Es ist Weihnachten im Jahr 2021 und Brian (Joel Kinnaman) spielt gerade mit seinem Sohn im Garten, als sein Junge von Kugeln von vorbeifahrenden Gangstern getötet wird, die sich gerade gegenseitig beschießen. Der entsetzte Vater verfolgt die Verbrecher und wird dabei selber schwer verletzt, was zum Verlust seiner Stimme führt.
Seine Frau Saya (Catalina Sandino Moreno) schließt er danach völlig aus seinem Leben aus und er fasst einen Entschluss: er wird ein Jahr trainieren, wie man Menschen mit Schusswaffen, Messern und Autos töten kann und dann am 24 Dezember 2022, wird er jeden einzelnen Verbrecher töten, der für den Tod seines Sohnes verantwortlich ist…
Den chinesischen Action-Regisseur John Woo, habe ich persönlich durch meinen Vater kennengelernt, der Klassiker aus den späten 80er und frühen 90er Jahren wie „Hard Boiled“, „Bullet in the Head“ oder „The Killer“ genial gefunden hat und diese Filme daher einen fixen Platz in seiner VHS-Sammlung hatten. Dann folgte die „Amerika-Phase“ von Woo, mit Beiträgen wie Harte Ziele und Mission Impossible 2, wobei er hier nie an die Erfolge in seiner Heimat anschließen konnte und deshalb zuletzt wieder vermehrt in China gedreht hat.
Mit Silent Night meldet sich der in ein paar Jahren 80 jährige Woo nun mit einer amerikanischen Produktion zurück, nachdem er zuletzt im Jahr 2017 einen Film gedreht hatte (der letzte in den USA war aus dem Jahr 2003). Dabei benutzt er ein Gimmick, dass ich vor kurzem im Horror-Genre bei No One Will Save You erlebt habe und das ist die Tatsache, dass kein einziges Wort gesprochen wird (was uns ja der wenig subtile deutsche Titel bereits verraten hat).
Ich schreibe das nun gleich zu Beginn: ich finde den Film nicht großartig. Was jedoch Kritiker mit Sprüchen wie „reaktionäre Langeweile“ und „Woo kann es nicht mehr“ so von sich geben, ist meiner Meinung nach nicht nur übertrieben, sondern auch falsch. Von der Stimmung her fühlt sich das Ganze dann wie ein Märchen an, eines der Sorte Brüder Grimm, die sie heutzutage sicherlich zensieren würden, nicht dass sich irgendeine Mimose aufregt.
Ja, unser Antiheld Brian ist ein Egoist, weil er seine Frau völlig wegstößt und seinen Schmerz in Wut umwandelt. Die Mörder seines Sohnes zu Strecke zu bringen gehört dabei ebenso zu seinem Weg zur Erlösung, wie dabei selbst aus der Sache nicht mehr heil heraus zu kommen. Catalina Sandino Moreno (Barbarians) als seine Frau wird hier verschenkt, weil sie auf traurige Gesichtsausdrücke und Tränen reduziert wird und auch Kid Cudi (X) als der einzig positive Cop, ist cool, hat aber wenig zu tun.
Der gesamte Film liegt aber sowieso auf den Schultern von Joel Kinnaman (Sympathie for the Devil) und der spielt extrem intensiv und involviert dich als Zuschauer mit seiner Gestik und Mimik voll und ganz in die Handlung. Dabei machen ihn vor allem seine Unsicherheiten sympathisch, besonders auch die Selbstüberwindung, die man ihm immer wieder ansehen kann, da er diesen Weg gewählt hat und dabei eben zahlreiche Menschen auf brutale Art und Weise sterben.
Da Kinnaman kein Kämpfer ist, ist es sowohl auf das wahre Leben als auch auf die Story bezogen sehr klug, dass sich Woo auf seine Stärke verlassen hat und das ist das Inszenieren von Schusswechseln, egal ob zu Fuß oder aus einem Fahrzeug. Da spürt man die Power dahinter, gut getimte Zeitlupen inklusive. Das ist dann zwar nicht neu, aber diese Routine eines Könners, ist bei weitem besser als die Choreographien bei den meisten Blockbustern des Jahres 2023.
Die Performance von Kinnaman, eingebettet in die alptraumhafte Märchenstimmung und geleitet von der Wucht, der von Woo zelebrierten Action-Momente, das ist es, was ich hier stark finde. Die Abwesenheit von Sprache erdet die Sache dabei, ohne zu nerven. Natürlich hat Woo in seiner Karriere einige, auf mehreren Ebenen erfolgreichere Projekte gehabt, doch rein auf seine in Amerika produzierten Filme, ist dies sicherlich einer der besten.
„Silent Night“ bekommt von mir 7,5/10 Taten dem Einsatz von Worten immer vorziehende Empfehlungspunkte.