Evil Dead (Filmkritik)

Nachdem sie nach einer Überdosis bereits klinisch tot war und reanimiert werden musste, sagt Mia (Jane Levy) ihrer Drogensucht nun endgültig den Kampf an. Gemeinsam mit ihrem Bruder, dessen Freundin und zwei gemeinsamen Freunden, fährt sie zu einer entlegenen Hütte der Familie mitten im Wald, wo sie mit Hilfe eines kalten Entzuges, ihr Leben wieder in den Griff bekommen will.

Die Freunde sind sich aber sicher, dass Mia wieder rückfällig werden wird und wollen ihr daher auf keinen Fall eine frühzeitige Abreise von der Hütte gestatten. Es kommen aber bald noch viel größere Probleme auf die fünfköpfige Gruppe zu, denn einer von ihnen findet ein seltsames Buch im Keller, das mit Warnungen, grausamen Bildern und dämonischen Texten vollgestopft ist. Der damit unabsichtlich erweckte Dämon beginnt sogleich sein schreckliches Werk und keiner kann ihm entkommen.

Evil-Dead

Regisseur Sam Raimi (Die fantastische Welt von Oz) begann sein Horrorfilmfranchise im Jahre 1981 mit dem Film „The Evil Dead“, der bis heute als einer der besten Horrorfilme aller Zeiten angesehen wird und von Fans kultmäßig verehrt wird. 1987 folgte schließlich Teil 2 und 1992 kam mit „Armee der Finsternis“ der letzte Teil der Trilogie in die Kinos. Hauptdarsteller Bruce Campbell ist seither ein gern gesehener Mann in Genrefilmen, einige Computerspiele und Comics mit seiner Figur des Ash als Protagonist folgten.

Für das aktuelle Reboot/Remake, dass sich wohl am Besten als Neuinterpretation des bekannten Stoffes bezeichnen lässt, ist Raimi selbst an den relativ unbekannten Fede Alvarez herangetreten, der bis jetzt vor allem mit seinen Kurzfilmen für Aufsehen gesorgt hat. Mit Raimi und Campbell als Produzenten verfasste Alvarez so das Drehbuch für einen der Filme, die dieses Jahr erwartungsgemäß wohl am Meisten polarisieren würden. Genau zu diesem Thema muss ich nun leider kurz weiter ausholen, weil mir die sogenannten „Hater“ und ihre Aussagen, ziemlich auf die Nerven gehen.

1) ALLGEMEIN: Der Satz „Das Original ist viel besser“ gilt für mich nie bzw. lass ich nicht gelten. Warum? Ganz einfach, weil Originale immer nur auf emotionaler Ebene unantastbar sind. „Ich bin mit dem Original aufgewachsen, biografisch verbinde ich so viel damit, mit der neuen Version kann ich nix anfangen“. Ja, das kann ich genau so unterschreiben, so stimmt das für mich, ich kenne das Gefühl bei einigen Filmen auch selbst. Nach nüchternen Kriterien siegt daher sicherlich nicht immer das Ausgangsmaterial gegenüber dem Remake, was aber für mich ganz klar nicht nur an größeren Budgets und der moderneren Technik liegt.

2) SPEZIELL auf Evil Dead bezogen: „Da ist Ash ja nicht dabei, das geht gar nicht!“ Dass Campbell ihn hier rein vom Alter her nicht spielen kann ist klar, wäre sonst einfach ein ganz anderer Film. Na dann steckt doch bitte einen anderen Darsteller in die Rolle, dann heißt es sofort „Ne, das ist nicht Ash, Bruce Campbell ist der einzig wahre Ash!“ Diese Kritik ist daher genau so sinnlos wie die beiden gegensätzlichen Aussagen „Der Film hat nichts mit dem Original zu tun“ vs. „Das ist ja nur die exakte Kopie des Originals, also völlig unnötig“.

Abschliessendes, gern benutztes Argument gegen den Film: „Der ist ja geschnitten, das gehört boykottiert!“ Leute, der hat ein NC-17 Rating bekommen, das heißt der darf so nicht ins Kino. Dann ein paar Gore Szenen um einige Sekunden zu erleichtern und zwar so, dass man es überhaupt nicht merkt, ist für dieses Problem wirklich eine mehr als respektable Lösung. Ist ja nur ein Nebeneffekt der modernen Informationsgesellschaft, dass wir so etwas überhaupt erfahren, früher wusste man nicht so genau, was vor Kinopremieren alles gekürzt wurde.

