigsamen Mann, der jedoch im richtigen Augenblick, durchaus wichtige Dinge zu sagen hat.

Dennoch verstehen sich die beiden Herren zunächst weniger gut aber schon bald müssen sie und Polizistin Roscoe Conklin (Willa Fitzgerald) zusammen arbeiten, denn die Serie von grausam ermordeten Menschen scheint nicht abzureißen und die Drahtzieher hinter diesen Taten, befinden sich auch unter den Kollegen der örtlichen Polizei. Als es für Reacher dann zusätzlich zu den offensichtlichen Problemen persönlich wird, ist klar, dass er jeden einzelnen seiner Gegenspieler, zur Strecke bringen wird…

Neben einigen Kurzgeschichten gibt es bereits 26 Bücher von Autor Lee Child, mit Jack Reacher als Protagonisten und im Oktober 2022, soll Teil 27 folgen. Einen ersten Versuch seine Abenteuer in filmischer Version zu adaptieren, gab es im Jahr 2013 mit Jack Reacher mit Tom Cruise in der Hauptrolle. Der entsprach zwar so gar nicht der Beschreibung aus dem Buch – sehr groß und blond – wenn man das Ausgangsmaterial jedoch geistig ausblendet, war es an sich kein schlechter Action-Krimi. Im Jahr 2016 folgte wieder mit Cruise die Fortsetzung Never Go Back, die ich weit weniger gelungen fand.

Danach wurde es ruhig um diesen beliebten Charakter, bis Amazon im Februar 2022, nun diese neue Serienversion heraus brachte, wobei es sich hier um die Verfilmung des ersten Romanes „Killing Floor“ aus dem Jahr 1997 handelt. Viel wurde dabei damit geworben, dass Hauptdarsteller Alan Ritchson im Gegensatz zu Cruise, optisch sehr genau der Buchvorlage entspricht. Der Erfolg spricht hier wohl für das Ergebnis, denn bereits nach weniger als einer Woche, nachdem die 8 Folgen der ersten Staffel online gegangen sind, wurde bereits eine zweite genehmigt.

Ich persönlich habe keines der Bücher gelesen, weswegen ich keine Querverweise einfügen kann bzw. werde. Was ich jedoch ausdrücklich sagen muss, ist dass diese Serie extrem unterhaltsam ist, die Zeit wie im Flug vergeht und Jack Reacher eine Figur ist, die man in Summe so noch nicht gesehen hat. Reacher ist für mich einfach eine perfekte „Anti-Bully-Machine“. Das soll heißen, dass keiner ungerecht andere Leute behandeln kann, ohne (meistens) früher oder später, mit ihm ein großes Problem zu bekommen und wer auch nur einen Hauch von Selbsterhaltungstrieb besitzt, der sollte dies unbedingt vermeiden.

Natürlich hat er dabei seine klare Sicht der Dinge und man kann ihm schon vorwerfen, nicht sonderlich empathisch zu sein (er kann es durchaus, je nachdem, ob es gerade effizient ist), doch so leicht ist die Sache dann eben auch nicht. Seine Ehrlichkeit/Direktheit ist dabei zeitweise so entwaffnend, dass er auch temporär wie ein Kind oder einfach gestrickter Mensch wirkt, doch das ist nur eine Seite von ihm.

Wie souverän und effizient er in Action-Momenten agiert und welche Oneliner er dabei bringt, ist ebenfalls beeindruckend, ohne dass er während diesen Aktionen jemals wie ein Übermensch wirken würde. Roh und wieder mal für Reacher typisch sehr direkt (siehe den Part im Gefängnis in der ersten Folge), hab ich keine dieser Sequenzen auch nur ansatzweise langweilig gefunden, was eine eigene Kunst ist, weil man um ihn selbst freilich nie wirklich Angst haben muss. Großartig auch der Einsatz von Musik wie etwa am Ende der sechsten Folge (we played the Hangman-Game).

Ohne Sidekicks ist eine Held natürlich (sagen wir mal) mindestens etwas verloren und diese in diesem Fall zwei Figuren, sind hier weniger Helfer als vielmehr gleichgestellte Persönlichkeiten. Da wäre einerseits Willa Fitzgerald (Blood Money) als Roscoe und von der ersten Begegnung an, haben sie und Reacher eine gewisse Verbindung und vor allem Respekt vor einander. Sie ist eine Powerfrau, die sich selbst bestens verteidigen kann und die Chemie zwischen den beiden, ist permanent spürbar.

Malcolm Goodwin (iZombie) als Finlay hingegen ist in einigen Bereichen das genaue Gegenteil von Reacher. Gut gekleidet, sich an die Gesetze haltend und Gewalt nur als letzte Lösung akzeptierend. Wie sich die beiden Männer gegenseitig ärgern und im Laufe der Zeit auf einander abfärben, sich annähern und mit Roscoe zusammen arbeiten, ist von der Charakterentwicklung her eine spannende und einfach fein zu beobachtende Sache.

Man ist hier schon klar dabei für die Reise und nicht das Finale, denn obwohl jeder der drei Hauptfiguren seinen/ihren Moment hat, um seinen „Erzfeind“ zu bekämpfen, bleibt das Finale etwas weniger im Gedächtnis und ist auch „gewöhnlicher“, als der Rest der acht Folgen (emotional aber vollkommen befriedigend). Was danach kommt und wie die Staffel dann aufhört, ist jedoch ungemein passend und stimmig als Abschluss. Das passt auch dazu, dass man hier klar die Entwicklung der Charaktere erleben will und die Auflösung der Handlung, eher zweitrangig ist und das finde ich hier auch sehr gelungen.

Insgesamt daher ein auch für mich als „Nicht-Kenner“ des Ausgangsmaterials würdige Version des Ausgangsmaterials und ich freue mich schon darauf wie die Macher es schaffen, wieder Nebenfiguren für die zweite Staffel rund um Reacher zu schreiben, die mit Roscoe und Finlay mithalten können. Aber es gibt ja eben die Bücher und das mit dem Casting, das können sie ja. Siehe Alan Ritchson (The Ministry of Ungentlemanly Warfare), der ganzheitlich perfekt ist als Reacher und die Rolle einfach lebt.

„Reacher-Staffel 1“ bekommt von mir 9/10 die Erde zu einem angenehmeren Ort machende Empfehlungspunkte.


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