Ghostland (Filmkritik)

Beth (Crystal Reed) ist eine sehr erfolgreiche Autorin, die mit Horrorgeschichten inspiriert durch ihr großes Idol H.P. Lovecraft, ihr Geld verdient. Ihren ganz persönlichen Horror hat sie bereits als Jugendliche erlebt, als zwei Killer sie, ihre ältere Schwester und ihre Mutter zu Hause überfallen haben und die drei gerade noch mal so, mit ihren Leben davongekommen sind.

Als sie eines Tages ihre Schwester Vera (Anastasia Phillips) anruft, diese völlig aufgelöst wirres Zeug ins Telefon schreit, danach auflegt und sie und ihre Mutter nicht mehr erreichbar sind, macht sich Beth nach langer Zeit wieder auf, den Ort ihres Kindheitstraumas wieder zu besuchen, denn dort lebt ihre Familie heute noch immer…

Bereits sechs Jahre ist es her, dass Drehbuchautor und Regisseur Pascal Laugier (Martyrs) mit „The Tall Man“ seinen letzten Film inszeniert hat. Nun meldet er sich in seiner Doppelfunktion zurück, Auftragswerke scheinen einfach nicht sein Fall zu sein. Das ist auch gut so, denn eines kann man seinen Werken sicherlich nicht unterstellen und das ist, dass sie in irgendeiner Form langweilig wären. Was er besonders gut kann, ist den Zuschauer auf falsche Fährten zu locken bzw. einen Film in zwei Hälften zu teilen.

Auch bei „Ghostland“ ist die Sache im Prinzip ganz klar: es handelt sich um einen astreinen Home Invasion Thriller. Das Aussparen jeglicher Beweggründe der beiden Killer und dass einer nichts und der andere fast nichts redet, finde ich in diesem Fall sehr stimmig und schön unheimlich. Ja, die eigene Fantasie denkt sich da so manches Szenario aus aber im Prinzip ist es egal, denn nichts rechtfertigt die Abartigkeiten, die die beiden aufführen. Hinzu kommt ihr Erscheinungsbild: der bullige zwei Meter große Riese und der dürre Kerl mit Perücke und Frauenkleidern. Man sieht sie und weiß sofort, mit denen will man lieber nicht gemeinsam in einem Raum sein.

Die Geschichte selbst beginnt ja mit dem Überfall und springt dann sechzehn Jahre in die Zukunft, wo Beth von den Ereignissen ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Ständig wird dabei gekonnt das Gefühl vermittelt, dass hier etwas nicht stimmt und dabei meine ich nicht den offensichtlichen Part, denn die Darstellung der erwachsenen Vera, hat bei mir Erinnerungen an „Martyrs“ geweckt. Was genau nicht passt, nun das erfährt man auf die für den Regisseur typische Art und Weise zur Halbzeit des Filmes.

Dieser Moment wirkt völlig natürlich und unerzwungen, was man Laugier schon hoch anrechnen muss. Seine eigene Formel nicht auszulutschen und die durch die Vorwerke geschulten Zuschauer nicht zu enttäuschen, ist ja nicht immer die leichteste Aufgabe (siehe M. Night Shyamalan, der seine Schluss-Twist Formel, mittlerweile auch aufgegeben hat). Ich habe mich auf jeden Fall selten so geborgen und dann wiederum ziemlich angespannt gefühlt, wie in diesem Film, überhaupt ist dieser Gefühlsmix ein seltener.

Neben den zwei Bösewichten sind es dann vor allem die zahlreichen Puppen und das Haus selbst, dass zu einem eigenen Charakter mutiert, ein dunkles Gefängnis, in dem der Tod lauert. Die Gewaltdarstellungen halten sich in Grenzen und dass weniger mehr ist, erkennt man spätestens in einer Missbrauchsszene, bei der man (zum Glück) nicht viel sieht, die jedoch einigermaßen unangenehm (und sehr spannend) zu betrachten ist. Ganz nebenbei ist dies übrigens ein Frauenpower Abenteuer, nach „Revenge“ ein weiterer Beweis für mich, dass Franzosen ganz ohne Hashtag so etwas gekonnt inszenieren können.

Von den Schauspielern her schaffen es alle, die unheimlich intensive Atmosphäre des Filmes zu halten. Bekannt war mir nur Crystal Reed (Skyline) als Beth, die diese Zerrissenheit zwischen ihrem gewünschten/erreichten Traumleben und den Bindungen zur tragischen Jugend/ihrer Familie in jedem Moment spürbar macht. Emilia Jones (High Rise) spielt ihre jüngere Version und sie durchlebt das größte Gefühlschaos. Ganz ohne „Final Girl“ Touch schlägt sie nicht die Monster selbst nieder, bei ihr überwiegt der Fluchtinstinkt, was sie insgesamt zu einem „echten“ Charakter macht, mit dem man von Anfang an mitfiebert.

Insgesamt daher ein Film, der eine ungute Stimmung erzeugt, die man nicht wieder los wird, dabei klassisch wirkt, sich aber dennoch frisch anfühlt. Dazu passend ist die Intensität beim Schauspiel und wie real die Figuren wirken. Richtig wohl kann man sich nach einem Laugier-Abenteuer ja nie fühlen, doch hier musste ich am Ende dann doch lächeln, was ich den gesamten Film über, niemals gemacht habe. Ich hoffe nur es dauert nicht wieder so lange, bis der Regisseur das nächste Mal auf seinem Stuhl Platz nimmt.

„Ghostland“ bekommt von mir 8/10 die Realität mit all ihrem Schrecken, der Fantasie vorziehende Empfehlungspunkte.

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