So, nun aber endlich zum Film an sich. „Der schrecklichste Film, den du jemals erlebt hast“ steht auf einem der Plakate. Mutiger Satz, stimmt das denn auch so oder ist das nur ein kluger Werbeslogan? Nun, bezogen auf KINOfilme, die ausserhalb von Festivals innerhalb des sogenannten Mainstream-Entertainments laufen, stimme ich dieser Aussage hundertprozentig zu. Was mich natürlich fast schon verpflichtet euch nahezulegen, den Film unbedingt im Kino eurer Wahl anzusehen. Die Atmosphäre hatte wirklich was einzigartiges.

Unheimlich gut fand ich die Ausgangslage, dass hier keiner der Beteiligten einfach nur auf Party aus ist. Saufen, feiern, Sex haben und dann sterben, diese Routine kennt mittlerweile jeder (nicht nur Horrorfreunde). Nicht so hier. Wirkt zu Beginn eher wie ein Drama das Ganze, vier Freunde wollen eine von ihnen ins Leben zurückbringen, weg von der Drogensucht. Wirklich gekonnt und mit viel Fingerspitzengefühl gefilmt finde ich dabei den Übergang von Mias innerlichen Dämonenwelt, hin zur äußeren. Man kann eben äußere Dämonen nicht besiegen, ohne die inneren beseitigt zu haben und umgekehrt.

Auch herrlich erfrischend ist die Tatsache, dass Alvarez keinen einzigen seiner jungen Darsteller nackte Haut zeigen lässt, es gibt auch keine unnötige Sexszene, nicht mal ein richtiger Kuss ist dabei. Überhaupt kommt diese Achterbahnfahrt, nach dem sie nach der Einführung der Personen in die Handlung richtig los gegangen ist, überhaupt nicht mehr zur Ruhe. Jede Szene treibt irgendwie die Protagonisten weiter, die völlig überfordert zunehmend lädierter durch die Hütte huschen.

Für Humor bleibt da freilich wenig Platz, eher irres Lachen ist hin und wieder angesagt. Wenn die besessenen Freunde gegenseitig auf einander losgehen, dann spritzt das Blut literweise und Körperteile fliegen durch die Gegend. Die Effektemacher leisten hier wirklich ganze Arbeit, erfreulicherweise wurde auf den Einsatz von CGI so gut wie gänzlich verzichtet. Die Darsteller mussten in der Maske zwar sicherlich leiden, doch es hat sich ausgezahlt. Vor allem die Augen und die Haut der dämonisierten Jugendlichen, sehen einfach irre und zum Fürchten aus.

Die Hütte selbst wird dabei zu einem der Hauptdarsteller, geschmückt mit Erinnerungen an schreckliche vergangene Ereignisse, was der Grundstimmung sehr zu gute kommt. Auch die Kamerafahrten, die gewählten Farben und die Schnittfolge erzeugen dieses unangenehme Gefühl, dass man hier den Boden unter den Füssen immer mehr zu verlieren droht. Den Rest erledigen dann noch die Bewegungen der Dämonen, die an den Nerven zerrende Musik und die Kameraeinstellungen, die einem als Zuschauer immer wieder vermitteln wollen, dass man viel zu nahe an dem ganzen Wahnsinn dran ist, um hier jemals wieder heil herauskommen zu können.

Jane Levy (Don´t Breathe) als Mia macht hier für mich einen sowieso schon sehr guten Film, richtig großartig. Ihre ohnmächtige Verzweiflung, ihre Auflehnung gegen ihr Schicksal, ihr wachsender Irrsinn, ihre überwältigende Angst und schließlich ihre völlig losgelöste Performance als Dämonin, die im krassen Gegensatz zu der Mia am Beginn ihres Abenteuers steht, ich war einfach nur schwer beeindruckt von ihr. Und hab natürlich mitgelitten. Vor allem in der englischen OV, sorgt sie dabei auch mit ihrer Stimme für einige Gänsehautmomente. Die anderen Darsteller können da zwar nicht mithalten, machen ihre Sache aber auch sehr gut und unter vollem Körpereinsatz. Vor allem Lou Taylor Pucci (Horsemen), der anfänglich eher abweisend wirkt, muss später soviel einstecken, dass er mir einfach nur mehr leid tat.

