Arcane (Serienkritik)

Powder und Vi sind Schwestern. Die beiden leben in Undertown, welches gegenüber von Piltover liegt. Piltover ist der reiche Teil. Undertown, nun … das Gegenteil. Es gab einen Aufstand, der allerdings brutal niedergeschlagen wurde. Dabei wurden auch die Eltern von Powder und Vi getötet. Geleitet hatten diesen Aufstand zwei Personen: Vander und Silco.

Vander nimmt sich der beiden verwaisten Schwestern an und wird eine klare Vaterfigur. Rund um Powder und Vi bildet sich eine kleine Gruppe von sehr fähigen Dieben. Allerdings verbockt Powder immer wieder den einen oder anderen Einsatz. So auch den letzten, dessen Idee von Vi kam. Und dieser letzte Einsatz geht gehörig schief, denn Powder lässt ein paar Kugeln mitgehen, die scheinbar magisch sind. Gleichzeitig jagen sie unabsichtlich das Apartment in die Luft, welches sie ausräumen wollten.

Dieses Apartment gehört Jayce, der dort seine Forschungen betreibt, welche Magie und Wissenschaft zusammenbringen sollen, die jedoch verboten sind. Also kommt auch hier eine Sache ins Rollen, die für die ganze Welt Folgen haben wird, denn seine Forschungen werden entdeckt. Und weiterentwickelt.

Während all dessen gibt es noch einen Mitspieler: Nämlich Silco. Der hat den Aufstand überlebt und nachdem sich Vander und er, nun, nach einer Meinungsverschiedenheit getrennt haben, plant dieser eine neue Revolution. Und er will vor nichts Halt machen. Denkt er zumindest … Aber alles kommt anders.

Ich habe von so vielen Seiten gehört, dass „Arcane“ eine großartige Serie wäre. Gut. Das höre ich öfter. Meistens denke ich mir: „Glaub ich gern“, gucke mir die Sache dann aber nicht an. Bei „Arcane“ war es ähnlich. Zumindest bis ich ein Musikvideo von Miracle Of Sound (an dieser Stelle: Heißer Tipp. Gavine Dunn macht Musik inspiriert von Videospielen oder Filmen und Serien und es ist meistens richtig gute Musik) namens „Perfect“ und ich war von dem Lied so angetan, dass ich richtig Lust hatte die Serie zu gucken. Text, Video und Musik haben mich einfach irgendwie genau am richtigen Fuß getroffen.

Und ich bin froh, dass ich mir „Arcane“ dann angesehen habe, denn ich habe schon lange nicht mehr eine so großartige Serie gesehen. Hier stimmt fast alles: Die Charaktere, die Handlung, die Optik, der Einsatz der Musik, die Sprecher:innen. Wow, sag ich nur. Grundsätzlich sind es neun Folgen, allerdings sind es drei Akte. Man kann also sagen, dass jeweils drei Folgen mehr oder minder zusammengehören und dann ändert sich der Fokus. Als Beispiel: Die ersten drei Folgen spielen in der Kindheit von Powder und Vi. Zur vierten Folge gibt es einen Zeitsprung. Die Handlung ist trotzdem eine durchgehende.

Auch wenn die Story an sich, „Arm gegen Reich“, keine neue ist, so wird sie großartig erzählt und das Herzstück der Serie ist meiner Ansicht nach nicht die Beziehung zwischen Vi und Powder, wie oft gemeint wird, sondern die Entwicklung von Powder, welche zu 100% nachvollziehbar ist und für mich eine der faszinierendsten Charaktere, die ich seit Ewigkeiten in Kino, Film oder Fernsehen gesehen habe. Ist sie gut? Ist sie böse? Ist sie irre? Ist sie die einzig normale? Was ist sie? Wie ist sie? Und die Darstellung dieser Figur ist so unglaublich gut gelungen, dass sie (später in der Handlung) absolut gleichzeitig(!) unberechenbar, gebrochen, traurig, hoffnungsvoll, liebenswert und psychotisch ist. Gleichzeitig. Jederzeit. Und es passt. Es passt in jeder Sekunde in welcher Powder zu sehen ist. Sie ist immer stimmig. Und ihr Konflikt mit ihrer Schuld wird super umgesetzt, ihre Beziehung zu ihrer Schwester, zu den anderen um sie herum … das ist einfach großartig.

Natürlich hinken da die anderen Charaktere für mich ein wenig nach, aber ich muss sagen, dass es tatsächlich keine Charaktere gibt, die Abziehbilder sind. Alle haben ihre Hintergründe, Motivationen und machen in ihren Augen das Richtige. Es gibt jetzt per se keine Bösewichte in dieser Geschichte. Sicher, es gibt Menschen bzw. Wesen, die korrupt sind. Ja, die gibt es. Aber auch die sind keine 100%igen Bösewichte, sondern haben Seiten an sich, die man einfach nur gern haben kann.

Das ist eine unglaubliche Leistung in meinen Augen. Und es ist selten, dass ich so rasch eine Bindung zu so vielen Figuren aufgebaut habe. Und es ist selten, dass eine Serie mir so oft das Herz gebrochen hat und ich trotzdem weiterhin wissen will, was passiert, weil dennoch immer Hoffnung mitschwingt. Und das bittersüße Ende ist das beste Ende seit langem, weil es das einzig logische Ergebnis von all den Figuren ist, die hier mit ihren Motivationen zusammentreffen. „The Monster You Created“ ist das Schlusslied, gesungen von Sting. Und es ist einfach Gänsehaut pur.

Und es ist es ja nicht so, dass das Ende „alles“ ist. Der Weg dahin ist natürlich ebenfalls großartig. Denn man nimmt sich Zeit. Man nimmt sich Zeit die wichtigen Wendungen in der Charakterentwicklung und der Story so vorzubereiten, dass sie auch sitzen und berühren. Hier ist nichts überhastet. Hier ist nichts fehl am Platz. Jede Szene hat ihre Daseinsberechtigung, jeder Schnitt passt. Das ist fast schon unheimlich. Ich mochte, wie geschrieben, so gut wie alle Figuren. Ich mochte ihre Entwicklungen (ein paar davon überaus unerwartet), die Optik ist einfach traumhaft (ihr müsst das in Bewegung sehen!) und der Einsatz von Zeitlupen, Musik und (ja, ihr lest richtig) Stille ist fast perfekt. Und die Mimik! Die kleinen Gesten, die kleinen Bewegungen der Augen, einfach … wow. Und es gibt dermaßen viele großartige Momente, ich wüsste jetzt nicht, wo ich anfangen soll zu schreiben.

Und wenn dann Action ist, dann ist richtig Action. Super choreografiert, super Kamera, tolle Aufnahmen und wenn jemand eine Faust ins Gesicht kriegt, dann kann man das als Zuseher:in fast richtig spüren. „Wuchtig“ würde Spideragent wohl sagen.

Ich denke man merkt, wie begeistert ich bin. Und wer – wie ich – nicht sicher ist, ob er oder sie sich die Serie angucken soll. Guckt euch „Perfect“ von Miracle Of Sound an. Dann guckt euch „Arcane“ an. Danken könnt ihr mir später. Für beide Tipps.

Und ja, League Of Legends ist ein Videospiel, in dessen Universum „Arcane“ spielt. Ist aber völlig egal. Ich habe es nie gespielt, es interessiert mich nicht und ich werde es nie spielen. Trotzdem ist „Arcane“ großartig.

„Arcane“ bekommt von mir 9,5 von 10 möglichen, alle Register ziehende, Punkte.

Bonus: „Perfect“ by Miracle Of Sound


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