Jessie (Kate Bosworth) und Mark (Thomas Jane) haben ein Trauma zu bewältigen. Ihr Sohn ist in der Badewanne ertrunken und die beiden leiden erheblich unter den Schuldgefühlen. Sie entschließen sich also, ein Kind zu adoptieren und haben Glück: Der kleine Cody (Jacob Tremblay) ist absolut wohlerzogen, lieb und freundlich und passt perfekt in ihren Familienplan.
Was ihnen aber niemand gesagt hat: Wenn Cody träumt, dann werden seine Träume Realität und Cody träumt leider nach einer gewissen Zeit immer schlechter …
Wenn es einen neuen Film von Mike Flanagan gibt, dann muss ich den einfach sehen. Filme wie „Absentia„, der wirklich gruselige „Oculus“ oder der intensive „Hush“ sind nun mal Filme, die man vielleicht nicht mögen muss, weil sie definitiv unangenehm anzusehen sind, aber wow – sind die gut und mitreissend gemacht. Da war die Erwartungshaltung meinerseits nach Sichtung des Trailers schon ziemlich hoch.
Wenn dann noch SchauspielerInnen wie Kate Bosworth (absolut liebenswert in „The Warrior’s Way„) und Thomas Jane (großartig im zweiten „Punisher“ oder „The Mist„) dabei sind, dann kann man schon mal davon ausgehen, dass die Sache an der schauspielerischen Leistung nicht scheitern kann. Bei Kindern ist das immer so eine andere Sache, wo man nie genau weiß, ob die nicht rasch mal nerven, aber bei Jacob Tremblay, der in „Raum“ dermaßen großartig gespielt hat, ist ziemlich klar, dass dies hier kein Problem darstellen wird. Und tatsächlich leisten sie alle hier wirklich viel und ihre Darstellungen sind absolut glaubwürdig.
Schade dann, wenn das Drehbuch dermaßen durchschaubar ist. Hier ist man von Hr. Flanagan einfach Besseres gewohnt. Man könnte fast sagen, dies hier ist sein erster zu einhundert Prozent auf Mainstream ausgelegter Film. Das beginnt bei der Prämisse, geht über die üblichen kleinen Schritte in Richtung Horror und endet vorhersehbar in einer wenig spektakulären Auflösung. Schade eigentlich, denn das Potential wäre da gewesen und die Umsetzung an sich lässt auch nichts zu wünschen übrig.
Dennoch fühlt man sich am Ende so, als hätte man da jetzt eine Folge der „Twilight Zone“ gesehen, welche einfach ein wenig in die Länge gezogen wurde und gerade das Versprechen, welches der Film zu Beginn abgibt, nämlich eine emotionale Achterbahn zu erleben, da es natürlich Lösungen für das Problem gibt, welche aus zwei einfachen und sehr widersprüchlichen moralischen Möglichkeiten bestehen, wird einfach nicht eingehalten. Die Figuren sind so großherzig (was zwischendurch kurz anders wirkt), dass es einfach nur ein Ende geben kann und es ist natürlich das kitschigere – wenn auch zum Glück die Handbremse gezogen wird und man einen Mittelweg gewählt hat, der zwar in Anbetracht dessen, was für Kitsch hätte rauskommen können geradezu bodenständig ist, die große moralische Frage des Films aber völlig außer acht lässt.
Über die Effekte gibt es meiner Meinung nach nicht viel zu sagen, außer, dass sie gut sind und großartig aussehen. Der Kern des Films – der Umgang von Jessie mit der Gabe von Cody und den Möglichkeiten, die sie dabei sieht ihren Frust und ihre Trauer überwinden zu können und die Konfrontation mit ihrem Mann, der die Sache skeptisch und pragmatisch sieht, wenn auch scheinbar mit fehlendem Mitgefühl … da hätte weit mehr daraus gemacht werden können, aber Flanagan und Co verlassen sich hier leider auf die üblichen Horror-Klischees, die man von weitem kommen sieht und die dann auch tatsächlich genauso passieren, wie man es erwartet.
Sicher ist es kein schlechter Film, absolut nicht, aber Horrorfilme bieten so viel mehr Möglichkeiten sich mit innerer Zerrissenheit und heiklen Themen zu befassen, dass ich mich langsam frage, warum diese immer wieder angerissen und thematisiert werden (siehe „The Darkness„), wenn dann eh nichts damit gemacht wird (Ausnahme: „The Babadook„).
Summa sumarum ist „Before I Wake“ ein gut gemachter, langsamer Horrorfilm, der viele Themen anreißt, manche aber nur kurz behandelt. In letzer Instanz kann er dem Genre keine neuen Seiten abgewinnen, hat die alten aber absolut im Griff und ist, wie bereits erwähnt, sicher der massentauglichste Film von Flanagan. Man könnte fast sagen, es handelt sich hier um die Familienfilmversion eines Horrorfilms. Dass ich leicht enttäuscht bin hat allerdings weit mehr mit meiner Erwartungshaltung zu tun, denn von dem Regisseur bin ich einfach mehr und Schockierenderes gewohnt als das hier.
Man darf auf die nächsten Werke von ihm gespannt sein. Den zweiten Teil von „Ouija: Origin Of Evil“ (kommt angeblich noch 2016) oder die Stephen King-Verfilmung „Gerald’s Game“.
„Before I Wake“ bekommt von mir 7 von 10 möglichen, hinter den Möglichkeiten zurückbleibende, aber gut unterhaltende, Punkte.