Absentia (Filmkritik)

Es ist traurig, aber wahr. Tricias (Courtney Bell) Mann ist vor Jahren verschwunden und jetzt sitzt sie (von einem anderen) schwanger in ihrem Haus und hadert mit sich selbst, da sie sich nicht entscheiden kann, ob sie ihn nun für tot erklären lassen soll oder nicht („death in absentia“).

Zur moralischen Unterstützung kommt ihre Schwester Callie (Katie Parker) zu Besuch. Primär um Tricia beizustehen, aber auch um das alte Kriegsbeil zwischen den Schwestern zu begraben. Während ihren morgendlichen Joggingrunden durchquert Callie immer einen Fußgängerdurchgang, der sehr seltsame Gefühle in ihr auslöst. Als sie eines Tages über einen vermeintlichen Landstreicher stolpert, der halb verhungert in dem Gang liegt und halb erfreut, halb entsetzt feststellt, dass Callie ihn sehen kann, wird ihr die Sache immer unheimlicher.

Als sie ihm später Essen bringt und von einem anderen Fußgänger gewarnt wird („I would not do that.“ Callie: „It’s just food“ Fußgänger: „Nevertheless. I would not do that“), hält sie den Typen für hartherzig, bald stellt sich jedoch heraus, dass der Fußgänger sie nicht vor dem Landstreicher gewarnt hat.

Absentia

„Absentia“ ist eine kleine Perle im so genannten Horrorgenre. Mir widerstrebt es, den Film als Horrorfilm zu bezeichnen, denn der Film ist mehr Mysterythriller als Horrorfilm, auch wenn er durchaus in Punkto Stimmung und Inszenierung Anleihen beim Horrorgenre nimmt so bleibt der Film die meisten Zeit über (eine Ausnahme gibt es) gewalt- und blutfrei. Was in diesem Fall vielleicht die Splatterfreunde vergrämt, aber alle anderen Zuseher freut, denn dafür legt er in Sachen Suspense eine Schippe drauf.

Was der junge Regisseur und Drehbuchautor Mike Flanagan mit „Absentia“ abliefert ist ein verdammt gutes Stück an Mysterytrhiller, der mich ob seines Inhalts und mancher Idee durchaus an den guten alten „They – sie kommen!“ erinnert. Beachtlich ist, dass ein gutes Drittel des Budgets durch Kickstarter aufgestellt wurde und dieses Budget auch sehr gut genutzt wurde, denn anstatt auf (sinnfreie) Spezialeffekte zu setzen, konzentriert sich Flanagan auf seine HauptdarstellerInnen Courtney Bell (die hervorragend spielt), Katie Parker (nicht minder toll) und Dave Levine (ebenfalls super), der einen Polizisten spielt, der in dem Vermisstenfall ermittelt.

Das der „Tunnel“ durchaus übernatürliche Eigenschaften besitzt und Referenzen zu dem alten Märchen „Der Troll unter Brücke“ immer wieder klar und deutlich (gegen Ende des Films lässt einer der Charaktere eine Nachricht zurück, der auch das Buch beiliegt) ins Bild gerückt werden macht die Sache nur umso spannender. Denn die Umsetzung ist prima geglückt. Die wirkliche Spannung kommt aber in den Emotionen und Entscheidungen der Charaktere zum Ausdruck, da Flanagan (der auch das Drehbuch geschrieben hat) seine Figuren zum Einen sehr gern hat und zum anderen sie in Situationen stellt, die zu 100% menschlich sind und bei denen man dennoch nicht mit ihnen tauschen will. So ist der „Horror“ – wenn man es so nennen will – bei „Absentia“ nicht bei der Bestie, Blutfontänen oder gar irgendwelchen Jump Scares zu finden, sondern in dem, was die Protagonisten durchmachen.

Dazu kommt, dass die ganze Handlung noch mit starken Bildern optimal in Szene gesetzt wurde und kleine Momente fast perfekt in die Handlung integriert werden. So fragt Callie ihre Schwester etwa zu Anfang, was sie denkt, was mit ihrem Mann passiert ist und während Tricia ihre verschiedenen Erklärungsmodelle erzählt, werden kurz Szenen eingeblendet (in Detailaufnahmen), die ihre Versionen verbildlicht darstellen. Liest sich kompliziert und seltsam, ist es aber nicht – sieht aber super aus und erzeugt durch die gewählten Bildausschnitte super Stimmung.

Stimmung ist überhaupt das Schlagwort der Stunde. Ich habe mir von „Absentia“ nicht wirklich viel erwartet und ehrlich gesagt passiert jetzt auch gar nicht so viel in dem Film – zumindest oberflächlich. Emotional geht so richtig die Post ab und ich habe mir an vielen Stellen gedacht, dass ich jetzt nicht in der Haut von XY stecken möchte.

Dazu kommt, dass die Charaktere super gezeichnet sind und sogar ein Anfangs sehr unsympathischer Polizist, zeigt an manchen Stellen, dass er kein Ar*****h ist, sondern einfach nur seinen Job macht. Davon abgesehen fand ich es super, dass die Schauspieler keine Hollywood-typischen Models sind, sondern völlig normale Menschen (mit Übergewicht und ohne aufgespritzte Lippen und Co).

„Absentia“ bekommt von mir 8,5 unerwartete und überraschend emotionale Punkte auf dem Weg zum Tunnel.

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