Messiah (Serienkritik)

Al-Masih (Mehdi Dehbi) ist ein Phänomen. Er predigt. Er sagt voraus. Und vielleicht lässt er Dinge auch geschehen. Man würde es Wunder nennen. Und das würde ihn zum Messias machen. Aber … ist er das? Oder ist er einfach nur ein Betrüger, der seine Tricks auf globaler Ebene abzieht und dem Tausende hinterherlaufen?

Wie zum Beispiel der vom Glauben abgefallene Prediger Felix Iguero (John Ortiz), der gerade seine eigene Kirche niederbrennen will. Oder seine Tochter Rebecca (Stefania LaVie Owen), die gerade abhauen will, weil sie es in dem Mini-Kaff nicht mehr aushält. Oder der unbewusst nach Vergebung suchende Söldner Aviram (Tomer Sisley), der für seine Regierung alle dreckigen Agenden übernimmt.

Und natürlich mischen auch die Amis mit, denn Agentin Eva Geller (Michelle Monaghan) ist dem Herren Al-Masih auf der Spur und sie glaubt nicht an Wunder. Sie glaubt jedoch daran, dass jemand mit viel Geld viel mediale Aufmerksamkeit schaffen und seine ganze eigene Agenda verfolgen kann …

Als wir den Trailer irgendwann Ende 2019 auf Netflix gesehen haben, da dachten wir uns: Gut. Sollten wir uns ansehen. Auch wenn man nicht wirklich religiös ist, so ist die Frage, die aufgeworfen wird, durchaus spannend. Vor allem in Hinblick auf die Frage, wie würden die Nationen der Erde reagieren, wenn tatsächlich jemand kommen und die Welt so aufmischen würde, wie Al-Masih?

Nun, gleich mal vorweg: Am Ende der Staffel bleibt eine ganz wesentliche Frage offen und es ist bereits seit März aktuell und bekannt, dass es keine zweite Staffel geben wird. Und ganz ehrlich: Das finde ich gut, denn Staffel 1 ist frisch und neu und bietet so viele Punkte, die wirklich gut und rund geworden sind, dass alles, was jetzt in Staffel 2 kommen könnte, eigentlich alles kaputt macht, zumal das Ende quasi perfekt ist. Es sei denn, man hat aufgepasst, denn dann könnte man doch tatsächlich alles wieder in Frage stellen.

Tatsache: Das Castig ist 1A. Angefangen bei Michelle Monaghan, die ja eigentlich eh in allem was sie macht gut ist (nicht alles, was sie macht, ist gut. Aber sie ist in allem gut, was sie gemacht hat). Hier wirft sie sich für die Rolle der Eva Geller durch eine emotionale Achterbahnfahrt und muss zeitgleich immerzu versuchen unnahbar und distanziert zu bleiben. Ihre Zerrissenheit und vor allem die Szenen mit ihrem Vater sind wirklich toll gespielt.

Dazu kommt Mehdi Dehbi, der Al-Masih quasi perfekt spielt. Seine Bewegungen, seine Mimik, seine Worte, seine Betonung – das passt perfekt. Es ist absolut vorzustellen, dass dieser Mann den Messias (welchen?) verkörpert. Gleichnisse, mysteriös und doch immer gut am Punkt. Dinge wissend, die niemand wissen kann und wenn ja, dann die Frage: Wie kann er es wissen? Wer finanziert ihn? Und was ist das Ziel? Bis zum Ende hin bleibt er die gesamte Zeit über völlig undurchschaubar hat er ein paar der besten Szenen in der Serie („You were supposed to save him!“ – „No. I wasn’t.“).

Über allem jedoch thronen zwei Dinge: Das Drehbuch, das bei allem was passiert doch stets nachvollziehbar und spannend bleibt. Ich fand wirklich, dass auch die Reaktionen von diversenen Ländern, wie sie hier gezeigt werden, tatsächlich sehr realistisch waren. Bis hin zum (unvermeidlichen) Ende, das man zwar schon kommen sieht, aber trotzdem nichts an seiner Relevanz einbüßt. Wie ich finde: Absolut realistisch.

Es gibt jetzt mehrere Theorien, warum Staffel 2 nicht genehmigt wurde. Das fängt an bei Corona (weltweite Dreharbeiten nicht möglich) geht über beleidigte religiöse Gefühle (Muslime) und reicht bis zu keine Ideen für das Skript (… hm).

Was auch immer der Grund ist: Ich finde es gut, denn so sehr mir die Serie gefallen hat (und sie ist alles: spannend, unheimlich, berührend, traurig, fröhlich), so wenig möchte ich eine Antwort auf die offenen Fragen, denn völlig egal, was am Ende rauskommt: Es wäre eine Enttäuschung. So wie es jetzt ist, ist es in all seiner Ambivalenz absolut passend.

Großes Lob an Michael Petroni, der es in meinen Augen doch tatsächlich geschafft hat, eine Serie zu schreiben, die quasi alle Religionen betrifft, aber alle mit Respekt behandelt. Wow, das muss ihm erst mal jemand nachmachen.

„Messiah“ bekommt von mir 9 von 10 möglichen, eine spannende „Was wäre wenn“-Frage stellende, Punkte.


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