Ich könnte noch viel mehr schreiben, auch über Verweise auf das Original oder über das sehr detailliert geratene Buch der Toten, aber ich glaube man erkennt jetzt schon sehr gut, was mich hier angesprochen hat. Ein Tripfilm mit tollen Schauspielern, brachialen Effekten, voll mit gruseligen Spannungsmomenten, der technisch einwandfrei produziert ist und mit viel Liebe zum Ausgangsmaterial und zum Horrorfilm an sich inszeniert wurde. Freu mich schon, wenn ich den Film dann hoffentlich inklusive der paar fehlenden Sequenzen, im Heimkino noch mal ansehen kann.

„Evil Dead“ bekommt von mir 9,5/10 Dämonen aller Arten mittels einer Kombination aus emotionaler Achterbahnfahrt und physischer Tortur bekämpfende Empfehlungspunkte.


4 thoughts on “Evil Dead (Filmkritik)

  1. Ach, aus Suburgatory kenn ich sie. Danke. Ich hab die ganze Zeit überlegt und war zu faul, bei imdb nachzuschauen *lach*. Ich mochte Evil Dead auch, war vielleicht nicht ganz so begeistert, weil ich meine emotionalen Assoziationen eben nicht völlig unterdrücken konnte, aber das ist ein richtig gelungenener Splatterfilm, den man – da gebe ich dir unbedingt Recht – wirklich im Kino sehen sollte.

    • Ich will ja nicht dass die Leute ihre Emotionen unterdrücken ich wollte nur – sagen wir mal etwas geschwollen – zur Selbstreflexion aufrufen, das man sich selber beobachtet und erkennt, das Originale oft „nur“ gefühlsmäßig, biografisch bedingt (wann, wo und wie alt man eben da gerade war, wer dabei war usw.) besser sind als Remakes/Reboots.
      Ich mag ja neue Versionen für eine neue Generation, habe aber auch einige Originale sehr gerne. Ich drück mich halt dann gerne rein subjektiv aus, eben „mir gefällt das oder das besser“ nicht gleich „das ist voll der Scheiss, kommt an das Original nie heran, das Original ist fehlerlos“ usw. Also das hassen der neuen Fassung, nur weil die erste Version Kult ist, das finde ich doof.
      Ich verstehe aber völlig, wenn wer Originale besser findet, gibt ja genug, die das auch begründet können und ja, da reicht auch die emotionale Bindung als Erklärung für mich, man sollte eben nur wissen das es so ist.

  2. Hab ihn mir entgegen meiner Vorsätze jetzt doch angesehen. Bin beeindruckt und kann dir in einem Punkt uneingeschränkt zustimmen: Das es der Film in dieser Version ins Kino geschafft hat ist fast unglaublich.

    Auch die Sache mit Remakes und Co kann ich so unterschreiben.

    Ich mochte ja auch die Remakes von „Nightmare“, „Total Recall“ und – auch vor kurzem gesehen: „Fright Night“. Was nicht bedeutet, dass ich die Originale nicht mag, aber ich beide aus verschiedenen Gründen.

    Bin schon auf Dredd gespannt – den werd ich mir wohl demnächst mal ansehen müssen.

    Ich bin zwar bei „Evil Dead“ ein wenig skeptisch, ob er mir jetzt gefallen hat oder nicht – was aber auf jeden Fall zutrifft: Schauspieler sind top (allen voran Mia gegen Ende des Films) und auch die netten Verbeugungen vor dem Original finde ich super (Kettensäge, Hand, usw). Bin froh, ihn nicht im Kino gesehen zu haben – das muss schlimm gewesen sein. Teilweise ist es schon hart zum Aushalten was da auf dem Bildschirm passiert.

  3. Ja, die Kino-Atmosphäre war schon schwer vergleichbar mit jedem anderen Kinogang, den ich jemals hatte. Man erlebt eben auch auf seine alten Tage noch was Neues, wenn man sich traut 🙂

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